Blick: Wie wurden aus den Gegnern Chris McSorley und Arno Del Curto gute Freunde? Klären Sie uns auf.
Arno Del Curto: Aus gegenseitigem Respekt wuchs eine Freundschaft. Die Arbeit, die er in Genf geleistet hat, mit dem Aufstieg, dem Hype, den er ausgelöst hat, das hat mich beeindruckt. Alle meinen, das geht ruckzuck. Aber etwas in diesem Mass aufzubauen, wie ihm das mit Servette gelungen ist, verdient Respekt. Ich kenne niemanden, der das sonst geschafft hat. Dann trafen wir aufeinander, und bei ihm in Genf gab es immer eine Pizza und eine Flasche Wein. Wir verstanden uns gut, selbst wenn wir mal Diskussionen hatten. Danach konnten wir wieder zusammen lachen. Obwohl du die meisten unserer Duelle verloren hast.
Chris McSorley: Meine Erinnerungen sind da etwas anders (lacht). Nur viermal im Jahr konnte ich Arno nicht ausstehen – an den Spieltagen. Während den Spielen haben wir versucht, dem anderen das Leben schwer zu machen. Danach und davor war da immer dieser Respekt. Um ehrlich zu sein, als ich mit Genf aufgestiegen bin, war Arno einer der wenigen Trainer, vor dem ich mich fürchtete. Denn er ist einer der wenigen Coaches, der seinem Team mehr Energie einflössen konnte als ich meinem. Ich wusste, dass seine Mannschaft immer bereit und gut vorbereitet ist. Ich habe einige Lektionen gelernt. Gegen Arno zu coachen und die Freundschaft mit ihm ist eines der wertvollen Dinge aus meiner Laufbahn. Mein Übername für ihn ist heute noch «Maestro».
Als sich Ihre Wege in den Hockeystadien erstmals kreuzten, was dachten Sie da voneinander?
McSorley: Mein erster Eindruck von Arno war: Er macht keine halben Sachen. Ihn gab es entweder im Spielmodus oder als guten Menschen. Denn im Spielmodus kannte er keine Gnade. Er mag es, sich zu messen. Er ist entweder on oder off. Seine Teams spielten immer hart, und ich musste sicherstellen, dass meine Spieler bereit sind, weil es jedes Mal schlimm wurde.
Chris McSorley kam 2001 in die Schweiz – und schrieb in den folgenden zwei Jahrzehnten Geschichte mit Genf-Servette. In seiner ersten Saison als Trainer führte er den Klub in die National League. Als Klub-Mitbesitzer, Sportchef oder Coach stellte er die Calvinstädter auf starke Beine und etablierte sie in der Hockey-Schweiz. Der 62-Jährige wurde dreimal in Folge Spengler-Cup-Sieger: 2012 mit dem Team Canada, danach mit Genf. Als CEO von Swissligist Sierre treibt er im Wallis ein Stadion-Projekt voran, das kürzlich von der Gemeinde den Investitionskredit zugesagt bekommen hat. Mit seiner Familie lebt er in Siders VS.
Chris McSorley kam 2001 in die Schweiz – und schrieb in den folgenden zwei Jahrzehnten Geschichte mit Genf-Servette. In seiner ersten Saison als Trainer führte er den Klub in die National League. Als Klub-Mitbesitzer, Sportchef oder Coach stellte er die Calvinstädter auf starke Beine und etablierte sie in der Hockey-Schweiz. Der 62-Jährige wurde dreimal in Folge Spengler-Cup-Sieger: 2012 mit dem Team Canada, danach mit Genf. Als CEO von Swissligist Sierre treibt er im Wallis ein Stadion-Projekt voran, das kürzlich von der Gemeinde den Investitionskredit zugesagt bekommen hat. Mit seiner Familie lebt er in Siders VS.
Sie kennen sich schon über 20 Jahre …
McSorley: … er denkt jetzt vielleicht, dass ich verrückt bin. Aber Arno hat auf seinem Tacho noch einige Kilometer übrig. Ich bin überzeugt, dass er eine Spielerbank immer noch kontrollieren könnte. Arno ist gut für mein Ego und ich vielleicht auch für seines.
Wie meinen Sie das?
