In der Wirklichkeit sind die Playoffs dem Coronavirus zum Opfer gefallen. Doch BLICK schiebt die Realität für einmal beiseite. Und lässt die Spieler und Teams fiktiv doch um den Meistertitel kämpfen. Hockey-Experte Dino Kessler schreibt Runde für Runde, wie es gelaufen wäre, wenn das Virus nicht dazwischengefunkt hätte, und krönt zum Schluss den einzig wahren – wenn auch fiktiven – Schweizer Meister 2020.
Jetzt: Runde 3 der Finalserie. Am Montag: Spiel 4.
ZSC Lions (1.) – Zug (2.) 4:2 (Stand 1:2)
Wäre der Begriff «neutrale Beobachter» keine Erfindung von irgendwelchen sportuntauglichen Besserwissern, würden diese neutralen Beobachter gerade von der bisher wahrscheinlich besten Serie der Playoff-Geschichte berichten. Die Anhänger des EV Zug können sich leicht als neutrale Beobachter mit scharfem Auge für den sportlichen Gehalt ausgeben, nach zwei Siegen tut man sich mit grosszügigen Urteilen wesentlich leichter. Zürcher sehen die Sache anders. Der sportliche Gehalt ist Nebensache, was zählt und an den Nerven zerrt, sind die beiden Niederlagen.
Trainer Rikard Grönborg versprach für das Spiel am Samstag einen «Nussknacker», eine Massnahme um den Gegner aus seiner Komfortzone zu locken.
Lions mit Goaliewechsel
Der Hase, den Grönborg aus dem Hut zaubert, ist Torhüter Fredrik Pettersson Wentzel (Bild r.), nominell die Nummer drei hinter Flüeler und dem angeschlagenen Ortio. Für Pettersson Wentzel muss Stürmer Fredrik Pettersson über die Klinge springen – was die Sache zumindest für den Stadionsprecher einfacher macht. Vornweg: Wentzel hält, was zu halten ist, ein Upgrade zu Flüeler ist er aber nicht, der Wechsel ist eine Nebelgranate. Trotzdem hat dieser strategische Kniff etwas verändert: Zum ersten Mal in dieser Serie erhalten die Zürcher Zugriff auf die Zone hinter der EVZ-Abwehr. Bisher wurden die Angriffe meist in der neutralen Zone abgefangen oder zumindest entschleunigt, gestern gelingen Pässe über die Schnittstellen in der Mitte auf die schnellen Flügel. Besonders Wick, Bodenmann oder Suter kommen so immer wieder in den Genuss guter Möglichkeiten, eingefädelt in der Regel durch Roe, Roe oder Roe.
Der ZSC legt auf diese Weise in einer mitreissenden Partie drei Tore vor, drei Mal heisst der Torschütze Roman Wick. Zug reagiert ab Spielmitte mit wütenden Gegenangriffen, scheitert aber in letzter Konsequenz am Zeitmanagement. Die Schlussoffensive folgt wie erwartet, aber wohl etwas zu spät: Als der EVZ alles auf eine Karte setzt, fehlt in der aufgeheizten Atmosphäre die Übersicht, und der unvermeidliche Treffer ins leere Tor besiegelt den ersten Zürcher Sieg. Grönborg muss sich allerdings die Frage stellen, ob er am Montag erneut einen Nussknacker braucht. Vielleicht reicht auch Fredrik Pettersson, ohne Wentzel. Das Rezept hat Grönborg offenbar gefunden. Es steckt in der Taktik, nicht zwischen den Pfosten.