Hier kommen die Meisterhelden im Stadion an
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Partystimmung in der Nacht:Hier kommen die Meisterhelden im Stadion an

Protokoll der ZSC-Meisternacht
Um 3 Uhr morgens hatte Blaser immer noch die Hockey-Hose an

Es begann mit der Schlusssirene in Lausanne, als der elfte Meistertitel der ZSC Lions feststand. Und es ging weiter bis tief in die Zürcher Nacht in der Swiss Life Arena. Das Protokoll der Meisternacht der ZSC Lions.
Publiziert: 08:14 Uhr
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Aktualisiert: 10:29 Uhr
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Die ZSC Lions sind wie im letzten Jahr Meister. Captain Patrick Geering stemmt den Pokal in die Höhe.
Foto: Getty Images

Um 22.27 Uhr

In der Vaudoise-Aréna dröhnt die Schlusssirene. Die ZSC Lions haben ihren Titel verteidigt und sind zum elften Mal Meister. Die Zürcher Spieler rennen zu ihrem Goalie Simon Hrubec.

Um 22.47 Uhr

Da ist das Ding. Captain Patrick Geering stemmt den Pokal auf dem eilig aufgebauten Podium in die Höhe. Es ist der dritte Meistertitel mit dem C auf der Brust und der fünfte überhaupt für den Ur-Zürcher. «Es ist jedes Mal besser, habe ich das Gefühl», sagt der 35-Jährige. «Ich war noch nie in einer Mannschaft, in der man von Anfang gesagt hat: Wir wollen die Champions League gewinnen und den Titel verteidigen. Ich bin enorm stolz auf alle Beteiligten und auf die Fans. Dafür spiele ich Hockey. Das macht schon Spass. Wenn man gewinnen will, müssen alle liefern. Und bei uns haben alle geliefert.»

Im Moment des Triumphs denkt Geering nicht nur an Meistertrainer Marco Bayer: «Ich muss ihm ein Kränzchen winden, wie er das managen konnte. Er hat sehr gut gecoacht.» Sondern auch an Marc Crawford, der nach Weihnachten aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war. «Ich hoffe, es geht ihm wieder etwas besser. Psychische Krankheiten werden meiner Meinung nach oft tabuisiert. Ich werde mich sicher bei ihm melden.»

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Um 22.53 Uhr

Patrick Geering ist auch der Erste, der einem Teamkollegen eine Bier-Dusche verpasst. Empfänger ist Christian Marti, der gerade dabei ist, ein Interview zu geben.

Um 23.06 Uhr

Die mitgereisten Fans skandieren Marco-Bayer-Sprechchöre – und der Mann, der innert vier Monaten vom wenig beachteten Trainer der GCK Lions zum Gewinner der Champions League und der Meisterschaft mutierte, stemmt den Pokal in die Höhe.

Um 23.09 Uhr

Simon Hrubec kommt noch einmal aufs Eis, um dem Wunsch eines kleinen Jungen nachzukommen, der auf einem Karton um den Stock des Tschechen gebeten hat. «Ich bin sehr glücklich, dass wir den Titel auswärts gewonnen haben», sagt der Meister-Hexer. «So können wir alleine als Team feiern. Meine anderen vier Titel habe ich alle zu Hause gewonnen.» Der 33-Jährige war 2019 in seiner Heimat mit Trinec, 2021 in der KHL mit Omsk Meister geworden und hat nun innert zwölf Monaten drei Erfolge mit den Lions gefeiert. «Ich hoffe, wir werden bei jeder Tankstelle anhalten, um Bier nachzuladen. Dann werden wir sehen, wer auf uns wartet», sagt Hrubec. «Ich habe die beste Frau auf diesem Planeten: Sie wünschte mir nicht Glück, sondern sagte nur: ‹Ich hoffe, ich sehe dich die nächsten zwei Tage nicht mehr.›»

Um 23.18 Uhr

Alle Spieler sind inzwischen in der Kabine versammelt. Endlich kann die obligate Hymne der Sieger abgespielt werden. «We Are The Champions» dröhnt aus den Boxen und macht Queen und Freddie Mercury wieder lebendig.

