«Mir ist egal, wer gegen Davos verliert»
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Mister Spengler Cup Pargätzi:«Mir ist egal, wer gegen Davos verliert»

«Ich begann als Putzfrau»
Fredi Pargätzi ist seit 57 Jahren am Spengler Cup

Fredi Pargätzi (66) ist Mister Spengler Cup. Er war Mädchen für alles, Spieler und Präsident beim Traditionsturnier. Im BLICK-Interview spricht er über seine 57 Jahre «Ehe».
Publiziert: 25.12.2019 um 16:02 Uhr
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Aktualisiert: 27.12.2019 um 08:52 Uhr
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Fredi Pargätzi (66) ist Mister Spengler Cup.
Foto: Keystone
Daniel Leu

Herr Pargätzi, der erste BLICK erschien 1959. Wie sah Ihr Leben 1959 aus?
Fredi Pargätzi:
Ich war sechs Jahre alt und kam in der Zeit in die Schule. Davos war damals schon recht gross. Es gab viele traditionelle Hotels und Sanatorien, und der Schnee wurde zum Teil noch von Pferden mit Anhängern weggeschleppt.

Welche Träume hatte der sechsjährige Fredi?
Damals stellte sich vor allem eine Frage: Werde ich Skifahrer oder Eishockeyaner? Bis in die dritte Klasse stand ich vor allem auf den Skiern, doch 1962 trat ich dem HCD bei.

Und kamen so das erste Mal mit dem Spengler Cup in Berührung?
Das Stadion hatte zu der Zeit noch kein Dach. Wir standen während den Spielen immer davor, denn zehn Minuten vor Spielschluss liess man die Kinder gratis rein. Als HCD-Junior war es dann immer das grosse Ziel, ein so genannter Fugi zu werden.

Was war das?
Die waren am Spengler Cup die Mädchen für alles. Sie waren dabei, als die Teams in Kloten ankamen. Durften neben der Spielerbank stehen und den Hockeyanern etwas zu trinken oder ein Isolierband reichen. Und nach dem Spiel mussten sie die Kabine aufräumen. Man kann also sagen, dass ich als Putzfrau beim Spengler Cup begonnen habe (lacht).

Welche Teams betreuten Sie?
Ich wollte immer zu den Schweden. Meine erste Mannschaft war dann auch MoDo (MoDo Hockey, ein schwedischer Verein aus Örnsköldsvik in Mittelschweden, Anm. d.Red.)

Wie sah der Spengler Cup in den 60er-Jahren aus?
Schon damals kamen die Zuschauer aus der ganzen Schweiz nach Davos. Weil wir noch kein Dach hatten, waren die Spiele sehr wetteranfällig. Schneite es heftig, musste das Eis alle fünf Minuten geputzt werden.

1969 liefen Sie das erste Mal selbst beim Spengler Cup auf.
Der HCD stieg zuvor erstmals in die Nati B ab. Dann kam Bibi Torriani als Trainer, der sehr auf uns Junge setzte.

Ihr Debüt verlief aber ernüchternd!
Wir verloren gegen Lokomotive Moskau zweistellig. Und auch in den anderen Spielen waren wir chancenlos. Trotzdem war das für mich natürlich ein Highlight.

Wie ambitioniert strebten Sie damals eine Profi-Karriere an?
Was wir spielten, war im Vergleich zu heute eine andere Sportart. Wir waren Amateure und verdienten wenig bis nichts. Selbst wenn wir ein Auswärtsspiel hatten und erst um 2 Uhr nach Hause kamen, gingen wir morgens um 8 Uhr wieder ins Büro. Bis 16 gehörte ich zu den besseren Spielern der Schweiz und spielte auch für die Junioren-Nati. Doch mit etwa 20 stagnierte ich. Ich war zwar talentiert, aber wahrscheinlich fehlte mir der Biss.

