Ihre dunkelblonden Locken reichen ihr bis zur Schulter. Ihre braunen Augen leuchten, als Fabienne Peter in den Katakomben der Basler St. Jakob-Arena in einer der Garderoben steht und über Eishockey spricht. Redet sie aber über ihre Lebensgeschichte, wählt sie die Worte mit Bedacht. Weil es um ein sehr persönliches, tiefgründiges Thema geht.
Neuerdings sind in sämtlichen Schweizer Hockey-Ligen Transfrauen spielberechtigt. Dank der 32-Jährigen. Fabienne Peter ist eine Transfrau. Bei der Geburt dem männlichen Geschlecht zugeordnet, hat sie sich früh als Frau gefühlt. Diese Gefühle bahnen sich ihren Weg schon, als die Baslerin noch ein Teenager ist.
Lange will sie typisch männlich sein
Damals beginnt ihr Vorname noch mit einem C. Sie steht als Kind auf dem Eis, «chneblet» mit ihrem Vater zum Plausch und spielt später in Junioren-Teams Hockey. Doch in den Garderoben mit all den Jungs fühlt sie sich immer unwohler.«Der Umgang in einer Männer-Kabine ist ein total anderer. Ein ruppigerer», beschreibt sie, die den Unterschied nun wirklich kennt.
In ihrem Leben wird das Eishockey unwichtiger, erst im Studium Anfang 20 spielt sie wieder hobbymässig, weil sie die Faszination dieses Sports mit der körperlichen Komplexität und Intensität nie losgelassen hat.
Doch auch der innere Kampf ist geblieben. «Ich habe lange versucht, der Norm zu entsprechen.» Sie will typisch männlich sein. Fabienne Peter studiert Ingenieurwissenschaften, tritt der freiwilligen Feuerwehr bei, hat Freundinnen. Und heiratet mit 28 ihre Frau.
Schritt für Schritt in die Öffentlichkeit
Dieses Leben aber verstärkt ihre andere Seite, die sie oft nur zu Hause ausleben kann. «Irgendwann wurde das Verstecken meiner inneren Identität unerträglich.» Fabienne Peter entscheidet sich, den Weg der Geschlechtsangleichung zu gehen. Ihre Frau unterstützt sie von Anfang an.
Den Prozess, der psychologisch begleitet wird und mit lebenslanger Hormon-Einnahme verbunden ist, beginnt sie vor zwei Jahren.
Sowohl ihre Eltern wie auch ihre Schwiegereltern nehmen die Nachricht gut auf. Schritt für Schritt informiert sie ihr privates Umfeld und jenes im Job – auch weil die Veränderungen immer offensichtlicher werden. «Meine Offenheit hat es für die Leute vielleicht etwas verständlicher gemacht.» Eine Offenheit, eine Stärke, die sie auch dank der positiven Unterstützung ihrer Liebsten hat. Ihre Freundschaften halten, ihre Ehe auch.
«Für mich war immer klar, dass ich mich als Frau fühle und diesen Weg auch vollständig gehen möchte.» Das heisst, auch die operative Angleichung machen zu lassen. «Vor der Operation hatte ich am meisten Respekt», offenbart sie, «weil es kein Zurück gibt.» Doch zwischenzeitliche Zweifel, ob sie das Richtige tut, schüttelt sie ab.
Lizenzierung im Eishockey zunächst unklar
Fabienne Peters Frau ist es dann, die sie ermuntert, abzuklären, ob sie fortan in Frauen-Teams Hockey spielen darf. Darum kommt die Frage der möglichen Lizenzierung auf. Sie macht sich im Internet diesbezüglich schlau und stösst auf die Richtlinien des Internationalen Olympischen Komitees.
Der Klub stellt für sie den Kontakt zu Swiss Ice Hockey her. Fabienne Peter bringt dort ihr Anliegen vor – und dann gehts schnell und unkompliziert.
Der Verband teilt mit, dass erstmals in der Geschichte eine Transfrau lizenziert und dafür die erforderliche Regeländerung einstimmig angenommen worden ist. Swiss Ice Hockey hat sich dafür wie vorgeschlagen an den Transgender-Richtlinien des IOC orientiert.
