SCB-Stürmer Marc Kämpf nach Hodentumor-OP
«Zum Glück schickte mich meine Frau zum Arzt»

Vor drei Wochen bekam Marc Kämpf (27) die Schock-Diagnose Hodentumor. Jetzt spricht er ­erstmals über die bewegende Zeit.
Publiziert: 13.12.2017 um 23:27 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 16:15 Uhr
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Trotz Gefühls-Chaos steht Marc Kämpf mit beiden Beinen im Leben.
Foto: Peter Mosimann
Angelo Rocchinotti

BLICK: Marc Kämpf, wie geht es Ihnen?
Marc Kämpf: Ich bin gespannt. Meine Frau und ich warten noch immer auf unser erstes Kind. Es geht mir sicher viel besser als vor drei Wochen.

Damals musste Ihnen ein Hodentumor entfernt werden. Wie ­haben Sie diese Zeit erlebt?
Das Ganze begann vor ein­einhalb Monaten: Ich ertastete eine Verhärtung am Hoden, dachte an eine Quetschung. Eine Woche später war ich ­wegen einer Fussblessur beim Teamarzt, fragte ihn, ob er sich den Hoden anschauen könne. Er ist kein Spezialist, sagte, ich solle den Urologen aufsuchen, wenn sich die Verhärtung nicht löst. Das tat ich zwei Wochen später.

Erst zwei Wochen später?
Ich hatte keinerlei Beschwerden, kam mir vor dem Untersuch etwas dumm vor, weil ich dachte, ich hätte ja nichts. Es war meine Frau, die mich zum Glück pushte und meinte, ich solle zum Arzt gehen.

Wann bekamen Sie die Diagnose?
Fünf Minuten nach dem Ultraschall sagte der Arzt: «Herr Kämpf, Sie haben einen Tumor. Wir müssen Ihnen den Hoden entfernen.» Das war ein Schock. Ich wusste nicht, was das bedeutet.

Wann haben Sie das realisiert?
Als ich via Google nach Erfahrungsberichten suchte. Ich las von Leuten, deren Krebs­erkrankung weit fortgeschritten war, von Lance Armstrong, der dasselbe hatte und bei dem sich Ableger im Kopf gebildet hatten. Ich erfuhr, dass die Menschen, als es noch keine Chemotherapien gab, ein Jahr später starben. Auch ich rechnete mit einer Chemo.

Was ging in Ihnen vor?
Ich dachte, wenn ich jetzt der Familie gegenüber Angst zeige, wird es für sie noch schlimmer. Also versuchte ich, positiv zu bleiben. Ich war fast der ­Ruhigste. Schlimm waren für mich die ersten 24 Stunden, weil ich nicht wusste, ob sich Ableger im Bauch, in der Lunge und im Kopf gebildet haben.

Wie gings weiter?
Ich wurde gleich am nächsten Tag operiert, musste erst in die Röhre und bekam vor der Computertomographie ein Kontrastmittel gespritzt. Das löste eine allergische Reaktion aus. Ich bekam Panik, zitterte am ganzen Körper. Zudem blieb mir die Luft weg, und ich musste ständig niessen.

Reden Sie weiter.
Mir schossen viele Fragen durch den Kopf: Was, wenn ich ein Jahr lang zur Chemo muss? Wenn es trotz guter Chancen nicht heilbar ist? Was ist mit dem Baby? Ich brauchte zehn Minuten, um mich zu fangen.

War Ihre Frau Irene bei Ihnen?
Nein, ich lag verkabelt in der Röhre. Um mich herum Ärzte. Man musste mir ein Gegenmittel spritzen.

Wie verlief die Operation?
Die dauerte etwa eine halbe Stunde unter Vollnarkose. Die Ärzte verschafften sich über den Bauch Zugang. Ich habe nun eine etwa vier Zenti­meter lange Narbe. Ich glaube, sie zogen den gesamten Samenstrang raus. Später hatte ich Mühe mit dem Sitzen, weil Bauchmuskeln und Leiste durchtrennt werden mussten. Doch zwei Tage später konnte ich wieder gehen, und dann wurde es schnell besser.

Der Hoden wurde entfernt?
Ja, ich wurde gefragt, ob ich eine Prothese wolle. Das lehnte ich ab. Man kann auch mit einem Hoden leben. Aber es ging auch um weitere Fragen.

Ob Sie weiterhin Kinder haben können?
Das alles ist kein Problem.

Wann wussten Sie, dass sich keine Ableger gebildet haben?
Gleich nach der Operation war klar, dass von der Lunge an aufwärts alles in Ordnung ist. Das war eine Erlösung. Dass es auch im Bauch keine Ableger gibt, wusste ich erst eine Woche später. Aber das wäre gut heilbar gewesen.

Mit welchen Gefühlen schauen Sie zurück?
Es waren zwei sehr emotionale Wochen. Ich steckte noch in den Vertragsverhandlungen, war ob der Offerte im Hoch. Dann dieser Hammer. Ich fragte mich: Ziehen sie jetzt die Offerte zurück? Was machst du, wenn du keinen Vertrag hast, Chemotherapien brauchst und für die Familie sorgen musst? Ich bin dem SCB sehr dankbar. Es hiess sofort, egal was ist, die Verhandlungen gehen weiter.

