Um 10.35 landet die Maschine des Flugs LH 1184 aus Frankfurt in Zürich. An Bord? Hans Kossmann. Der neue SCB-Coach – er reiste in der Economy Class mit mehr Beinfreiheit – fährt mit dem Zug nach Bern, wird um 13 Uhr von Sportchef Alex Chatelain abgeholt und in die PostFinance-Arena gefahren. Nicht angekommen ist Kossmanns Gepäck. Der Koffer blieb auf dem Weg von Vancouver in die Schweiz irgendwo liegen.
Kaum im Stadion, stellt sich der 57-Jährige dem Team vor, sagt, er kenne die Situation, sei selbst schon entlassen worden. Im Hintergrund auf einer Taktiktafel die Abschiedsbotschaft des geschassten Kari Jalonen. «Good luck boys. What a life. Kari.» Dazu ein Smiley. Der Finne zeigt auch in der Niederlage Grösse.
«Alles etwas schneller, geradliniger»
Um 15.06 Uhr betritt Kossmann das Eis, leitet sein erstes Training. Rund 100 Zuschauer verfolgen das Geschehen. «Alles ging etwas schneller, geradliniger», sagt Stürmer Tristan Scherwey. «Ab und zu gerieten wir in den Leerlauf, wussten nicht mehr wohin.»
Kossmann spürt: «Die Jungs sind befreit, froh.» Nach 90 Minuten ist Schluss. Kaum vom Eis, stellt sich SCB-Präsident Beat Brechbühl dem neuen Trainer vor. Dann folgt der Interview-Marathon. «Ich schlief, als die Anfrage aus Bern kam und hatte fünf verpasste Anrufe auf meinem Handy. Da wusste ich: Irgendwas ist los.»
Er habe nicht mehr damit gerechnet, diese Saison noch ein Team zu coachen. «Ich wusste, dass Ambri oder Lugano heiss sein könnten. In Bern hat sich die Situation mit dem Goalie-Wechsel zunächst beruhigt.»
«Kein besserer Trainer. Ein anderer Trainer»
Die Anfrage kam dem 57-Jährigen, der auf Vancouver Island ein älteres Haus renoviert hat, gelegen. «Ich habe eine Garage und meiner Frau einen Garten gebaut, war gerade fertig damit.» Zeit, sich Gedanken zu machen, habe er keine gehabt. «Ich musste die Koffer packen. Bedenkzeit hatte ich im Flugzeug. Da dachte ich: Was habe ich bloss getan?»
Kossmann sorgt mit Sprüchen für eine lockere Atmosphäre. Natürlich habe er die Meisterschaft verfolgt. «Ich weiss, welche Spieler eine gute oder eine schlechte Saison haben.» Der Mann, der als Huras-Assistent 2010 mit Bern Meister wurde, übt sich in Bescheidenheit.
«Trainer sind wie Milch»
«Keiner hat mehr Erfolg als Kari Jalonen. Es kommt kein besserer Trainer. Hier kommt ein anderer Trainer. Das ist manchmal das einzige, was es braucht», sagt Kossmann und scherzt: «Wir Coaches sind wie Milch. Überschreitest du das Ablaufdatum, wird’s gefährlich.»
Er wolle nicht alles auf den Kopf stellen. «Es wäre Blödsinn, zu glauben, ich könnte eine bessere Taktik reinbringen als Kari. Mein Job ist es auch für Spass und Entspannung zu sorgen.»
Als Kossmann im Dezember 2017 als Feuerwehrmann bei den ZSC Lions einsprang und sie zum Titel führte, hatten die Zürcher acht Punkte Vorsprung auf den Strich. Als er gefragt wird, ob er Druck spüre, sagt der Schweiz-Kanadier: «Die Situation ist weniger gefährlich als in Vancouver. Da stand ich vor drei Tagen noch auf dem Dach meiner Garage und hätte runterfallen können.»
«Will nur schlafen»
Anders als in Zürich, als Serge Aubin bereits als Trainer für die neue Saison feststand, ist die Position beim SCB offen. «Es hiess, ich könnte deshalb anders coachen. Doch das wird nicht der Fall sein. Ich coache, wie ich coache.» Sein erster Auftritt? Am Freitag gegen Ambri. Doch: «Im Moment will ich nur schlafen», sagt Kossmann. Er lebt noch im Hotel.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | ZSC Lions | 29 | 34 | 61 | |
2 | Lausanne HC | 32 | 13 | 61 | |
3 | SC Bern | 32 | 21 | 58 | |
4 | HC Davos | 33 | 24 | 58 | |
5 | EHC Kloten | 33 | 0 | 57 | |
6 | EV Zug | 31 | 19 | 49 | |
7 | SCL Tigers | 31 | 3 | 45 | |
8 | EHC Biel | 31 | -1 | 42 | |
9 | HC Fribourg-Gottéron | 32 | -11 | 42 | |
10 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 33 | -14 | 42 | |
11 | HC Ambri-Piotta | 32 | -21 | 41 | |
12 | Genève-Servette HC | 29 | -1 | 39 | |
13 | HC Lugano | 31 | -20 | 39 | |
14 | HC Ajoie | 31 | -46 | 26 |