So wettern Berner Sportvereine über den Kanton!
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SCB-Lüthi schäumt wegen Kanton:«Bundesrat machte keine Andeutungen in diese Richtung»

«Hässig ist nur der Vorname»
So wettern Berner Sportvereine über den Kanton!

Der Kanton Bern lässt nur noch Spiele mit 1000 Personen in den Stadien zu. Eine Hiobsbotschaft für den SCB, Biel, die SCL Tigers und die YB-Fussballer. Bei den Klubs und der National League ist der Ärger riesig.
Publiziert: 18.10.2020 um 20:13 Uhr
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Aktualisiert: 22.10.2020 um 18:50 Uhr
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Hiobsbotschaft für den Schweizer Sport: Ab Montag sind in Bern Grossveranstaltungen mit über 1000 Personen verboten.
Foto: Urs Lindt/freshfocus
Angelo Rocchinotti, Matthias Dubach und Stephan Roth

Es ist ein schwarzer Sonntag für den Schweizer Sport. Zuerst die Absage des Fussballspiels zwischen Zürich und Basel. Dann der zweite Corona-Schock: Obwohl die neuen Massnahmen des Bundesrats keine neuen Einschränkungen bei Grossveranstaltungen vorsehen, verhängt Bern ein kantonales Limit: Bei Grossveranstaltungen sind nun wieder wie vor dem 1. Oktober nur 1000 Zuschauer erlaubt.

Von dieser existenzbedrohenden Massnahme sind YB und mit dem SCB, Biel und den SCL Tigers gleich drei Eishockey-Klubs betroffen. Liga-Direktor Denis Vaucher: «Das ist ein „Chlapf a Gring“, wie man auf gut Berndeutsch sagt. Es ist ein Schuss aus der Hüfte. Aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar. Der Kanton Bern hat es offenbar verpasst, genügend Ressourcen für das Contact Tracing aufzubauen.»

Swiss Olympic schreibt in einer Stellungnahme, dass der Dachverband des Schweizer Sports den kantonalen Entscheid nicht nachvollziehen könne. «Im Namen des Schweizer Sports hofft Swiss Olympic, dass der Entscheid im Kanton Bern keine Signalwirkung auf andere Kantonsregierungen hat.»

SCB-Lüthi ist angefressen

Auch SCB-Boss Marc Lüthi hat kein Verständnis fürs kantonale Vorpreschen: «Hässig ist nur der Vorname!», tobt er, «wir haben über eine halbe Million Franken in Schutzkonzepte investiert. Ich selbst habe mich zwei Mal aufs Eis begeben und die Zuschauer gebeten, sich an die Massnahmen zu halten. Alles hat funktioniert. Die Zuschauer fühlten sich sicher. Es gab keinerlei Menschenansammlungen. Auch ausserhalb des Stadions. Viele blieben aus Angst zuhause. Jene, die hier waren, fühlten sich sicher.»

Nach BLICK-Informationen hat die Berner Regierung bereits am Freitag den Entscheid getroffen – mit der Hoffnung, dass es am Sonntag national verfügt wird. «Die Klubs wurden erst kurz vor Versenden der Medienmitteilung informiert, die Liga wurde überhaupt nicht kontaktiert», schildert Liga-Boss Vaucher. «Von Seiten des Bundesrats wurde uns attestiert, dass die Schutzkonzepte im Eishockey gut sind und die Umsetzung in der Praxis erfolgreich war. Wir hatten bisher noch keinen nachgewiesenen Fall einer Ansteckung in den Stadien.»

«Die Behörden sind völlig überfordert»

Auch in Biel schlägt die Hiobsbotschaft heftig ein. «Das ist Wahnsinn und reinste Panikmache. Es kann doch nicht sein, dass Bundesrat Alain Berset explizit sagt, dass Grossveranstaltungen dank Schutzkonzepten funktionieren würden, der Kanton Bern aber zwei Stunden später die Schotten dicht macht», redet EHC-Biel-CEO Daniel Villard Klartext, «die Behörden hatten einen Sommer lang Zeit, Kapazitäten aufzubauen, sind aber völlig überfordert. Das zeigte sich bereits bei der Abnahme der Schutzkonzepte. Vieles wurde runterdelegiert oder abgeschoben. Zudem wurde nicht klar kommuniziert. Auch beim Contact Tracing. Ein Sponsor, der im privaten Bereich Kontakt mit einer infizierten Person hatte, wurde erst eine Woche später informiert. Und unser U20-Coach, der sich derzeit mit seinem Team in Quarantäne befindet, erhielt den Code für seine App erst nach Tagen.»

