BLICK-Besuch beim Alfa-Sauber-Chef
Wann kommt Schumi nach Hinwil, Herr Vasseur?

Frédéric Vasseur (50) ist im Hinwiler Büro gut gelaunt. Noch eine Woche bis Weihnachten. «Wir alle haben dann einige Tage Pause verdient!» BLICK-Reporter Roger Benoit hat den Alfa-Sauber-Chef besucht, und meint: «Vasseur hat die bösen Geister vertrieben.»
Publiziert: 19.12.2019 um 00:25 Uhr
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Exklusiv-Foto: Teamchef Frédéric Vasseur am Mittwoch vor dem neuen Renn-Simulator im Sauber-Werk von Hinwil. «Er wird erst in einigen Tagen fertig – und wird dann 2020 in Betrieb gesetzt.»
Foto: Lukas Gorys
Interview: Roger Benoit

Sie und Ihr Team haben das Weihnachtsgeschenk eigentlich schon am 17. November erhalten – mit den 22 Punkten in Brasilien …
Frédéric Vasseur: So kann man es sehen. Es war ein grosser Tag für das Team. Aber wir hatten vorher so viele gute Möglichkeiten verpasst. Und dann hat eben mal alles gestimmt – und das Glück war auf unserer Seite. Wir müssen jedoch auf dem Boden der Realität bleiben. Für die Festtage haben wir uns jetzt noch selbst beschenkt.

Wie?
Nächste Woche ist die Eröffnung unseres Renn-Simulators. Der gehört einfach noch zur Weiterentwicklung des Teams. Im ersten Quartal 2020 geht es richtig los. Das Projekt hatten wir vor einem Jahr gestartet.

Und Kimi macht also bald die Eröffnungsfahrt …
(lacht) Sicher nicht. Er ist ja nicht gerade bekannt für seine Arbeit in einem Simulator. Wie übrigens auch Lewis Hamilton. Doch für die Jugend ist es das Instrument der Zukunft. Für die Firma eine wichtige Investition.

Dieser Super-Simulator kostete locker einige Millionen …
Er war sicher nicht billig. Aber für Fahrer und Ingenieure zahlt es sich am Ende aus.

Warum taten Sie sich so schwer mit der Weiterverpflichtung von Antonio Giovinazzi?
Vor zehn Jahren wollten die Teams schon im Februar ihre Fahrer bekannt geben. Dann war es der Sommer. Was soll das? Wir waren nie in Eile, konnten so den Druck auf dem Team und Antonio hochhalten.

Sind Sie ein glücklicher Mann?
Da muss ich mit dem halbvollen und halbleeren Glas antworten. Mein Job ist es, das Team nach vorne zu pushen und die Schwächen zu entdecken. Da ist man immer gespalten.

Wie hat sich der Weggang von Technik-Direktor Simone Resta mitten in der Saison ausgewirkt?
Ferrari wollte ihn zurück. Und er war ja vor allem mit der Entwicklung des 20er-Autos beschäftigt. Wir konnten es verkraften.

Nächstes Jahr haben wir erstmals 22 Rennen. Gut?
Für die kleineren Teams wird es immer schwieriger. Wir waren jetzt schon am Anschlag. Nun müssen wir vor allem die Mechaniker schützen, die im Schichtbetrieb arbeiten. Gesund ist das für niemanden.

Da wird es sicher wieder einige Scheidungen geben …
(lacht) Ich habe von meiner Frau noch keinen Brief bekommen. Vielleicht an Weihnachten. Aber für viele Familien wird es ein Problem, weil die Mechaniker immer als Erste am Rennplatz auftauchen und als Letzte gehen. Da habe ich es einfacher.

2021 haben wir neue Regeln. Schwerere und langsamere Autos mit 18-Zoll-Reifen und der Budget-Obergrenze von 175 Millionen US-Dollar. Sind Sie weiter skeptisch?
Wichtig ist, dass wir endlich Stabilität ins Geschäft bekommen. Fünf Jahre sind die Regeln garantiert. Die Budget-Obergrenze betrifft ja nur die drei Topteams. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass man nicht betrügt und die Kontrolle gut ist!

Für die neue Saison haben nur Williams und Renault einen Fahrer getauscht. Das wird sich für 2021 sicher ändern. Gibts ein Erdbeben?
Möglich, es wird sicher viele Gerüchte geben. Aber die kommentiere ich sowieso nicht.

Seit Monaten heisst es, dass Alfa Romeo als Titelsponsor Ende 2020 bei Sauber aussteigt …
Wir haben einen Vertrag bis Ende 2021, also ein Gerücht.

Und wann kommt Schumi junior ins Alfa-Sauber-Werk nach Hinwil?
Da war er doch schon vor einem Jahr. Zur Sitzprobe für den Bahrain-Test 2019. Nächstes Jahr gibt es keine zusätzlichen Tests.

