1. Wie kam es überhaupt zum «Fall Van der Garde»?
Der Holländer bezahlte 2014 angeblich acht Millionen Euro für den Platz als Testfahrer bei Sauber. Darin enthalten waren acht Einsätze bei den Trainings am Freitagmorgen. Zudem soll ein Versprechen seines Schwiegervaters und Financiers Marcel Boekhoorn vorgelegen haben, 20 Prozent des Teams zu kaufen. Daraufhin bekam Van der Garde einen schriftlichen Vertrag als Fahrer für die Saison 2015. Doch als Sauber den Teilverkauf mit Boekhoorn perfekt machen wollte, zögerte dieser plötzlich. Da kein schriftlicher Beleg für die Abmachung vorliegt, geriet Sauber in Zugzwang und verpflichtete Ericsson und Nasr, die dem Team zusammen 40 Millionen Franken in die Kasse spülen. Nun hat Sauber drei Fahrer-Verträge, aber nur zwei Cockpit-Plätze.
2. Was hat das australische Gericht entschieden?
In seinem Urteil vom Mittwoch entschied Richter Clyde Croft den Fall zu Gunsten von Van der Garde. Sauber müsse alles unterlassen, was den Holländer daran hindere, seinen Vertrag als Formel-1-Fahrer 2015 zu erfüllen. Daraufhin legte das Sauber-Team sofort Berufung ein. Die gestrige Anhörung wurde nach 45 Minuten verschoben. Das Revisionsurteil sollte nach weiteren Anhörungen vergangene Nacht erfolgen – unmittelbar vor dem offiziellen Nennschluss für die Fahrer der neuen Saison heute früh um 6.00 Uhr Schweizer Zeit.
3. Droht Sauber gar die Pleite?
Unabhängig vom Ausgang des Berufungsverfahrens dürfte der Rechtsstreit mit Giedo Van der Garde weitergehen. Möglich ist, dass man sich in zwei Wochen beim GP Malaysia erneut mit dem Thema auseinandersetzen muss. Sollte Van der Garde am Ende tatsächlich ein Sauber-Cockpit erhalten, wirds in jedem Fall heiss. Denn die beiden Fahrer Ericsson und Nasr werden ihrerseits nicht auf einen GP-Platz verzichten. Es drohen weitere Klagen. Das Damoklesschwert eines erheblichen finanziellen Schadens schwebt so oder so über dem Team. Der tägliche Überlebenskampf geht weiter.
4. Warum lässt sich Van der Garde nicht mit Geld beschwichtigen?
Van der Garde will zunächst einmal eines: im GP-Zirkus mitfahren, seinen Beruf ausüben. Spekuliert wird auch über eine andere Theorie,wonach der «Van-der-Garde-Clan» möglicherweise auf einen Kollaps des Rennstalls wartet, um sich dann günstig Sauber einzuverleiben. Die Übernahme eines Teams ist allerdings ein Prozess, der sich ein halbes Jahr und länger hinziehen kann. Und dann ist immer noch nicht garantiert, wer den Rennstall übernimmt.
5. Droht Sauber auch ein «Fall Adrian Sutil»?
Ja. Das Management des deutschen Ex-Sauber-Fahrers soll bereits rechtliche Schritte in der Schweiz gegen Sauber eingeleitet haben. Sutils Seite spricht ebenfalls von einem Vertrag für 2015. Ausserdem sollen noch Zahlungen ausstehen. Darüber hinaus ist interessant, dass Sauber den Fall des Russen Sergei Sirotkin nie offiziell beendet hat. Im Juli 2013 wurde dieser – mit drei russischen Geldgebern im Gepäck – in einer offiziellen Mitteilung schon als Fahrer für 2014 angekündigt. Der Russe fährt 2015 in der GP2-Serie.
6. Welche Fehler hat das Sauber-Team gemacht?
Offensichtlich hat die Juristin Monisha Kaltenborn drei schriftliche Verträge für nur zwei Plätze unterschrieben. Wohl aus der finanziellen Not heraus. Auf der anderen Seite erfolgte eine andere Vereinbarung mit dem Van-der-Garde-Lager offenbar nur per Handschlag. Allerdings sind solche Vorgehen im Formel-1-Business nicht unüblich. In Fahrerkreisen fällt schon mal das Wort «Vertragswahnsinn», der in einigen Teams betrieben werde.
7. Warum schweigt Peter Sauber?
Seit der Teambesitzer vor fast drei Jahren ein Drittel seines Lebenswerks an Monisha Kaltenborn abgetreten hat, zog er sich nach und nach aus der operativen Führung bei den Rennen zurück. Der Schweizer des Jahres 2005 gibt auch keine Statements mehr in der Öffentlichkeit ab. Zuletzt sah man den 71-Jährigen beim GP von Monza 2014 im Fahrerlager.