Um 23.25 Uhr

In der Kabine wird ein Mann besonders gefeiert: Schon letztes Jahr war Jesper Frödén der Meisterschütze. Und auch diesmal ist er mit seinem 3:2 der Mann der Stunde. Vor einem Jahr war seine Partnerin Matilda Öijer schwanger. Im Juli kam dann Töchterchen Olivia zur Welt. «Das machte es doppelt speziell. Sie hat unser Leben so viel schöner gemacht. Sie hat mir noch einen anderen Zweck im Leben gebracht. Dieses Tor ist für die beiden. Ich sagte Olivia: ‹Ich schiesse heute ein Tor für dich.›» Für ihn spiele es keine Rolle, ob er seinem Team mit einem entscheidenden Tor oder auf andere Weise helfen könne: «Ich liebe diese Mannschaft so sehr. Wir haben so viele gute Charaktere hier.»

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Um 23.30 Uhr

Derek Grant strahlt und lässt seine Zahnlücke aufblitzen. Dabei hatte der Kanadier am letzten Samstag in Lausanne noch komplett die Nerven verloren und war nach einem Tobsuchtsanfall vorzeitig unter die Dusche geschickt worden. «Ich verstehe, dass die Schiedsrichter einen schwierigen Job haben. Es war ein wirklich unglücklicher Entscheid – jetzt spielt er keine Rolle mehr. Ich war wahrscheinlich der Einzige, der es richtig gesehen hatte.» Grant war damals eine 2-Minuten-Strafe aufgebrummt worden, weil die Unparteiischen glaubten, er habe den Puck übers Plexiglas geschlagen. Was hatte seine Frau gesagt, als sie ihn dermassen die Nerven verlieren sah? «Sie wusste, dass etwas wirklich falsch gelaufen sein muss, wenn ich so reagiere. Hockey ist ein emotionales Spiel.»

Diesmal kamen die Unparteiischen Grant nicht in die Quere, wobei sie sich bei der Coaches Challenge von Geoff Ward damit befassen müssen, ob der ZSC-Stürmer Goalie Kevin Pasche beim Siegestor behindert hatte. «Ich wusste, dass ich nicht freiwillig im Torraum war. Ich hatte etwa neun Crosschecks bekommen. Doch man weiss nie. Zum Glück haben sie auf dem Eis auf Tor entschieden und es gab keinen wirklichen Grund, um es zu annullieren. Ich verstehe, dass sie zu diesem Zeitpunkt die Coaches Challenge nahmen. Ich habe mit dem Coach gesprochen. Er sagte: ‹Ich musste es tun.› Es war nervenzerreissend auf der Bank, auch wenn wir ein gutes Gefühl hatten. Wir hätten auch sonst einen Weg gefunden, das Spiel zu gewinnen.»

Um 23.40 Uhr

Jetzt zieht auch er genüsslich an einer Zigarre. Assistenzcoach Rob Cookson hatte rund zwölf Stunden davor mit seiner Ansprache nach dem Training den Nerv beim Team getroffen. «Ich habe ihm gesagt, dass es für mich eine der Top-5-Ansprachen meiner Karriere war», sagt Captain Patrick Geering. «Er sagte uns, dass wir uns einen Moment für die Ewigkeit verdienen können. Für jeden, der schon einmal auswärts Meister wurde: Das ist das Schönste. Da kann man den Moment wirklich als Team geniessen und dann ist man mit den Fans. Das ist auch geil.» Cookson sagt dazu: «Ich denke, es war der richtige Punkt für unser Team. Nach so einer langen gemeinsamen Zeit, bedeutet es den Spielern viel, diese Momente zusammen geniessen zu können.»

Foto: freshfocus

Um 23.45 Uhr

Während die meisten Spieler geduscht sind, läuft Christian Marti immer noch in voller Montur durch die Gegend.«Er hat sein erstes Tor nach 67 Spielen geschossen. Kein Wunder, feiert er», sagt Rob Cookson über den WM-Silberhelden. Dachte er sich, dass er auch ein Tor machen muss, wenn schon Lausannes Aurélien Marti eines erzielt hat? «Ohne Scheiss», sagt der Schütze zum 2:2 nur. Die Schiedsrichter hatten seinen Treffer zunächst nicht gesehen und erst im Video erkannt. Hatte Marti selbst realisiert, dass er getroffen hatte? «Zuerst dachte ich schon: Oh, ja! Und dann haben alle weitergespielt.»