Fabienne Peter muss nachweisen, dass ihr Testosteron-Level ein Jahr lang einen vorgeschriebenen Wert nicht überstiegen hat.
Die Stürmerin spielt nun bei den EHC Basel KLH Ladies in der dritten Leistungsklasse. Und fühlt sich rundum wohl in der Frauen-Garderobe. Der Sport ist praktisch der gleiche geblieben, geändert hat sich für die Spielerin dennoch einiges. «Ich muss jetzt einen Helm mit Gitter tragen», sagt sie lächelnd. Auch der Tiefschutz ist ein anderer als zuvor.
«Ich bin natürlich schwächer geworden»
Und wie fühlt es sich auf dem Eis an? «In den Kraftelementen bin ich natürlich schwächer geworden», sagt Fabienne Peter, «mein Schuss ist nicht mehr gleich stark.» Auch im Kraftraum habe sie oftmals gedacht, früher hätte sie die Anzahl Liegestütze oder das Gewicht lockerer geschafft. Die Muskeln haben sich durch die regelmässige Einnahme von weiblichen Hormonen verändert.
Geschafft aber hat sie, eine Vorreiter- und vielleicht auch eines Tages eine Vorbildrolle einzunehmen im Sport. Die Bürokratie, die auf eine Geschlechtsangleichung folgt, hat Fabienne Peter ebenfalls positiv gemeistert. Obwohl es nicht immer so unkompliziert läuft wie mit dem Hockey-Verband.
Bekommt sie Staatspost, steht immer noch «Herr» vor ihrem Namen. Den amtlichen Eintrag muss sie noch per Gericht einfordern. Bei allen anderen persönlichen Dokumenten sind Geschlecht und Name angepasst.
Der Name. Neben der angleichenden Operation das Einschneidendste im ganzen Prozess. Zusammen mit ihrer Frau hat sie ihn ganz klassisch in einem Namensbüchlein gefunden und ausgewählt. Er begleitet sie ihr künftiges Leben lang, doch das vorherige ist ebenfalls noch Teil von Fabienne Peter. Als Zeichen dafür baumelt ein goldenes «C» an ihrer Halskette, alle Fotoalben von früher stehen noch zu Hause, auch jenes der Hochzeit. «Die Erinnerungen an meine Hochzeit sind wunderschön.» Der Schritt ins Leben mit der passenden Identität ebenso.
Die Organisation Transgender Network Schweiz schätzt, dass 0,3 bis 3 Prozent der Schweizer Bevölkerung einem Geschlecht zugeordnet wurden, das nicht der inneren Identität entspricht. Transgender daher auf Transsexualität zu reduzieren, entspricht nicht der Realität, weil es bei Geschlechtsangleichungen nicht um die sexuelle Orientierung geht. Bei Transmenschen entspricht die Geschlechtsidentität nicht der ihnen bei der Geburt zugeordneten. Und mit dem Begriff Geschlechtsangleichung fühlen sich Transgender wohler als mit -umwandlung, weil es nicht darum geht, dass ein Mann durch eine Operation zur Frau wird und umgekehrt. Es geht darum, dass die Person ihr Leben ihrer Geschlechtsidentität anpasst. Ein bekannter Transsportler ist der Deutsche Balian Buschbaum (38, Bild), der als Yvonne eine erfolgreiche Stabhochspringerin war. (N.V.)
Die Organisation Transgender Network Schweiz schätzt, dass 0,3 bis 3 Prozent der Schweizer Bevölkerung einem Geschlecht zugeordnet wurden, das nicht der inneren Identität entspricht. Transgender daher auf Transsexualität zu reduzieren, entspricht nicht der Realität, weil es bei Geschlechtsangleichungen nicht um die sexuelle Orientierung geht. Bei Transmenschen entspricht die Geschlechtsidentität nicht der ihnen bei der Geburt zugeordneten. Und mit dem Begriff Geschlechtsangleichung fühlen sich Transgender wohler als mit -umwandlung, weil es nicht darum geht, dass ein Mann durch eine Operation zur Frau wird und umgekehrt. Es geht darum, dass die Person ihr Leben ihrer Geschlechtsidentität anpasst. Ein bekannter Transsportler ist der Deutsche Balian Buschbaum (38, Bild), der als Yvonne eine erfolgreiche Stabhochspringerin war. (N.V.)