Ein Highlight gab es aber: Sie wurden südafrikanischer Eishockeymeister!
In Südafrika gab es eine wilde Liga, mit Spielern aus Europa und Nordamerika. Die spielten, wenn bei uns Sommer war. 1975 wurde ich eingeladen. Die Liga bestand aus drei Teams. Ich spielte für die Kanadier. Die Spiele in einem wunderschönen Stadion waren immer ausverkauft. Wir hatten richtig viel Spass.

In Südafrika gab es damals die Apartheid, die Rassentrennung.
Nur Weisse durften sich unsere Spiele anschauen. Wir lebten in einem Hotel ausserhalb von Johannesburg. Dort gab es einen Mitarbeiter, der schwarz und dessen grösster Wunsch es war, sich einmal ein Eishockeyspiel anschauen zu dürfen. Wir nahmen ihn deshalb einmal mit und sagten beim Stadion, er sei unser Materialverwalter. So durfte er rein. Er stand während des ganzen Spiels hinter dem einen Tor und strahlte wie ein Maienkäfer.

Wir machen einen Sprung zurück zum Spengler Cup. Ich würde Ihnen gerne ein paar Stichworte geben. Das erste lautet Rochester.
Als Spengler-Cup-Präsident wollte ich immer neue Wege gehen und neue Teams verpflichten. 1996 holte ich mit Rochester zum ersten Mal eine AHL-Mannschaft nach Davos. Vor dem ersten Auftritt war ich dann ziemlich nervös und hoffte, sie bekämen nicht zu sehr aufs Dach. Im Eröffnungsspiel gegen den HCD gingen sie 1:0 in Führung und ich dachte: Super, es läuft.

Es kam anders!
Das kann man sagen. Der HCD führte schnell einmal 5:1. Ich dachte, das kann doch nicht wahr sein, das gibt ein Debakel. Deshalb ging ich in der Pause in die Kabine und sagte Arno: «Du musst mir helfen. Sag deinen Jungs, sie sollen einen Gang zurückschalten.»

Hat Del Curto auf Sie gehört?
Ja, zum Glück. Während des Spiels hat er immer wieder zu mir rübergeschaut und geschmunzelt.

Das nächste Stichwort: Juha Lind.
Er spielte 1997 für Jokerit Helsinki am Spengler Cup. Nach dem letzten Spiel ging die ganze Mannschaft noch in den Ausgang. Am nächsten Morgen hatten sie die grandiose Idee, Skifahren zu gehen. Das Wetter war schlecht, Juha kam von der Piste ab, blieb liegen und wäre im Tiefschnee beinahe eingeschlafen. Zum Glück fand ihn ein Patrouilleur. Juha hatte grosses Glück, das hätte tragisch enden können.

Sturm Lothar 1999.
Zu der Zeit spielte Färjestad regelmässig bei uns. Sie hatten aber immer eine Bedingung: Sie wollten erst am 26. Dezember anreisen und abends schon spielen. Da haben wir am Morgen jeweils immer gezittert, ob alles klappt. So auch 1999, als Sturm Lothar aufzog. Färjestad konnte im letzten Moment in Kloten noch landen, danach ging am Flughafen für den Rest des Tages nichts mehr.

Hätten Sie einen Plan B gehabt?
Wir erzählten damals immer, wir hätten einen gehabt, aber unter uns: Den Plan B gab es nicht.

Das waren jetzt alles eher negative Geschichten. Was war Ihr Höhepunkt als Spengler-Cup-Präsident?
Ich habe es immer genossen, mit den Hockeyspielern zusammenzuarbeiten. Das sind alles keine Diven mit Ansprüchen. Dieses Star-Gebärde, das wir aus anderen Sportarten kennen, gibt es nicht. Die Hockeyspieler sind alle bodenständig und anständig. Auch bei den Geldforderungen. 2012 war natürlich der Höhepunkt mit all den NHL-Spielern. Sie alle in Davos vereint zu haben, war unglaublich.