Um 23.50 Uhr

Die Gästegarderobe ist inzwischen fast überflutet. Und Erfolgs-CEO Peter Zahner sagt schmunzelnd: «Wenn ich das sehe, bin ich ganz froh, dass wir hier und nicht erst am Samstag zu Hause Meister geworden sind.»

Foto: keystone-sda.ch

Um 0.11 Uhr

Der Bus der Lions setzt sich mit den Meistern in Richtung Zürich in Bewegung. Die Spieler sind für einige Stunden unter sich, ehe sie in der Swiss Life Arena wieder von den wartenden Fans in Beschlag genommen werden.

Um 1.15 Uhr

In der Swiss Life Arena warten noch immer rund 3000 Fans auf ihre ZSC-Meisterhelden. Es gibt eine Zwischenmeldung – die Mannschaft ist kurz vor Bern. Auf dem LED-Würfel wird eine Video-Grussbotschaft aus dem Bus eingespielt. Mikko Lehtonen sitzt neben Patrick Geering, beide schlürfen Bier und der Finne fragt in die Kamera: «Seid ihr bereit?»

Um 2.46 Uhr

Der ZSC-Bus biegt zur Swiss Life Arena ab. Die Meister sind wieder daheim und steigen aus. Christian Marti noch immer in voller Montur, auch Yannick Blaser hat noch immer seine Hockey-Hose an. Als einer der Letzten kommt Juho Lammikko mit dem Pokal unter dem Arm.

Um 2.59 Uhr

Nachdem die Spieler ihre Hockeytaschen in ihrer Garderobe abgeladen haben, treten sie vor die Fans. Jeder wird namentlich von Speaker Giovanni Marti abgefeiert, als Erster geniesst der neuerliche Meisterschütze Jesper Frödén das Bad in der Menge. Der Meisterpokal ist inzwischen in die Hände von Simon Hrubec weitergewandert. Ins Mikrofon stammelt der Tscheche: «Danke, danke, ich bin überwältigt.» Mittendrin im Getümmel zeigt sich Präsident Walter Frey. Und Juho Lammikko stimmt am Mikrofon an: «ZSC, oh ZSC.»

Um 3.05 Uhr

Die Gesangseinlage von Lammikko bringt Christian Marti auf eine glänzende Idee. Er spricht sich mit Sven Andrighetto und einigen anderen Teamkollegen ab und sagt: «Wir wollen zu unseren Fans und mit ihnen im Block singen.» Und so machen sich Mannschaft und Staff um Meistertrainer Marco Bayer auf den Weg in den Limmatblock – sie singen mit den Fans mit. Dazu wird gemeinsam gehüpft. Was für ein Bild!

Foto: keystone-sda.ch

Um 3.15 Uhr

Die ZSC-Spieler sind noch immer im Fanblock, haben sichtlich Spass am gemeinsamen Gesang. Einige Fans kommen dabei in den Genuss, den Meisterpokal in die Höhe strecken zu dürfen.

Um 3.30 Uhr

Genug gesungen. Die Mannschaft zieht allmählich in Richtung Gastrobereich weiter. Marco Bayer muss oder darf auf dem Weg dorthin rund 100 Hände schütteln. Derweil läuft Yannick Blaser noch immer mit seiner Hockey-Hose herum. «Es ist das letzte Mal, dass ich sie angezogen habe. Deshalb dachte ich mir, dass ich sie noch etwas anbehalte, bis sie mich dann irgendwann aufregt», erklärt er. Für Blaser war das Meisterspiel vom Donnerstag sein letzter Match, er beendet seine Karriere: «Wenn mir jemand vor 18 Jahren gesagt hätte, dass meine Karriere so endet, hätte ich das unterschrieben.»

Um 4.00 Uhr

Die Spieler ziehen sich zu ihren Liebsten, in den Gastrobereich zurück – sofern diese so lange durchgehalten haben. Allmählich leert sich die Swiss Life Arena, draussen regnet es in Strömen. Doch die gute Laune kann dies in dieser Meisternacht keinem ZSC-Fan verderben.

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24. April 2025: Im dritten Drittel spitzelt Jesper Frödén im Powerplay im Flug den Puck zwischen den Beinen von Lausanne-Goalie Kevin Pasche zum 3:2-Siegtor ins Tor. Die Zürcher gewinnen die Serie mit 4:1.
Foto: Pascal Muller/freshfocus
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