Auf einen Namen wird HCD-Präsident Gaudenz Domenig beim Spengler Cup immer wieder angesprochen, wenn er seiner Hauptaufgabe beim Traditionsturnier, dem Händeschütteln von wichtigen Leuten und solchen, die es schätzen, wie wichtige Leute behandelt zu werden, nachgeht: Peter Buser.
Seit der 82-Jährige mit seiner Stiftung und dem Projekt «World Music Forum», das in Davos jeweils am WEF und am Spengler Cup ein klassisches Konzert veranstalten will, als Stadionsponsor beim HCD eingestiegen ist, hat der Exzentriker für mächtig Wirbel gesorgt. So stellte Buser in einem Beitrag des «Sportpanoramas» ein sonderliches Frauenbild zur Schau, als er eine junge, dunkelhäutige Frau am Boden sitzen liess und erklärte: «Sie muss in einer untertänigen Stellung sein. Weil ich bin der Herr und sie ist … Früher war sie eine Sklavin, jetzt ist sie eine untergebene Frau.»
«Finde das Statement ‹birräweich›»
«Ich finde das Statement ‹birräweich›», distanziert sich Domenig. «Doch es ist nicht verboten.» Man könne Buser, den er von Anfang an als «schrägen Vogel» eingestuft habe, nicht ganz ernst nehmen. «Da schüttelt doch jeder Schweizer den Kopf – mit Ausnahme von fünf, die auch bizarr denken.»
Man habe sich schon auch überlegt, den Stecker zu ziehen, sagt der 63-Jährige. Man habe sich aber dagegen entschieden, ein «eigentlich gutes» Projekt zu stoppen, «nur weil einer der Stiftungsräte, auch wenn es der wirtschaftlich adominante ist, einige bizarre Statements von sich gibt».
Der HCD-Boss ist allerdings überzeugt, dass der Exzentriker mit seinem Auftritt das Projekt stark beschädigt hat. Dennoch will der HCD seinen Verpflichtungen nachkommen und zweimal jährlich einen Konzertpavillon aufstellen.
Finanziell ist Busers Sponsoring höchst attraktiv. Während acht Jahren bezahlt er einen Betrag von über einer Million Franken jährlich.
Zum monetären Motiv kommt beim Wirtschaftsanwalt die juristische Seite (nicht Buser selbst, sondern dessen Stiftung sei Vertragspartner) und seine Haltung. «Ich habe ein amerikanisches Verständnis von ‹Free Speech›. Ich bin ein relativ extremer Verfechter von Rede- und Pressefreiheit, solange es kein direkter Aufruf zur Gewalt ist.»
Geprägt haben den Mann aus dem Zürcher Vorort Forch die Jahre im Ausland. Er studierte in Schweden, Finnland und den USA. Und zwar nicht primär Jura, sondern Ballett.
Im Ballett gescheitert
Er sei vom Ballett-Maestro George Balanchine (1904–’83) fasziniert gewesen. «Ich wollte das auch probieren und war dann in der Schweizerischen Ballettberufsschule», erzählt Domenig, dessen Figur wenig von dieser Vergangenheit verrät. «Doch ich habe, wie man das als guter Schweizer macht, noch ein Studium nebenher gemacht.» Sein grosser Traum war allerdings das Ballett. Deshalb setzte er seine Ausbildung im Tanzmekka New York fort.
Nur reichte sein Talent nicht, um da Karriere zu machen. «Ich war ein Dritt- bis Viertlinienspieler in der Nati B», macht der HCD-Boss einen Vergleich mit dem Eishockey.
Während andere Tanzstudenten abends kellnern mussten, setzte Domenig, der finanziell von seinen Eltern unterstützt wurde, sein Jurastudium fort. So legte er zwar nicht die Basis für eine Ballett-, aber eine Anwaltskarriere. «Da war mein Talent sehr viel grösser. Sicher auf Nati-A-Level.»
Für Domenig war das Scheitern im Ballett «eine grosse Niederlage», die für sein Leben «sehr wichtig gewesen» sei. Zwei Jahre arbeitete er in einem New Yorker Anwaltsbüro. Sechs Tage die Woche. Von 9 bis 23 Uhr.
In New York, wo ihn lange jeder für homosexuell hielt, lernte der junge Schweizer seine jetzige Frau Doy-Young kennen. Sie war Tänzerin im koreanischen Nationalballett. Ihr Talent stuft Domenig auf NLA-Drittlinien-Niveau ein.
Später pendelte Domenig während zehn Jahren von Zürich für die letzte Woche des Monats nach New York, wo seine Frau lebte und die Kinder Flurin Sang-Hui (25) und Livia Sang-Wha (23) zur Welt kamen.
Tanzt Domenig noch Ballett? «Nein, das ist unmöglich ohne regelmässiges Training.» Inzwischen tanzt er mit seiner Frau, die den argentinischen Tanz in Zürich unterrichtet, nur noch Tango.
«Del Curto ist noch nicht bereit»
Wie kam Domenig zum HCD? Da sein Vater aus Davos stammt und die Familie dort die Skiferien verbrachte, hatte der Zürcher, der schon als Bub HCD-Fan war, stets eine Bindung zum Klub. «Ich war immer ein Bündner Patriot. Ich habe das stets zelebriert», sagt er auf Zürichdeutsch. Der Weg zum HCD führte über die Burkhalter Gruppe, bei der er im Verwaltungsrat ist und der jetzige Davoser Landammann Tarzisius Caviezel CEO war.
Als der HCD 2003 vor dem Konkurs steht, bittet Caviezel den Anwalt, beim Rekordmeister zum Rechten zu sehen. Die Rettung gelingt dank Zeichnung von Aktien, Verzichten und Spenden in der Höhe von 4,8 Millionen. Caviezel wird HCD-Präsident und Domenig -Verwaltungsrat.
Seit 2013 ist der Heimweh-Bündner Nachfolger seines Jagdkollegen als HCD-Boss. In der Zeit, als Arno Del Curto noch da war, sei sein Arbeitsaufwand für den Klub noch grösser, etwa 20 bis 30 Prozent, gewesen. «Arno hat in Sachen Sport direkt an mich rapportiert. Ich habe jeden Spielervertrag verhandelt.» Das ist nun nicht mehr nötig, seit Raeto Raffainer im Sommer als Sportchef übernommen hat.
Hat der HCD-Boss noch Kontakt zu Del Curto? «Ich habe eben erst mit ihm telefoniert», sagt Domenig. «Ich habe ihn gefragt, ob er nicht an den Spengler Cup kommen wolle. Doch ich wusste schon, was die Antwort sein würde. Ich hatte ihn schon vor einigen Wochen zu einem Spiel eingeladen. Doch er sagte, dass er noch nicht so weit sei. Ich denke, beim 100-Jahr-Jubiläum 2021 wird er dabei sein.»
Die Zeit nach der Ära eines langjährigen Erfolgstrainers sorgt meist für Probleme, wie man im Fussball bei Manchester United nach Sir Alex Ferguson und Arsenal bei Arsène Wenger sehen konnte. Doch beim HCD funktionierte der massive Umbruch mit nun zeitgemässen Strukturen bestens. «Holz anfassen», sagt Domenig vorsichtig.