Extremsportler Roberto Zanda packt aus
So verlor ich Arm und Beine in der Arktis!

482 Kilometer und bis zu Minus 50 Grad durch Alaska: Das «Yukon Arctic Ultra» ist das härteste Rennen der Welt. 2018 war auch Roberto Zanda (61) beim Extremlauf dabei. Nun trägt der sardische Ultra-Marathon-Läufer die Folgen davon – Arm- und Beinamputationen.
Publiziert: 07.12.2018 um 19:00 Uhr
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Aktualisiert: 07.12.2018 um 20:42 Uhr
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Roberto Zanda in der Kälte von Kanada. Das Rennen durch die arktische Kälte soll sein Leben verändern.
Foto: Instagram
Fabio Valli

Manche Menschen riskieren ihr Leben für den Sport, den sie lieben. Extremsportler, die an ihre äussersten Grenzen gehen, um das zu erreichen, was sie sich in den Kopf gesetzt haben. So tickt auch Roberto Zanda. Der italienische Ultra-Marathon-Spezialist, der bereits tausende Kilometer durch die lebensgefährlichsten Wüsten und feindlichsten Orte der Welt lief, versuchte sich im Februar 2018 beim kältesten und härtesten Marathon in Alaska, dem «Yukon Arctic Ultra». Dieser gilt als der schwerste Extrem-Marathon der Welt. Er geht über Distanzen von bis zu 482 Kilometer, 2019 sogar über 692 Kilometer! Das Schlimmste ist dabei aber nicht die Distanz, sondern die brutalen Minus-Temperaturen.

Das Rennen 2018 wird Zandas Leben verändern.

Die arktischen Bedingungen mit bis zu Minus 50 Grad werden dem italienischen Extrem-Marathon-Läufer nämlich zum Verhängnis. Hunderte von Kilometer ohne Schlaf, ohne Pause, ohne Kontakt zur Aussenwelt und ein 15 Kilogramm schwerer Schlitten, den er neben sich herzieht. Zu Beginn läufts ihm gut. Der Sarde ist einer von nur drei Läufern, die nach sechs Tagen noch im Rennen sind. Alle anderen müssen aufgeben. Der 61-Jährige ist, wie seine Konkurrenten, zur Sicherheit mit einem «Spot-Tracker» unterwegs. Damit kann man im Notfall ein Signal senden, um den Organisatoren den genauen Standort des Läufers anzuzeigen.

Odyssee durch die Kältehölle 

Doch dazu kommts nicht. Es ist mitten in der Nacht, als Zanda auf dem Weg zur Schlussetappe in der Dunkelheit einen Wegweiser übersieht und sich verläuft. Der Anfang einer brutalen Odyssee.

Zanda ist verwirrt, wie er erzählt. Kein Schlaf, kein Essen. Seinen Tracker kann er nicht benutzen, weil er ihn mit seinen gefrorenen Finger nicht mehr bedienen kann. Der Kontakt zur Aussenwelt bricht ab. Er versucht verzweifelt, auf die Strecke zurückzufinden, beginnt gar zu halluzinieren. In einem Wald versucht er, eine warme Hütte zu finden – ohne Erfolg.

In einem Schneesturm gefangen ist Zanda chancenlos und bleibt stecken. Im Kälte-Wahn zieht er Schuhe und Handschuhe aus, ist 14 Stunden mit blossen Händen und Füssen auf Eis und Schnee unterwegs! Irgendwann kann er nicht mehr, ist psychisch und physisch am Ende. Er krümmt sich so klein, wie er nur kann, wickelt seine Jacke um Füsse und Hände und presst den Kopf zwischen seine Beine. Er denkt: «Jetzt ist es vorbei!»

So wird Zanda von den Organisatoren nach einer grossen Suchaktion gefunden und per Helikopter in ein nahegelegenes Krankenhaus gebracht. Für seine Beine und Hände aber kommt jede Hilfe zu spät, sie können nicht mehr gerettet werden, die Amputation ist unumgänglich.

Den Tod vor Augen

Seine krassen Erlebnisse schildert Zanda nun in seinem Buch «Ein Leben jenseits». Darin schreibt er von der Tortur, den endlosen Monaten in einem Krankenhausbett, der Amputation der Füsse, der rechten Hand und des linken Unterarms. Über 250 Seiten sind gespickt mit Details seiner Erlebnisse. Sie sollen den Leser in die Welt des Extremsportlers eintauchen lassen. «Weiss ist die Farbe des Todes, der Einsamkeit. Es ist die Farbe, die alles zum Schweigen bringt», schreibt Zanda.

Warum tut sich jemand sowas an? Zanda erklärt es so: «Es gibt keinen Grund. Du tust es, weil du lebenshungrig bist, weil du entdeckt hast, dass der Mensch viel mehr kann, als ins Büro zu gehen, einzukaufen, Wochenenden und Feiertage bis zum Ende seiner Tage zu organisieren. Für jemanden, der bis zur Erschöpfung rennt, ist das Leben jenseits. Es bedeutet die Suche nach sich selbst.»

Das Leben danach

Zanda ist inzwischen nach Sardinien zurückgekehrt. Dank den gesponserten Prothesen einer Firma aus Turin gelang ihm die Rückkehr in sein altes, neues Leben. Und natürlich begann er wieder zu trainieren und plant seine Zukunft. Der Sarde: «Ich bereite mein nächstes Rennen vor. Ich werde mich dabei selbst wiederfinden. Auch wenn Teile von mir nicht mehr da sind.»

Roberto Zanda persönlich

Roberto Zanda ist 1957 in Sardinien geboren. Er wächst in einer sehr armen Familie auf, in einem Vorort von Cagliari. Acht Geschwister und er, die unter der Gewalt des Vaters leiden mussten. Der junge Roberto kommt in ein Internat, das von Nonnen geführt wird. Zanda gerät in Vergessenheit, auch von seiner Mutter. Seinen ersten Extrem-Marathon läuft er 2005 durch die Sahara Marokkos –  den Marathon des Sables. Im Laufe der Jahre läuft er in den Wüsten aller fünf Kontinente. «Massiccione» (italienisch, das Massiv) oder «Der König der Wüsten», nennt man ihn. Er läuft unteranderem 600 Kilometer durch den Sand Ägyptens, wo er von Beduinen vor dem Tod gerettet wurde. Selbst nach den Amputationen in Kanada steckt sich der heute 61-jährige Zanda hohe Ziele: die Wüste Namibias im April 2019.

Roberto Zanda ist 1957 in Sardinien geboren. Er wächst in einer sehr armen Familie auf, in einem Vorort von Cagliari. Acht Geschwister und er, die unter der Gewalt des Vaters leiden mussten. Der junge Roberto kommt in ein Internat, das von Nonnen geführt wird. Zanda gerät in Vergessenheit, auch von seiner Mutter. Seinen ersten Extrem-Marathon läuft er 2005 durch die Sahara Marokkos –  den Marathon des Sables. Im Laufe der Jahre läuft er in den Wüsten aller fünf Kontinente. «Massiccione» (italienisch, das Massiv) oder «Der König der Wüsten», nennt man ihn. Er läuft unteranderem 600 Kilometer durch den Sand Ägyptens, wo er von Beduinen vor dem Tod gerettet wurde. Selbst nach den Amputationen in Kanada steckt sich der heute 61-jährige Zanda hohe Ziele: die Wüste Namibias im April 2019.

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