Irgendwann gehts nicht mehr. Genauer: Nach 100 Kilometern. Dabei hat Alexander Scherz (45) noch 117 Kilometer vor sich, als er stehen bleibt. Das Thermometer im Death Valley, dem Tal des Todes, misst 56 Grad. Die Sonne brennt erbarmungslos auf den Basler. «Mein Magen machte nicht mehr mit, er erlitt einen Schock», erinnert sich Scherz.
Der 45-Jährige muss seinen Lauf beim «Badwater Ultramarathon», einem der härtesten Rennen der Welt, unterbrechen. Nicht abbrechen, wohlverstanden. «Ich schlug einen Pfahl am Strassenrand ein, um zu wissen, wo ich später wieder anfangen musste, zu laufen. Dann ging ich mit meinem Team zum Arzt. Dieser gab mir eine Elektrolyt-Lösung, ich legte mich eine Stunde hin. Und dann ging es zurück zum Pfahl.»
Fettiges Essen statt Gels und Shakes
Die medizinische Hilfe wirkt, Scherz läuft weiter. Doch er muss seine Ernährung umstellen. Weg mit Gels und Sportgetränken, her mit Kuchen und Erdnuss-Sandwiches. «Ich brauchte festeres Essen, nur Gels und Shakes – das ging nicht mehr.»
Die Qualen in der Wüsten-Hölle sind trotzdem nicht überstanden. Der Trick des Sportpsychologen: «Ich zählte jeweils von 1 bis 1000. Immer und immer wieder. Das ist weder negativ noch positiv, sondern neutral. Perfekt. So konnte ich abschalten, vergass die Schmerzen.»
Ein Laufband neben der Sauna als Vorbereitung
Nur mit Psycho-Kniffs übersteht allerdings keiner eine solche Herausforderung. Es braucht eine knallharte Vorbereitung. «20 Kilometer Joggen am Morgen, 20 am Abend. Täglich, während Monaten. Dafür braucht es viel Willenskraft. Mehr, als im Rennen selbst», so Scherz. Um die Hitze zu simulieren, stellte er zudem sein Laufband gleich neben die Sauna im Keller. Dann liefen beide auf Hochtouren: die Sauna und Scherz. «Allerdings ist bei uns in der Schweiz die Luftfeuchtigkeit viel höher. Im Death Valley ist sie fast Null.»
Letztlich meistert Scherz die Aufgabe in der Hitze-Kammer Kaliforniens, nach 34 Stunden und 4000 Höhenmetern erreicht er das Ziel auf dem Mount Whitney. «Mein Sohn lief die letzten 21 Kilometern neben mir mit. Wir haben dabei den Sonnenaufgang gesehen. Es war wunderschön.» Die Schmerzen? Vergessen. Die Erschöpfung? Auch. Die Füsse voller Blasen? Sie platzen erst einige Tage später am Strand von Santa Monica. «Das tat richtig weh», so Scherz schmunzelnd.
Im nächsten Jahr will Scherz erneut nach Badwater reisen. «Und dann von Anfang an feste Nahrung essen», sagt er. Übrigens: Wer denkt, so ein Rennen sei nur etwas für Spinner, dem entgegnet Scherz: «Früher waren mir die zwei Kilometer bis zum Supermarkt viel zu weit.»