Wie haben Sie das Team erlebt?
Als ich nicht im Training erschien, freuten sich die Jungs. Sie dachten, ich sei Vater geworden. Als sie Sportchef Alex Chatelain dann informierte, waren sie extrem geschockt. Wir sind wie eine Familie. Stösst einem Mitglied was zu, ist die Unterstützung riesig. Sie besuchten mich vor einem Spiel im Spital, sagten, sie würden alles für mich tun. Es war rührend, wie sie reagierten.

Sie spielten gegen Servette am Freitag erstmals wieder.
Ich fand es schon immer speziell, in Bern einzulaufen, während dein Name ausgerufen wird. Ich wusste nicht, ob ich das je wieder erleben darf, fragte mich, ob meine NL-Karriere nun vorbei sei. Am Freitag da unten zu stehen und darauf zu warten, bis man aufs Eis gerufen wird, war unglaublich emotional.

Hat sich Ihre Einstellung zum Leben verändert?
Man sollte nach Niederlagen nicht zu deprimiert sein. Es gibt Wichtigeres. Wir ärgern uns im Alltag über so viele Kleinigkeiten. Aber das tue ich auch jetzt wieder, zum Beispiel im Strassenverkehr.

Welches waren die wichtigsten Personen?
Meine Frau, die Mutter und die Schwester. Sie waren immer bei mir und konnten das gemeinsam auch verarbeiten.

Leben Sie jetzt wieder wie zuvor?
Ja, ich brauche keine weiteren Behandlungen, muss einfach hin und wieder zur Kontrolle. Erstmals in zwei Monaten.

Haben Sie Angst, die Krankheit könnte wieder ausbrechen?
Angst nicht, aber ich habe es im Kopf. Früher dachte ich, nur ältere Menschen könnten so etwas bekommen. Dabei ist gerade der Hodentumor bei den Jungen verbreitet. Wichtig ist, dass man bei ersten Anzeichen sofort reagiert. Der Tumor kann wie bei mir bösartig sein und schnell wachsen.

Kennen Sie jemanden, der ebenfalls daran erkrankte?
Nein, und man fragt sich schon, woher das kommt. Ich lebe gesund. Aber es ist wohl vererbbar. Leider sind Tumore und Krebs in meiner Familie nicht neu. Meine Schwester musste sich mal einen Tumor über dem Auge entfernen lassen.

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Hodentumor

In der Schweiz und in Norwegen erkranken pro Jahr am meisten Männer (12 von 100 000) an einem bösarti-gen Hodentumor (= Hodenkrebs). «Über die Ursache hierfür können wir nur spekulieren», sagt Thomas Hermanns, Oberarzt an der Klinik für Urologie des Unispitals Zürich. Betroffen seien vor allem 18- bis 40-Jährige. «Wir raten jungen Männern, die Hoden regelmässig nach Verhärtungen oder Schwellungen abzutasten, die bei Hodenkrebs meist schmerzlos sind», fügt Jörg Beyer, Leitender Arzt Onkologie, hinzu. «Man muss nicht gleich in den Notfall rennen, aber keinesfalls sollte man es auf die lange Bank schieben.» Je früher man den Arzt aufsucht, umso besser. Auch wenn der Tumor bösartig ist, ist bei früher Diagnose die Erkrankung fast immer heilbar.» Das Unispital bietet jeden Mittwoch eine spezielle interdisziplinäre Hodentumor-Sprechstunde an.

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Persönlich

Marc Kämpf (27) ist in Klosters GR aufgewachsen, begann mit Tennis. Sein Vater war Tennis-Lehrer, die Mutter übte den Sport gar professionell aus. Auf dem Court sieht man Kämpf heute nur noch selten, dafür fiebert er am TV mit Rafael Nadal mit.  Kämpf durchlief die Nachwuchsstufen des HCD, war aber als Kind SCB-Fan. Selbst spielte der Stürmer sieben Jahre lang für B-Ligist Langenthal. An die höchste Liga glaubte er kaum noch, bis ihn Ex-Teamkollege und SCB-Sportchef Alex Chatelain nach Bern holte. Kämpf überzeugte sofort und wurde mit einem neuen Vertrag bis 2020 belohnt. Im September heiratete er seine Freundin Irene. Und nun wird er erstmals Vater.

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
HC Davos
HC Davos
22
24
43
2
Lausanne HC
Lausanne HC
22
9
42
3
ZSC Lions
ZSC Lions
20
18
40
4
EV Zug
EV Zug
23
18
38
5
EHC Kloten
EHC Kloten
22
3
36
6
SC Bern
SC Bern
23
12
36
7
EHC Biel
EHC Biel
22
-1
33
8
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
23
-8
31
9
HC Lugano
HC Lugano
20
-11
28
10
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
22
-10
28
11
SCL Tigers
SCL Tigers
20
-4
26
12
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
18
-2
24
13
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
20
-14
24
14
HC Ajoie
HC Ajoie
21
-34
18
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