Das vermaledeite Virus hat dem Traditionsevent in Davos, bei dem das Jahr sonst in einer sechstägigen Dauerparty endet, seiner wichtigsten Komponente beraubt. Ein Fest ohne Gäste? Sinnlos.
Die Veranstalter schluckten Ende September die bittere Pille und sagten den Spengler Cup ab. «Es tut weh, keinen Spengler Cup zu haben. Nicht nur von der finanziellen Komponente her, sondern auch emotional», sagt Jacqueline Kühne, die Projektleiterin des Turniers.
Dem HCD entgehen rund 2,5 Millionen Franken
Durch den Ausfall des Turniers, das eine zentrale Einnahmequelle für den HCD ist, dürften dem Klub rund 2,5 Millionen Franken entgehen. Und sportlich? «Wir hätten natürlich gerne gezeigt, dass wir es besser machen können», sagt HCD-Sportchef Raeto Raffainer und meint damit den missglückten, sieglosen Auftritt im letzten Jahr mit der 1:5-Pleite gegen das Team Canada, bei dem man zahlreiche Stars schonte, als Tiefpunkt.
Ganz ohne Eishockey wird Davos über die Festtage aber nicht auskommen müssen. Heute gegen Lugano, morgen gegen Ambri und am 30. Dezember gegen Zug (live auf SRF2) wurden NL-Spiele angesetzt. Und für seine Fans plant der HCD dabei ein Autokino auf den Werbe-Bildschirmen vor dem Stadion.
Und auch sonst hat sich der HCD etwas einfallen lassen. Als man das Turnier absagen musste, habe sie das Projekt des E-Spengler-Cups aus der Schublade gezogen, das man vor zwei Jahren erarbeitet habe, sagt Kühne. «Den Spengler Cup gibts ja bereits als Zusatzspiel im NHL-Game und wurde 2019 in Nordamerika rund 170'000 Mal auf der Konsole gespielt. Wäre nicht die Corona-Krise, hätten wir keine Ressourcen gehabt, dieses E-Turnier hier nun so aufzugleisen. Ich bin also trotzdem im Spengler-Cup-Thema, einfach in der digitalen Welt. Doch das entschädigt nicht ganz für den Ausfall des richtigen Anlasses.»
Im Schnitt 136'000 TV-Zuschauer
Sie werde in diesen Tagen nicht zum renovierten Stadion gehen. «Das versetzt einen Stich. Genau jetzt hätten wir in und um das Stadion eine perfekte Infrastruktur, und nun steht es leer», so Kühne.
Hart trifft es auch das Fernsehen, das seit 60 Jahren aus Davos überträgt. Die Live-Spiele wurden zu einem fixen Bestandteil des Festtagsprogramms. Mancher wurde so fürs Eishockey begeistert. Letztes Jahr schauten durchschnittlich 136'000 Zuschauer die elf Spiele auf SRF. Mit 196'000 erreichte der Halbfinal zwischen Ambri und Trinec den höchsten Wert.
«Die Übertragungen begeistern nicht nur Hockeyfans, sondern erreichen ein breites Publikum. Das Flair des Spengler Cups mit Winterlandschaften, spannenden Spielen und das ganze Drumherum fehlt dieses Jahr und das bedauern wir natürlich sehr», sagt Daniel Bolliger, Bereichsleiter Sport Live bei SRF. «Ohne den Spengler Cup werden die Quoten von SRF zwei sicher nicht auf dem Niveau des Vorjahres bleiben. Wir freuen uns aber schon jetzt auf die Austragung 2021.»
Der populäre Moderator Jann Billeter hat Verständnis dafür, dass das Turnier abgesagt wurde. «Es schmerzt, doch es ist das einzig Richtige», sagt er. Der 48-Jährige hat eine lange Beziehung zum Turnier. Er ist in Davos geboren und aufgewachsen und spielte bei den HCD-Junioren. So war er es Junge als Helfer für das Team Krylja Moskau eingeteilt und hat noch gut in Erinnerung, wie die Augen der Spieler aus der damaligen Sowjetunion leuchteten, als er ihnen neue Schuhbändel besorgte.
SRF mit Spengler-Cup-Retro-Abend
Trotz Absage gibt es auf SRF Spengler Cup zu sehen: Am Sonntag (27. Dezember) zeigt SRF um 18.25 Uhr «Legendäre Spengler Cup Momente», nachdem man während des Lockdowns eine sehr positive Resonanz auf die Retro-Sendungen über die Playoffs und die Weltmeisterschaften von 2013 und 2018 gehabt habe.
Mit 16 Erfolgen ist das Team Canada der Rekordsieger. Die Kanadier steigen jeweils im Hotel Grischa ab und feiern dort Weihnachten und Neujahr. Erst kürzlich habe sich General Manager Sean Burke bei ihm gemeldet, erzählt Hotelier Maurice Parrée. «Er schrieb, dass ihm das Grischa sowie die tolle Atmosphäre in Davos fehle und er hoffe, dass sie nächstes Jahr wieder normal kommen können. Eine schöne Wertschätzung.»
Als Verwaltungsrat von «Davos Tourismus» kann Parrée, dessen beiden Söhne beim HCD spielen, einschätzen, was der Ausfall des Turniers für den Kurort bedeutet. «Die Fans fehlen uns, das konsumfreudige Publikum. Und vor allem das Hinaustragen des Turniers in die Hockey-Welt. Denn der Spengler Cup ist Teil der kanadischen Sportkultur und wird dort immer am TV geschaut. Davon profitiert Davos natürlich als Destination.»