Das meint BLICK zur Silberpfeil-Stallorder
Mercedes: Der Erfolg ist alles!

Für Mercedes steht trotz sportlichen Gelübden einzig der Erfolg im Vordergrund, wie einst bei Ferrari. Das sagt Formel-1-Reporter Roger Benoit.
Publiziert: 01.10.2018 um 16:57 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 07:21 Uhr
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Roger BenoitFormel-1-Experte

Die Weltpresse und die Fans diskutieren nach dem 70. Sieg von Hamilton heftig über die Silberpfeil-Stallorder von Sotschi. War sie ein Skandal oder eben doch nur ein Teambefehl im Hinblick auf die WM?

Für die einen wurden in Russland der Sport und die Fairness mit Füssen getreten. Für Mercedes heisst es trotz sportlichen Gelübten eben: Der Erfolg ist alles.

Wolff und seine Faust

Und da kommt der böse Wolff ins Spiel. Wer den erst 46-jährigen Mercedes-Teamchef und 30-Prozent-Teilhaber am TV verfolgt, der wundert sich, dass der Österreicher noch nie einen Herzinfarkt erlitten hat.

Foto: Reuters

Auch in Sotschi haute er vor den Computern mit der Faust auf den Tisch, als Hamilton nach seinem Boxenhalt hinter Vettel auf die Piste zurückkam. Ein strategischer Fehler seines Teams.

Positionen nicht wechseln…

Vor dem Rennen hatten die Fahrer mit Wolff und den Ingenieuren genau den Fall besprochen, der dann auch eintraf. Selbst Hamilton wusste, dass er in Sotschi nicht das Niveau von Bottas erreichen kann. Also stimmte auch der Brite als fairer Sportsmann der Abmachung zu, dass die Positionen nicht gewechselt werden.

Doch dann kamen die Blasen am linken Hinterreifen dazu. Sie spielten dem bösen Wolff in die Karten. Denn von hinten attackierte Vettel – und so drückte der ehrgeizige, vom Erfolg besessene Wolff eben mit einem fast reinen Gewissen den roten Alarmknopf: Positionen tauschen.

Hier drückt Wolff den Alarmknopf: Positionen tauschen.
Foto: Screenshot SRF

Bottas kam als Diener zu Mercedes

Für Bottas war klar, da muss ich mitspielen. Der Finne, Ende 2016 nach dem Rosberg-Rücktritt in einer sündteuren Nacht- und Nebelaktion von Williams freigekauft und zu Mercedes transferiert, unterschrieb als ein mit Millionen vergoldeter Diener. Denn Mercedes, das ist aus einem sehr guten sportlichen Grund eben meist nur Lewis Hamilton.

Hamilton 2017 Teamplayer

Die Erklärungen von allen Seiten verpuffen jetzt im Land der Emotionen, des Mitgefühls, der Anschuldigungen und der Ausreden. Warum? Hamilton hat sich 2017 in Budapest als Teamplayer gezeigt, als man Bottas befahl, den Briten vorbeizulassen, um Räikkönen zu attackieren. Auch Hamilton gelang es nicht, den Ferrari zu überholen. Und in der letzten Runde liess er Bottas wieder vorbei.

Auch jetzt wird Lewis nur darauf warten, seinem Gentleman-Teamkollegen einen Sieg zurückzugeben. Auf dem Podest hat Hamilton dem Finnen seinen Siegerpokal angeboten. Der lehnte ab.

Bottas kontrollierte Reifen…

Doch Bottas weiss jetzt, dass Hamilton mit den Blasen nicht gelogen hat und per Funk heimlich eine Stallorder durchboxen wollte. Bottas eilte sofort zu Hamiltons Auto und überzeugte sich selbst von den vielen Blasen am Hinterrad…

Blasen am linken Hinterreifen des Hamilton-Boliden – Bottas überzeugt sich selbst davon.
Foto: Screenshot

Zwei Brasil-Opfer bei Ferrari…

Wenn jetzt in Italien über die Mercedes-Stallorder gewettert wird, so sollte man sich an 2002 in Österreich erinnern, als der damalige Ferrari-Teamchef Jean Todt im sechsten Rennen (!) Leader Rubens Barrichello befahl: «Lass Michael im Hinblick auf die WM vorbei!» Der Brasilianer gehorchte in der letzten Kurve…

Und ein anderer Brasilianer, Felipe Massa, wurde 2010 in Hockenheim ebenfalls ein rotes Stallorder-Opfer. Damals ordnete Ferrari Leader Massa an, den Spanier Fernando Alonso vorbeizulassen. Im 11. von 19 Rennen…

Massa (l.) wurde 2010 in Hockenheim ebenfalls ein rotes Stallorder-Opfer – er musste Alonso vorbeiziehen lassen.
Foto: Lukas Gorys

«Nicht stolz auf den Sieg»

Die Stallorder wird ewig ein Reiz-Thema bleiben. Egal, wie man sie betrachtet. Es wird unter den Sportlern immer nur Verlierer geben. Wie Hamilton in Sotschi: «Das ist der erste Sieg, auf den ich nicht stolz sein kann!»

Sieger Hamilton will Bottas an seinem Sieg teilhaben lassen.
Foto: Getty Images
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