McSorley: Klar, wir haben grossartige junge Trainer an den Banden. Aber Arno hat sechs Meistertitel gewonnen. Einen gewinnt man mal, den zweiten, wenn man gut ist. Aber sechs? Das ist eine aussergewöhnliche Leistung. Aber er ist immer demütig geblieben.
Del Curto: Jetzt haben wir uns aber genug Komplimente gemacht.
McSorley: Okay, manchmal denkst du, du bist ein besserer Golfer, als du wirklich bist.
Del Curto: Aber ich habe Fortschritte gemacht, ich habe ein paar Lektionen genommen.
McSorley: Wir fordern uns immer noch heraus, aber heute nur noch auf dem Golfplatz.
Del Curto: Wenn ich seine Schläge sehe, habe ich richtig Freude. Er erinnert mich an den Golfprofi Bryson DeChambeau, der den Ball vor einigen Jahren über 340 Meter weit geschlagen hat.
McSorley: Aber dafür suchen wir öfters nach meinen Bällen im Wald.
Worüber hatten Sie die grössten Diskussionen?
Del Curto: Da gab es zwei. Emotional hart war, als wir uns 2019 in einem Spiel um den letzten Playoffplatz duelliert haben. Wir wollten beide nicht, dass der andere verliert. Vor dem Spiel sprachen wir darüber, wie verrückt diese Situation ist. Und warum es ausgerechnet wir beide sein müssen.
McSorley: Wir wussten, dass einer von uns scheitern wird. Ich hatte das Glück, dass wir in Genf spielten. Wir schossen ein glückliches Tor zum 3:2 …
Del Curto: … und du hast mir später gesagt, dass du mir angesehen hast, dass es jetzt vorbei ist.
McSorley: Eigentlich gab es zwei Verlierer. Nach Tausenden von Spielen als Trainer kann ich sagen, dass jener Sieg einer der undankbarsten meiner Karriere war.
Und welche noch?
Del Curto: Das war kurz nach dem Aufstieg von Genf. Erinnerst du dich noch? Einer deiner Verteidiger hat einen meiner Spieler mit einem Ellbogencheck niedergestreckt. Das hat mich so wütend gemacht. Das war gleichzeitig irgendwie unser Anfang. Danach respektierten wir uns. Denn du wusstest, dass der Check grenzwertig war, und ich wusste, dass du nichts dafür konntest. Trotzdem habe ich dich so richtig angeschrien und du mich auch.
McSorley: Aber ich habe mir schon etwas auf die Zunge gebissen (grinst).
Del Curto: Danach habe ich das ganze Spiel über nur diesen einen Verteidiger, der eigentlich kein schmutziger Spieler war, angebrüllt.
McSorley: Ich habe übrigens nie einen Davoser Spieler mit Engelsflügeln gesehen.
Trotzdem liebten Sie die Duelle?
Del Curto: Ja, weil sie immer eine neue Herausforderung waren und Chris seine Taktik änderte. Mitgefiebert habe ich mit ihm 2010 im Playoff-Final gegen Bern, der über sieben Spiele ging. Da warst du nahe dran. Diesen Titel hätte ich dir gegönnt.
McSorley: Vor ein paar Jahren sagtest du zu mir, dass ich dir damals so leidgetan habe und du mir am liebsten einen deiner Titel geschenkt hättest. Er hat das wirklich so gemeint. Das hat mich berührt.
Arno Del Curto übernahm 1996 als 40-Jähriger den HC Davos. Seine Zürcher Autonummer liess er am Wagen, weil er dachte, er bleibe nicht länger als drei Monate Trainer dort. Geworden sind daraus 22 Jahre mit sechs Meistertiteln und fünf Spengler-Cup-Triumphen. Im November 2018 trat er als HCD-Trainer zurück und übernahm im Januar 2019 für wenige Monate die ZSC Lions. Seit 2021 ist der Engadiner Assistenztrainer von Österreichs Nationalteam. Der 68-Jährige lebt in Langenthal BE.
Arno Del Curto übernahm 1996 als 40-Jähriger den HC Davos. Seine Zürcher Autonummer liess er am Wagen, weil er dachte, er bleibe nicht länger als drei Monate Trainer dort. Geworden sind daraus 22 Jahre mit sechs Meistertiteln und fünf Spengler-Cup-Triumphen. Im November 2018 trat er als HCD-Trainer zurück und übernahm im Januar 2019 für wenige Monate die ZSC Lions. Seit 2021 ist der Engadiner Assistenztrainer von Österreichs Nationalteam. Der 68-Jährige lebt in Langenthal BE.
