Davos-Trainer Arno Del Curto treibt am Eröffnungstag des Spengler Cups seine Spieler mit Zurufen an. Plötzlich schreit er einen Frauennamen. «Florence, ein Meter füra!» Nein, damit meint Del Curto keine Zuschauerin an der Bande. Sondern Torhüterin Florence Schelling (25).
Die Zürcherin hat die Einladung von Del Curto für ein Warm-up angenommen. Der Davos-Trainer, der als Chefredaktor des BLICK-Spengler-Cup-Extra amtete, hatte diese darin ausgesprochen.
Vor dem Aufwärmen an diesem Matchtag trifft die Nati-Torhüterin (WM-Bronze 2012, Olympia-Bronze 2014) früh genug in der Eishalle ein, fachsimpelt mit HCD-Keeper Leonardo Genoni, begrüsst Goalietrainer Marcel Kull. Dass sie, umgeben von Männern, ihre Ausrüstung anziehen muss, ist für Schelling nichts Aussergewöhnliches. Bei Bülach (1. Liga) spielt sie seit letzter Saison im Männerteam.
Trotzdem wird sie in Davos überrascht: «Ich hätte nicht erwartet, dass ich mich in der NLA-Garderobe umziehen darf. Für die HCD-Spieler ist es ja ungewohnt, eine Frau hier drin zu haben.» Kaum angezogen, ruft sie der HCD-Trainer zur obligaten Ansprache vor dem Team, die Kabinentüre wird geschlossen.
Goalietrainer Kull gibt Schelling danach Anweisungen, in welchem Tor sie das Warm-up beginnen soll. Sie sind füreinander keine Unbekannten. In der U15-Auswahl vor elf Jahren war der 62-Jährige bereits ihr Trainer – im Jungs-Team, wohlbemerkt. «Man sah schon damals ihr grosses Talent», so Kull.
Noch andere Gesichter sind Schelling bestens bekannt. Mit Goalie Leonardo Genoni (27), Stürmer Sven Ryser (24) und Verteidiger Luca Camperchioli (23) spielte sie einst bei den Junioren der GCK Lions.
Auf dem Eis ist Florence voll bei der Sache. Der Tempoanstieg – sowohl vom Frauen- als auch vom 1.-Liga-Hockey – ist für die Torhüterin selbst in einem Aufwärmtraining eines NLA-Teams enorm. Da es nicht ihr erstes Mal ist, macht die Zürcherin eine gute Figur. Letzte Saison durfte Schelling bei den Kloten Flyers das Goalietraining absolvieren. Trotzdem: «Das war eine riesige Herausforderung für mich. Denn ich stand ins Tor mit dem Wissen, dass jetzt die besten Schüsse kommen werden die ich je parieren musste», sagt sich nach der halben Stunde ausser Atem.
Denn Kull schenkt ihr nichts. Nachdem der Grossteil des HCD das Eis verlassen hat, drillt er sie mit Ryser, Camperchioli, Scharfschütze Enzo Corvi und Gregory Hofmann sowie Verstärkungs-Goalie Tim Wolf (Lakers) noch mit speziellen Übungen im nahen Torraum. «Das war ein anstrengendes Work-out nach Weihnachten», sagt sie lachend. Und ein für sie unvergessliches zugleich, weil Florence Schelling in ihrem Lebem noch keinen Spengler Cup verpasst hat.