38,5-Millionen-Geschenk der Gemeinde
Der EHC Visp ist in der Swiss League zum Erfolg verdammt

Eishockey im Wallis boomt. Visp hat die modernste Arena der Swiss League. Raron ist der einzige Zweitligist mit einer eigenen Halle. Auch Siders will nachziehen. Doch die NL bleibt Utopie.
Publiziert: 23.09.2019 um 14:48 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2023 um 00:15 Uhr
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Goran Bezina (Sierre) gegen Troy Josephs (Visp, rechts).
Foto: Pascal Muller/freshfocus
Hans-Peter Hildbrand

Auf Nachbar und Swiss-League-Klub Visp ist Armand Burgener (64) aus Raron nicht neidisch. Im Gegenteil. Im früheren Fussballer-Dorf Raron (1974 bis 1979 in der NLB), dem Geburtsort von Erich Burgener und Georges Bregy, spielt heute der EHC die erste Geige. Geduldig, beharrlich und hartnäckig setzt sich Burgener seit Jahrzehnten für seinen Eishockeyklub ein.

Wenn es denn sein muss, klopft er im Dorf Tür um Tür ab. Sammelt Geld, um für seine Torhüter eine Occasionsausrüstung zu beschaffen. Die Solidarität im Dorf (rund 2000 Einwohner) ist gross. Gipfeln wird es im November in der Eröffnung der neuen Raiffeisen-Halle.

Ein 4,8 Millionen Franken teures Werk. Zum Teil in Fronarbeit erstellt. So haben Spieler und Freunde des Vereins 22 Kilometer Kühlrohre verlegt. Dank der schmucken Eishalle wird die Saison von bisher zweieinhalb auf bis zu sieben Monate ausgebaut. Der Eishockey-Nachwuchs im ganzen Oberwallis wird davon profitieren.

Wahrlich eine Pionierleistung. Ein kleiner Eishockeyklub, der Inhaber und Betreiber einer Eishalle ist – eine schweizweit einmalige Konstellation! Sie erinnert an die glorreichen Zeiten des EHC Visp (1960 B-Meister, 1962 NLA-Meister). 1955 gewährten die Visper Stimmbürger einen Beitrag von 136 000 Franken an die neue Kunsteisbahn, die total 330 000 Franken kostete.

Visp schreibt wieder Geschichte

In der damaligen NLA war Visp der einzige Verein mit einer eigenen Kunst­eisbahn. Das Dorf zählte 3500 Einwohner – bis 5500 Zuschauer besuchten damals die Spiele. Es brauchte gute Leistungen der Mannschaft, um mit den Eintrittsgeldern die Darlehen zurückzuzahlen.

Jetzt schreibt Visp wieder Geschichte. Doch diesmal ist es die Gemeinde, nicht der Eishockey-Club.

Die Kleinstadt (7800 Einwohner) hat die schönste und modernste Halle (Fassungsvermögen 5000 Zuschauer) der Swiss League. In Rekordzeit erbaut – in 30 Monaten von der Abstimmung (75,5 Prozent der 5100 Stimmberechtigten sagten Ja für die 35,5 Millionen) bis zur fixfertigen Realisierung. Treibende Kräfte waren Gemeindepräsident Niklaus Furger (65) und Projektleiter Norbert Zuber (59), früher langjähriger Goalie beim EHC Visp.

Jetzt ist der EHC Visp in der Pflicht – und steht unter Druck. VR-Präsident Norbert Eyer (64) hat während der Bauzeit der Lonza Arena für wenig Wohlwollen gesorgt. So hat er vor der Abstimmung versprochen, in der neuen Halle für die Kosten des Info-Würfels, für das Mobiliar im Catering-Bereich sowie den Fitnessraum bis zu einem Betrag von 1,65 Millionen Franken aufzukommen.

Leere Worte – die Gemeinde hat auch das übernommen. Eyer redete sich später aus der Verantwortung, diese Beträge seien «ja nur angedacht» gewesen. So wie etwa die Alarmanlage in der VIP-Lounge des Stadions. Da meinte doch ein Kenner der Szene, sollte es denn mal brennen, müsste Norbert Eyer eben eine seiner Offiziersansprachen halten, dann leere sich der Raum blitzschnell ...

Coach Alatalo bringt Zuschauer zum Verzweifeln

Statt lafern müssen Eyer, sein Sportchef Bruno Aegerter (64) und CEO Sébastien Pico (42) jetzt liefern. Ihr Klub hat sich fünfmal hintereinander in den Viertelfinals verabschiedet. Klar ist: Scheitert der Verein erneut in der ersten Playoff-Runde, rollen Köpfe. Schon länger in der Kritik steht Trainer Matti Alatalo (Fi, 60). Mit seinem miserablen Coaching bringt er die Zuschauer in der Halle zum Verzweifeln.

Ausgerechnet bei der 1:3-Derbyniederlage am Mittwoch gegen den HC Sierre wird er von Dany Gelinas (Ka, 53) ausgecoacht. Mit gut 4237 Zuschauern stand die Lonza Arena erstmals unter Voll-Last. Nicht bestanden hat das neue Catering – zu lange Warte­zeiten. Nach Spielende konnten die Mitglieder des Business Club (Jahresbeitrag 6000 Franken) nicht einmal ihr Bier fertig trinken, weil die Lounge sofort geschlossen wurde. Dabei ist die Gastronomie in der Lonza Arena der zentrale Punkt. Auch weil der EHC neu 240' 000 Franken Miete statt der bisherigen 70 000 (in der Litterna-Halle) zu stemmen hat.

Trotz dieser Derbyniederlage hat Visp im Wallis im Vergleich zu Sierre die Nase vorn – beim Budget 4,8 zu 2,3 Millionen Franken und auch bei der Infrastruktur. Die Stadt Sierre (17 000 Einwohner) plant zwar für 2025 ebenfalls eine neue Halle. Aber aufgepasst: Im Französisch sprechenden Wallis sind Euphorie und Niedergang ziemlich enge Freunde.

So führte der Grössenwahn sowohl den HC Sierre (2014) und Red Ice Martigny (2014) in den Konkurs. Ein HC Wallis bleibt eine Utopie – wie auch ein Aufstieg des EHC Visp in die National League. Die notwendigen 10 Millionen Franken jährlich sind ohne Mäzen nicht zu stemmen. Daher lieber ein attraktiver Verein im B als Kanonenfutter im A. Die Infrastruktur ist aber einmalig – in Brig, Raron und Visp stehen im Umkreis von 16 Kilometern drei Hallen.

Swiss League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
EHC Basel
EHC Basel
32
48
74
2
HC La Chaux-de-Fonds
HC La Chaux-de-Fonds
32
53
70
3
HC Thurgau
HC Thurgau
32
32
65
4
EHC Visp
EHC Visp
32
6
52
5
HC Sierre
HC Sierre
33
16
51
6
EHC Olten
EHC Olten
32
-14
42
7
GCK Lions
GCK Lions
32
-18
40
8
EHC Chur
EHC Chur
32
-39
36
9
EHC Winterthur
EHC Winterthur
32
-25
36
10
Bellinzona Snakes
Bellinzona Snakes
33
-59
17
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