Weniger Platz – mehr Spektakel

Eine Woche lang bereitet sich die Schweizer Nati in der Provinz Québec auf den Ernstfall vor. In Trois-Rivières wird in erster Linie das Spiel auf den kleinen Eisfeldern Kanadas geübt.
Publiziert: 24.04.2008 um 22:27 Uhr
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Aktualisiert: 06.09.2018 um 21:17 Uhr
Von Dino Kessler

Zum ersten Mal überhaupt findet die Eishockey-WM in Kanada statt – dem Mutterland dieses Sports. Anlass ist das 100-Jahr-Jubiläum des Internationalen Eishockey-Verbandes (IIHF).

Eine Hockey-WM in Kanada – das verlangt sowohl von den Kanadiern als auch von den europäischen Gastnationen Anpassungen: Die Einheimischen werden sich verwundert die Augen reiben, wenn die lauten Fan-Horden der Letten, Finnen oder Schweizer in ihren Stadien Einzug halten. Der kanadische Hockey-Konsument ist in der Regel ein stiller Geniesser, der sich die Vorstellung zu Gemüte führt wie im Theater. Wirklich verrückt geht es in den Stadien erst in den Playoffs zu und her.

Spielfläche weniger breit

Anpassen müssen sich aber auch die Spieler – die Eisflächen sind in Übersee erheblich kleiner als in
Europa. Kleines Eisfeld? Der «Gletscher» im Colisée Pepsi in Québec City, wo die Schweiz sämtliche Spiele der WM austragen wird, hat NHL-Ausmasse. Das heisst: Die Spielfläche ist 4 Meter weniger breit als in Europa üblich. Und: Die neutrale Zone der nordamerikanischen Eisfelder ist zwei Meter kürzer gehalten, dafür steht in den beiden Angriffsdritteln je ein Meter zusätzliche Spielfläche zur Verfügung.

Für die Spieler heisst das, sich innert Wochenfrist auf eine andere Spielweise einzustellen. Die kleinere Eisfläche und die veränderten Abmessungen beeinflussen nicht nur Spielzüge und Defensiv-Verhalten. Das Spiel wird intensiver sein, mit mehr Körperkontakt. Und mit schnellerem Umschalten von der Verteidigung in den Angriff. Auch das Spiel in Über- und Unterzahl muss angepasst werden. Im Powerplay bleibt weniger Platz für laterale Manöver, die Entscheidungen müssen viel rascher getroffen werden, beim Boxplay muss tief in der Zone weniger Raum verteidigt werden. Dafür bleibt mehr Platz von der Bande bis hinauf zur blauen Linie – die Verteidiger werden im Powerplay mehr Einfluss haben, sei dies als Schaltstation oder für den direkten Abschluss.

Wenig Platz für Spielzüge

Drastisch wirken sich die Masse in der neutralen Zone aus. Dort bleibt viel weniger Platz für Spielzüge – im nordamerikanischen Eishockey hat die «Dump and chase»-Philosophie (Puck ins Drittel schiessen und jagen) viel mehr Bedeutung als in Europa. Statt beim Querspiel vor der blauen Linie einen Fehlpass zu riskieren, wird die Scheibe tief ins gegnerische Drittel geschossen – und dann folgt ein wuchtiges Forechecking. Für die Verteidiger bleibt so viel weniger Raum und Zeit für eine rasche Angriffsauslösung. Auf dem kleinen Eisfeld wird man es deshalb öfter sehen, dass die Backs unter Druck die Scheibe einfach der Bande entlang spielen, statt eine Anspielstation in der Spielfeldmitte zu suchen.

Puck schneller abspielen

Diese Faktoren machen das Spiel schneller, und trotzdem reduziert sich auf der kleineren Fläche der Vorteil einer läuferisch besseren Mannschaft: Der Puck muss rascher abgespielt werden, weil kreative Aktionen riskanter sind – und die Scheibe ist auf jeden Fall schneller als der beste Läufer.

In den letzten Jahren hat sich die NHL mit ihren Spielfeldern schrittweise den Massen des internationalen Verbands genähert. Die heutigen NHL-Arenen haben nichts mehr gemein mit den legendären Stadien vergangener Tage. Im Chicago Stadium (das «Madhouse» wurde 1995 abgerissen), im Montreal Forum (letztes Spiel der Canadiens am 11. März 1996) oder im Boston Garden (1997 abgebrochen) waren die Eisflächen im Schnitt noch drei Meter kürzer als die aktuellen NHL-Rinks.

Im Colisée von Trois-Rivières können sich die Schweizer mittels Radikalkur auf die Weltmeisterschaft vorbereiten: Die Eisfläche entspricht hier in etwa den Massen der alten NHL-Eisflächen. Paul DiPietro (37), Stanley-Cup-Sieger 1993 mit Montreal, ist auf der kleineren Eisfläche gross geworden. DiPietro: «Ich empfinde es einfacher und attraktiver, auf dem kleineren Feld zu spielen. In den alten Stadien, in Boston oder Chicago, habe ich selbst auch noch gespielt, dort herrschte wirklich der Ausnahmezustand. Auf dem kleineren Eis muss einfach und schnell gespielt werden, sonst bekommt man Probleme. Wie stark man den Unterschied an der WM spüren wird, ist aber eine andere Frage. Das Spiel in der NHL ist grundverschieden, nicht nur wegen dem Eisfeld. Die Spieler dort sind auch kräftiger und grösser.

Schweizer Programm
WM-Vorbereitung in Kanada
27. April: Russland – Schweiz – 20 Uhr (MEZ) in Trois-Rivières

30. April: Dänemark – Schweiz – 1 Uhr (MEZ) in Saint-Hyacinthe

WM-Vorrunde in Kanada
4. Mai: Schweiz – Frankreich – 1 Uhr (MEZ) in Québec
5. Mai: Schweiz – WRussland – 19 Uhr (MEZ) in Québec
7. Mai: Schweden – Schweiz – 19 Uhr (MEZ) in Québec
WM-Vorbereitung in Kanada
27. April: Russland – Schweiz – 20 Uhr (MEZ) in Trois-Rivières

30. April: Dänemark – Schweiz – 1 Uhr (MEZ) in Saint-Hyacinthe

WM-Vorrunde in Kanada
4. Mai: Schweiz – Frankreich – 1 Uhr (MEZ) in Québec
5. Mai: Schweiz – WRussland – 19 Uhr (MEZ) in Québec
7. Mai: Schweden – Schweiz – 19 Uhr (MEZ) in Québec
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