Für Peter Jakob, Präsident der SCL Tigers, ist der Berner Alleingang ein Unding. «Ich finde es völlig daneben, dies föderalistisch zu lösen. Diese Frage darf man nicht den Kantonen überlassen. Es braucht einheitliche Regeln und gleich lange Spiesse für alle. Unsere Fans im Stadion waren unglaublich diszipliniert. Niemand schoss die Maske weg oder machte Radau. Die Auflagen waren enorm. Die Ausarbeitung der Schutzkonzepte aufwändig. Es kann nicht sein, dass jetzt ein Kanton kommt und ausschert. Wir haben schon jetzt ein Problem, das Publikum zufriedenzustellen. Je mehr wir die Zuschauer nun beuteln und abstrafen, umso grösser ist das Risiko, dass sie ihr Geld zurückwollen. Es ist unerträglich, den Fans nun sagen zu müssen, dass sie nicht mehr kommen dürfen.»

Liga-Fortsetzung in Frage gestellt

Die grosse Fragen bei den drei Hockey-Klubs: Wie geht es jetzt weiter? Für Liga-Direktor Vaucher ist klar, dass es ums Überleben geht: «Wir können nur immer wieder betonen, was das für eine wirtschaftliche Katastrophe für den Profi-Sport ist. Die Existenz von Tausenden von Jobs sowie die gesamte Nachwuchsarbeit sind bedroht! Wir müssen nun darüber nachdenken, wie wir die Meisterschaft weiterführen können.»

Bei Biel wird am Montag über das weitere Vorgehen diskutiert. CEO Villard: «Klar ist: Mit 1000 Zuschauern überlebt kein Klub.» Der SCB hat bereits eine erste Entscheidung gefällt, wie Marc Lüthi erklärt: «Wir haben in einer ausserordentlichen Sitzung entschieden, bis zur Natipause mit 1000 Zuschauern weiterzuspielen. Danach braucht es eine Lösung. Sonst wird es finanziell sehr schwierig.»

YB gegen Roma vor nur 1000 Fans

Und bei den Fussballern? YB trifft zum Auftakt der Europa-League-Gruppenphase am Donnerstag auf die AS Roma. Doch nun darf das Highlight nur mit 1000 Personen im Wankdorf stattfinden. Der Klub teilt mit: «YB ist vom Entscheid überrascht worden – wenige Tage vor den beiden Heimspielen am Donnerstag gegen die AS Roma und am Sonntag gegen Luzern. In den letzten Wochen standen wir in engem Austausch mit den Behörden, nun wurden wir vom Entscheid auf dem falschen Fuss erwischt.»

Auch YB stellt die Existenzfrage. Im Statement des Meisters heisst es weiter: «Selbstverständlich steht auch für uns die Gesundheit der Bevölkerung an oberster Stelle. Aber wir plädieren dafür, Mass zu bewahren und die grossen Anstrengungen der Schweizer Proficlubs zu anerkennen, insbesondere bei der Ausarbeitung des Schutzkonzepts, das die Durchführung der Spiele ermöglichen soll. Wir sehen die Existenz des Schweizer Profifussballs in Gefahr, sollte es den Clubs erneut über einen längeren Zeitraum nicht möglich sein, Zuschauerinnen und Zuschauer in den Stadien zu begrüssen.

Corona-Fälle in der Schweiz

Wie viele Corona-Neuinfektionen gibt es in der Schweiz? Die täglichen Fallzahlen des BAG gibt es laufend im Statistik-Ticker auf BLICK.

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National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
ZSC Lions
ZSC Lions
27
32
58
2
HC Davos
HC Davos
31
26
57
3
Lausanne HC
Lausanne HC
30
9
56
4
EHC Kloten
EHC Kloten
31
0
53
5
SC Bern
SC Bern
30
17
52
6
EV Zug
EV Zug
29
16
46
7
SCL Tigers
SCL Tigers
29
3
41
8
EHC Biel
EHC Biel
29
1
40
9
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
30
-8
39
10
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
30
-19
39
11
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
31
-15
39
12
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
27
0
36
13
HC Lugano
HC Lugano
29
-22
36
14
HC Ajoie
HC Ajoie
29
-40
26
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