BLICK: Sie blicken auf ein Wahnsinnsjahr zurück. Im Oktober wurde ihr Traum vom Hockey-Naticoach zerstört. Sie brachen in Tränen aus.
Kevin Schläpfer: Ich kann nichts dafür, meine Stimme versagte. Ich habe vielleicht eine Träne vergossen. Das alles geschah aus Dankbarkeit. Es gibt keine grössere Ehre, als wenn dich die Nati unbedingt will und der Klub dich nicht gehen lässt.
Wieso machten Sie damals Ihre privaten Probleme öffentlich?
Ich wollte, dass die Leute verstehen, weshalb ich nicht Nati-Trainer wurde. Alle wissen: Wer will, kommt aus einem Vertrag heraus. Ich hätte tatenlos an der Bande stehen können. Biel hätte handeln müssen. Ich wollte, dass die Leute wissen, dass mehr dahintersteckt.
Es geht um Ihre Kinder.
Ich bin seit acht Jahren geschieden, führe seither mit meiner Ex-Frau einen Rosenkrieg und kämpfe um die Besuchstage meiner Kinder. Sie sind für mich das Wichtigste auf der Welt. Biel hat mir immer die Stange gehalten.
Wie konnte Ihnen der Klub helfen?
Elvis war 9. Lovis 5. Elisha 3. Ich durfte sie in die Garderobe nehmen. Während den Spielen konnten sie direkt hinter mir sitzen, in der Pause zu mir kommen und auch mal einen Disney-Film in meinem Büro schauen. Und ich durfte ihretwegen schon ein Training abbrechen.
Sie sagen, als Mann habe man die Arschkarte gezogen.
Geht es um das Besuchsrecht, sind Männer eingeschränkt. Wenn die Frau will, gerät man in Turbulenzen. Dann muss man kämpfen wie ein Löwe. Ich wurde auch schon angezeigt.
Worum geht es?
Elvis wollte mit 12 Jahren nicht mehr nach Hause und lebt nun bei mir. Jetzt stehe ich vor Gericht. Es geht um Entzug eines Minderjährigen. Es gibt auch andere Dinge: Es ist Besuchstag. Ich nehme extra frei, will die Kinder abholen und klingle an der Tür. Doch es öffnet niemand. Dabei höre ich die Kinder in der Wohnung.
Kommt das oft vor?
Ab und zu. Das ist dann auch emotional sehr schwierig. Ich muss jeweils schmunzeln, wenn von Gleichberechtigung gesprochen wird. Ich bin auch dafür. Aber konsequent und überall.
Welche Rolle spielen die Behörden?
Für sie ist es nicht leicht. Sie unterstützen uns, schauen, dass das Besuchsrecht eingehalten wird. Zweimal pro Woche bekomme ich die Kinder.
Wie oft sind Sie vor Gericht?
Einmal pro Jahr muss ich schon antraben. Und das seit acht Jahren. Aber ich will auf keinen Fall meine Ex-Frau angreifen. Für einen Streit braucht es zwei. Schade ist, dass ich nicht weiss, weshalb ich diesen Rosenkrieg habe. Ich liebte meine Frau über alles, machte alles für sie. Dass man sich irgendwann nicht mehr liebt und sich trennt, kann jedem Paar passieren. Dass man sich aber so bekämpfen muss, ist mir unverständlich.
Wie gehen die Kinder damit um?
Für Elvis ist es manchmal schwierig. Elisha und Lovis kennen es nicht anders. Für mich ist es wichtig, dass ich sie sehen kann. Wir geben uns Energie. Und spüren unsere Liebe.
Seit inzwischen fünf Jahren haben Sie eine neue Partnerin.
Nicole ist für mich ein Glücksfall. Findet man eine Partnerin, welche die ganze Situation akzeptiert und sich mit den Kindern so gut versteht, ist das ein Lottosechser. Meine Familie ist mein Ein und Alles.
Woran denken Sie sonst noch, wenn Sie auf das aufwühlende 2015 zurückblicken?
An die Playoff-Quali. Für mich einer der grössten Erfolge. Früher hiess es stets, wir hätten es nur dank Reto Berra, Patrick Kane oder Tyler Seguin geschafft. Nun war es wirklich eine Teamleistung.
In den Playoffs wurden Sie von ZSC-Coach Marc Crawford verhöhnt.
Eine Riesengeschichte, die sich für mich zum Positiven gewendet hat. Seither geniesse ich in Zürich viele Sympathien. Als ich meine Weihnachtseinkäufe erledigt habe, riefen mir wildfremde Menschen «Hey Hollywood» nach.
Haben Sie sich damals geärgert?
Nein. Ich verstand nicht, was mit Crawford los war. Deshalb machte ich diese Showeinlage, fuhr mir mit der Hand durchs Haar. Für uns war diese Serie eine grosse Sache. Wir standen als Achter im Fokus.
Fühlen Sie sich eigentlich wohl als Galionsfigur, die regelmässig ins TV-Studio eingeladen wird?
Ich suche die Interviews nicht. Aber sie gehören zum Job. Das ist unser Lohn, unser Marktwert.
Sie sind Biels Marketing-Maschine. Ohne Sie hätte der Klub nicht diese Beachtung.
Das kann ich nicht beurteilen. Ich will unser Produkt verkaufen und es pushen. Das mache ich gerne. Hockey ist der beste Sport der Welt.
Es gibt Leute, die Sie als Plauderi bezeichnen.
Das stört mich nicht. Lieber mal einen Spruch zu viel als ein zurückhaltender Typ, der sich scheut, etwas zu sagen. Niemand ist überall beliebt. Ich bin gradlinig, habe wohl eine grosse Klappe. Aber ich bin kein Angeber.
Sie sind bekannt als Spassmacher. Gibt es andere Momente?
Ja, wenn ich meine Eltern auf dem Grab besuche. Dann bin ich sehr nachdenklich und frage mich, wo sie jetzt wohl sind und was nach dem Tod kommt. Ich rede auch mit ihnen, erzähle, was hier so läuft.
Sind Sie nie frustriert?
Selten. Wenn es schlecht läuft, merke ich, dass sich in mir etwas aufbaut, das immer stärker wird. Ich habe etwas, das mir Kraft gibt. Oft gehe ich um Mitternacht spazieren. Dabei verarbeite ich das Geschehene. Solange man gesund ist, gibt es nichts zu jammern. Der Rest liegt in meinen Händen. Das ist mein Motto.
Sie sind sehr emotional. Ist das nicht aufreibend?
So bin ich. Das ist das Salz in der Suppe.
Sie brachen vor zwei Jahren an der Bande zusammen!
Ja, aber da erlitt meine Mutter kurz vor den Playoffs einen Herzstillstand. Ich entdeckte sie in der Wohnung. Ein Schock. Gleichzeitig wusste ich, dass ich die Beerdigung organisieren und die Wohnung räumen musste. Zudem waren wir mitten im Playoff-Kampf. Ich hatte Angst, dass ich es nicht packen würde, wäre es um den Abstieg gegangen. Also schob ich die Trauer beiseite.
Sprechen Sie weiter.
Im entscheidenden Spiel sackte ich nach jedem Tor weiter in mich zusammen. Als ich nach dem 3:0 wusste, dass wir die Playoffs schaffen, zog es mir den Boden unter den Füssen weg. Ich machte mir Sorgen, fragte mich, was mit mir nicht stimmt. Dabei war es einfach emotional zu viel.