Die Bilder und ein Video gehen um die Welt: Alexander Lukaschenko, der Präsident von Belarus, und René Fasel, der Schweizer Boss des internationalen Eishockey-Verbandes IIHF, geben sich in Minsk nicht nur innig die Hände, sondern umarmen sich vor laufenden Kameras auch herzlich.
Die Aussenwirkung? Fasel geht nicht auf Distanz zum Despoten, der nicht nur in den letzten Monaten durch Menschenrechtsverletzungen aufgefallen ist. Während der Massenproteste war dies zuletzt besonders sichtbar.
«Etwas blöd gelaufen …»
Es löst Befremden und Verwirrung aus. Der 70-jährige Sportfunktionär steckt in der Diktatoren-Falle. Gegenüber SRF nimmt Fasel nun erstmals Stellung zu den Bildern: «Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Ziel der Reise war es, mit Lukaschenko ein wichtiges Gespräch über die WM in Minsk zu führen. Ich habe seit 20 Jahren gute Beziehungen zu Lukaschenko – wir spielten früher zusammen Hockey, hatten viel Kontakt.»
Dass sein Besuch in Minsk etwas auslösen könnte, war ihm teils bewusst. Fasel: «Ich muss zugeben: Ich habe in Minsk etwas mit dem Feuer gespielt. Und wir haben uns etwas verbrannt.» Aber er entschuldigt sich: «Es tut mir leid, wenn das zur Interpretation führt, ich würde die Vorgänge und die Repression in Belarus akzeptieren. Aber ich wollte diese spezielle Beziehung zu Lukaschenko nutzen, um etwas Gutes zu tun. Damit die WM zu einer Art Versöhnung zwischen Regierung und Opposition führt. Es ist etwas blöd gelaufen, das ist mir auch peinlich.»
Instrumentalisiert fühle er sich nicht. Gleichzeit ist er überzeugt, nichts Falsches gemacht zu haben: «Mit dieser WM können wir etwas erreichen, was sonst nicht gelungen ist. Wer hat in Belarus schon etwas erreicht mit Sanktionen und Boykott? Niemand. Ich bin ein Idealist des Sports, er ist dafür da, dass Menschen zusammenkommen. Er hat diese Macht. Man muss den Dialog suchen. Wie es jetzt gekommen ist, das ist mir peinlich, und da nehme ich auch die Verantwortung wahr.»
Wird die WM noch verlegt?
Bis Ende Januar will die IIHF entscheiden, ob die Eishockey-WM vom 21. Mai bis zum 6. Juni, die in Riga (Lett) und Minsk geplant war, stattfinden kann. Die Letten haben längst signalisiert, dass sie nicht mehr mit dem untragbar gewordenen Partner zusammenspannen wollen. Und zuletzt hatte der dänische Verband einen Boykott angekündigt, für den Fall, dass in Belarus gespielt würde.
Auch weissrussische Sportler und Politiker aus ganz Europa forderten, dass die WM nicht in Belarus stattfinden dürfe. Sie wandten sich dabei direkt an Fasel. Dieser sagt aber jetzt zu SRF: «Stellen Sie sich vor, wir sagen die WM in Weissrussland jetzt ab: Wird das etwas an der Situation im Land ändern? Sicher nicht. Lukaschenko selbst hat gesagt, dass er die Verfassung ändern wolle, dass er bereit sei, Neuwahlen durchzuführen.»
So auch der Schweizerische Hockey-Verband, der nach Fasels Umarmung mit Lukaschenko verlauten liess: «Wir verurteilen jegliche Form von Gewalt und Verstösse gegen Menschenrechte aufs Schärfste. Wir haben der IIHF unsere grosse Besorgnis in Bezug auf die Durchführung der A-WM in Minsk bereits mehrfach mitgeteilt und erwarten, dass der internationale Eishockeyverband baldmöglichst einen Entscheid trifft bzw. eine Erklärung abgibt», sagt SIHF-Präsident Michael Rindlisbacher. (sr/leo)