Hockey-Provinz Zuchwil SO. Mittwoch-Nachmittag. Köbi Kölliker kritzelt ein paar Spielzüge auf eine Taktik-Tafel, erklärt den Spielern die Übung. Auf Englisch. Neben ihm? Jingfan Zhou. Die ehemalige Studentin, die ein Jahr lang für den SCB gearbeitet hat, übersetzt auf Chinesisch. Wohl nicht immer zur Zufriedenheit der Trainer. Denn das Gezeigte sorgt bei Alex Reinhard, dem zweiten Coach, für Kopfschütteln. «Ich weiss halt nicht, wie Zhou die Hockey-Ausdrücke rüberbringt», so Kölliker.
Sechs Monate lang leistet der ehemalige Krueger-Assistent und Head der Deutschen Nati Entwicklungshilfe. Die 46-köpfige chinesische Delegation ist in zwei Teams aufgeteilt. «Mit einem solch tiefen Niveau habe ich nicht gerechnet», sagt Kölliker über die zweite Mannschaft, die aus Quereinsteigern besteht. «Ich musste ihnen zeigen, wie man sich hinstellt, wie man rückwärts fährt und dass man in die Knie muss.» Diese Spieler kämen aus dem Roll-, Inline-, oder dem Landhockey. «Sie können die Scheibe nicht führen, schlagen einfach drauf.»
Mit Schleifmaschine – aber ohne Werkzeug
Zur ihrer Überraschung müssen die Schweizer auch den Staff ausbilden. «Die Chinesen kamen mit einer brandneuen Schleifmaschine, aber ohne Werkzeug.»
Zum Förderprojekt kam es dank langjährigen Kontakten zwischen der eidgenössischen Hochschule für Sport und der Uni Peking. Florian Kohler, CEO von Swiss Ice Hockey, spricht von einer Win-Win-Situation: «China will investieren, hat riesiges Potenzial. Wir wollen dabei sein, wenn man sich dereinst ein Stück des Kuchens abschneiden kann. Es wäre reizvoll, wäre unsere Liga im chinesischen TV zu sehen.»
Vier Jahre vor den Olympischen Spielen in Peking strebt China – das Land hat bloss 548 lizenzierte Spieler – nach Wachstum. «Alleine im alpinen Bereich will das Land 300 Millionen Bürger zum Sport bringen. Das entspricht einem Viertel der Bevölkerung», sagt Walter Mengisen, Vizedirektor Baspo.
Chinesen essen Schwinger-Portionen
Die Chinesen, die in Magglingen wohnen, sind zwischen 18 und 23 Jahre alt. Für sie stellt auch das Leben hierzulande eine Herausforderung dar. Statt Sauce schütten einige Birchermüesli über den Salat. Und Liu Zhiwei sagt: «Wir waren zunächst angetan von Pasta und Brot. Doch es schmeckt ungewöhnlich. Auch der Käse. Aber ich versuche ihn trotzdem zu lieben.» Was der Goalie mag? «Pizza!» Laut Mengisen vertilgen die Spieler Portionen so gross wie Schwinger.
Um sich die Namen zu merken, hängt in Köllikers Büro eine Liste samt Fotos. «Die Chinesen danken mir nach jedem Training, applaudieren nach Theorie-Lektionen.» Was den 65-Jährigen auch überraschte? «Gehen sie in die Massage, behalten sie ihre Kleidung an.» Wenig Motivation bringen sie fürs Krafttraining auf. «Man muss sie peitschen.»
Seit zwei Wochen sind die Chinesen hier, haben gegen zwei Zweitligisten 1:6 und 1:11 verloren. «Das ist nicht gut fürs Image», findet Kölliker. «Wir sind noch zu wild, haben taktisch Nachholbedarf.» Doch nun steht erst ein Ausflug nach Bern an.