Für den HCD ist das Turnier enorm wichtig. Gilt die Gleichung «ohne Spengler Cup kein HCD» noch immer?
Ja, das ist auch heute noch so. Der HCD ist ein Klub aus einer Randregion mit Standortnachteilen. Hier gibt es keine grossen Firmen, die uns finanziell unterstützen. Wir sind deshalb auf andere Geldquellen angewiesen. Eine davon ist der Spengler Cup. Er ist profitabel und wirft jedes Jahr Gewinn ab, der zu 100 Prozent in den HCD fliesst.

Manche kritisieren den Spengler Cup als Grümpelturnier.
Grümpelturniere sind in der Schweiz ja äusserst beliebt (lacht). Ich teile die Meinung natürlich nicht. Bei uns kriegt der Sieger einen Pokal, wie in der National League. Er gewinnt einen Titel, wie in der National League. Es geht letztlich ums Gleiche, mit einem Unterschied: Wir sind ein Einladungsturnier und entscheiden, wer kommt und wer nicht. Die Spiele am Spengler Cup sind möglicherweise weniger physisch, dafür spielerischer. Die Zuschauer mögen das, das belegen die Zahlen. Ja, wir sind zum Teil ein Plauschturnier. Aber warum soll man im Leben keinen Plausch haben?

Wo steht der Spengler Cup in zehn Jahren?
Eine schwierige Frage. Wie sieht die Welt in zehn Jahren aus? Ich bin davon überzeugt, dass der Spengler Cup noch immer den Bedürfnissen des Marktes entsprechen wird. Unser Vorteil wird das neue Stadion sein. Es wird nicht das grösste Hockeystadien der Welt, aber das schönste werden. Auch Sydney Crosby sieht das so.

Woher wissen Sie das?
Im Sommer 2018 trainierte er per Zufall bei uns in Davos. Auf einmal stand er mit seiner Hockeytasche vor dem Stadion. Als er ins Stadion reinkam, schaute er sich um und sagte: «Wow». Das sei unglaublich schön. So etwas hätte er zuvor noch nie gesehen.

Letzte Frage: Konnten Sie wegen des Spengler Cups jeweils Weihnachten geniessen?
Das ist der Preis, den ich, aber vor allem meine Familie, bezahlen musste. Zwischen 1990 und 2015 gab es für mich eigentlich keine Weihnachten. Ich war zwar physisch da, gedanklich aber weg und dauernd am Telefon. Das war für meine Frau und meine drei Kinder nicht schön. Und das tut mir rückblickend auch leid.

Spielplan Spengler Cup 2019

Gruppenphase

Donnerstag, 26. Dezember

  • HC Ambrì-Piotta - Salawat Julajew Ufa (T) 4:1
  • Ocelari Trinec - Team Canada (C) 1:4

Freitag, 27. Dezember

  • TPS Turku - Ufa (T) 4:3
  • HC Davos - Trinec (C) 1:4

Samstag, 28. Dezember

  • Ambrì - Turku (T) 3:0
  • Canada - HC Davos (C) 5:1

Viertelfinal

Sonntag, 29. Dezember

  • Turku - Davos 3:1
  • Trinec - Ufa 3:2

Montag, 30. Dezember

  • Team Canada - Turku 6:0
  • Ambri - Trinec 2:3 n.V.

Final

Dienstag, 31. Dezember

  • 12.10 Uhr: Team Canada - Trinec

Gruppenphase

Donnerstag, 26. Dezember

  • HC Ambrì-Piotta - Salawat Julajew Ufa (T) 4:1
  • Ocelari Trinec - Team Canada (C) 1:4

Freitag, 27. Dezember

  • TPS Turku - Ufa (T) 4:3
  • HC Davos - Trinec (C) 1:4

Samstag, 28. Dezember

  • Ambrì - Turku (T) 3:0
  • Canada - HC Davos (C) 5:1

Viertelfinal

Sonntag, 29. Dezember

  • Turku - Davos 3:1
  • Trinec - Ufa 3:2

Montag, 30. Dezember

  • Team Canada - Turku 6:0
  • Ambri - Trinec 2:3 n.V.

Final

Dienstag, 31. Dezember

  • 12.10 Uhr: Team Canada - Trinec
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