Nochmals: Wann kommt er?
Zuerst muss Mick mal die Formel 2 gewinnen oder gute Leistungen bringen. Das ist unter seinen Voraussetzungen und dem Druck unheimlich schwierig. Wir verfolgen mit Ferrari seinen Weg und die Fortschritte.

Vasseur hat die bösen Geister endlich vertrieben

Ein Kommentar von Roger Benoit

Er ist der grosse Chef über die aktuell 485 Mitarbeiter in den heiligen Hallen von Hinwil. Das Klima ist gut, manchmal auch etwas gespannt – und der Haussegen hängt natürlich oft von den Resultaten ab.

Frédéric Vasseur hat seit der Team-Übernahme im Juli 2017 (mit damals 320 Mitarbeitern)  im Zürcher Oberland fast keinen Stein auf dem andern gelassen. Als sehr erfolgreicher Teamchef in den unteren  Serien (zweimal mit Lewis Hamilton) nimmt man den Chef jetzt wahr. Die früheren Intrigen sind wie böse Geister aus Hinwil verschwunden.

Der Franzose, mit einem netten Appartement in Erlenbach am Zürichsee, ist ein echter Glücksgriff für das Schweizer Team. Ein Lotto-Sechser, weil Vasseur im Fahrerlager und von den eigenen Piloten   akzeptiert und von Rivalen  sehr respektiert wird.

Der vierfache Familienvater ist kein Blender oder Träumer. Auf die Frage, mit welchen Piloten er gerne fahren würde, sagt er nur: «Was nützt es uns, wenn ich Ihnen jetzt die zwei besten Fahrer nenne? Die wären nach drei Rennen bei uns so frustriert, dass sie wohl aufhören würden! Für unsere Ziele, das wären 2020 Platz 6 oder 7, brauchen wir zwei Piloten, die für diesen Weg auch gut zusammenpassen.»

Wie Giovinazzi und Räikkönen? «Antonio hat sich nach der Sommerpause gesteigert, und Kimi fährt eben so lange, wie er Lust hat.» Zusammen holten sie 57 WM-Punkte. Das neue Ziel? Vasseur: «Es sind nicht die Punkte, die zählen. Es ist nur der WM-Rang am Ende!» Also weg vom 8. Platz.  

Vasseur der sensible Mensch.  Auch er hat 2019 viele Freunde verloren. Wie F2-Star Hubert in Spa. «Unsere Generation hat es lange vergessen, dass dieser Sport gefährlich ist und bleibt. Spa war ein echter Schock!»

Ein Kommentar von Roger Benoit

Er ist der grosse Chef über die aktuell 485 Mitarbeiter in den heiligen Hallen von Hinwil. Das Klima ist gut, manchmal auch etwas gespannt – und der Haussegen hängt natürlich oft von den Resultaten ab.

Frédéric Vasseur hat seit der Team-Übernahme im Juli 2017 (mit damals 320 Mitarbeitern)  im Zürcher Oberland fast keinen Stein auf dem andern gelassen. Als sehr erfolgreicher Teamchef in den unteren  Serien (zweimal mit Lewis Hamilton) nimmt man den Chef jetzt wahr. Die früheren Intrigen sind wie böse Geister aus Hinwil verschwunden.

Der Franzose, mit einem netten Appartement in Erlenbach am Zürichsee, ist ein echter Glücksgriff für das Schweizer Team. Ein Lotto-Sechser, weil Vasseur im Fahrerlager und von den eigenen Piloten   akzeptiert und von Rivalen  sehr respektiert wird.

Der vierfache Familienvater ist kein Blender oder Träumer. Auf die Frage, mit welchen Piloten er gerne fahren würde, sagt er nur: «Was nützt es uns, wenn ich Ihnen jetzt die zwei besten Fahrer nenne? Die wären nach drei Rennen bei uns so frustriert, dass sie wohl aufhören würden! Für unsere Ziele, das wären 2020 Platz 6 oder 7, brauchen wir zwei Piloten, die für diesen Weg auch gut zusammenpassen.»

Wie Giovinazzi und Räikkönen? «Antonio hat sich nach der Sommerpause gesteigert, und Kimi fährt eben so lange, wie er Lust hat.» Zusammen holten sie 57 WM-Punkte. Das neue Ziel? Vasseur: «Es sind nicht die Punkte, die zählen. Es ist nur der WM-Rang am Ende!» Also weg vom 8. Platz.  

Vasseur der sensible Mensch.  Auch er hat 2019 viele Freunde verloren. Wie F2-Star Hubert in Spa. «Unsere Generation hat es lange vergessen, dass dieser Sport gefährlich ist und bleibt. Spa war ein echter Schock!»

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