Sprechen Sie auf Ihren gemeinsamen Golf-Runden auch immer nur über Hockey?
McSorley: Meistens, und je mehr wir das Abendessen danach geniessen, desto besser werden die Geschichten, die wir erzählen. Es kommen immer wieder schöne Erinnerungen hoch, für die wir dankbar sind. Wir hatten das Privileg, unser Leben lang im Sport zu arbeiten.
Del Curto: Aber wir reden auch über Geschäftliches oder unsere Familie, Alltägliches, unser Leben.
Dann kommen wir zum Geschäftlichen. Sie spannen zusammen bei «Ask the Coach», einem Motivationsprogramm im Bereich Leadership. Was können Geschäftsleute von Trainer-Legenden lernen?
McSorley: Da geht es nicht primär ums Hockey, sondern um Kommunikation zwischen Menschen und Personalmanagement. Arno und ich haben alles erlebt in all den Jahren. Unsere Geschichten sind zu gut, um sie nicht zu erzählen. Er hat Leute als Trainer an der Bande inspiriert, nun tut er es in Workshops.
Aber all Ihre Erfahrungen im Teambuilding stammt aus dem Hockey.
Del Curto: Auch da ging es ums Führen von Menschen. Ich habe nicht die Weisheit mit Löffeln gegessen, aber ich erzähle, was ich das Wichtigste finde in diesem Prozess. Da könnte ich stundenlang reden.
Das Wichtigste für Sie ist?
Del Curto: Empathie. Um Menschen zu führen, braucht es Empathie. Man muss mit ihnen umgehen, sich mit ihnen unterhalten können. Dann braucht es Sozialkompetenz, Neugier, Optimismus, Kreativität. Und Mut. Mutig reden oder mutig sein, das ist ein Unterschied. Natürlich bringe ich dann Beispiele aus dem Hockey. Da wächst etwas über eine ganze Saison, da kommt Durchhaltewillen ins Spiel, ein gemeinsames Ziel, Leadership, Authentizität. Man muss spüren können, wenn sich eine negative Dynamik im Team entwickelt. Und man muss die Mannschaft auf seiner Seite haben, ohne Wenn und Aber.
McSorley: Für mich gab es immer folgende fünf Grundsätze: Jeder Spieler ist unterschiedlich, die Akzeptanz von jedem muss da sein. Routiniers nehmen sich den Jungen an. Egal wie das System ist, man muss sich daran halten. Was immer der Trainer – oder der Arbeitgeber – als Ziel vorgibt, selbst wenn es verrückt klingt, muss jeder daran glauben. Und: Man muss immer das Team schützen, das Logo des Klubs oder eben der Firma. Wir reden nicht nur über unsere Erfolge, sondern auch über die Misserfolge und die Lektionen, die wir dabei gelernt haben.
Chris McSorley hat mit Pete Mager «Ask the Coach» («Frag den Trainer») gegründet, ein Motivationsprogramm im Bereich Leadership. In den massgeschneiderten Workshops sollen Motivation, verbesserte interne Kommunikation und lösungsorientiertes Denken gefördert werden. Der Eishockey-Unternehmer und der Kommunikationsspezialist wollen Führungskräfte der mittleren und oberen Ebenen ansprechen. Als Experten wurden Trainer-Legende Arno Del Curto und Ex-Genf-Stürmer Laurent Meunier (Fr) ins Boot geholt.
Chris McSorley hat mit Pete Mager «Ask the Coach» («Frag den Trainer») gegründet, ein Motivationsprogramm im Bereich Leadership. In den massgeschneiderten Workshops sollen Motivation, verbesserte interne Kommunikation und lösungsorientiertes Denken gefördert werden. Der Eishockey-Unternehmer und der Kommunikationsspezialist wollen Führungskräfte der mittleren und oberen Ebenen ansprechen. Als Experten wurden Trainer-Legende Arno Del Curto und Ex-Genf-Stürmer Laurent Meunier (Fr) ins Boot geholt.