Der ZSC kassiert zum Playoff-Auftakt eine schallende 0:5-Ohrfeige gegen Biel. Findet ein Phänomen des Schweizer Sports eine Fortsetzung?
Der Meister-Fluch hat nun schon seit 2001 bestand: Titelverteidigung? Geht nicht. Vielleicht ja darum, weil das Schweizer Eishockey damals einen seiner grössten Skandale erlebte.
Tatort Resega. Nach 70:07 Minuten hatte Morgan Samuelsson den Puck im siebten Spiel für die ZSC Lions ins Lugano-Tor gedonnert. Das ansonsten unter Dauerstrom stehende Megaphon des Einpeitschers in der Curva nord verstummte.
Danach brachen in der Resega alle Dämme und Regeln. Allerdings nicht, weil die Zürcher beim Feiern neue Massstäbe setzten: Eine Dutzendschaft Lugano-Hooligans in Bomberjacken stürmte die Eisfläche und verunmöglichte eine geordnete Pokalübergabe.
Stattdessen flogen Stühle, Schirme und Tische aufs Eis. Als die Zürcher mit dem Kübel in ihre Garderobe flüchteten, wurde ihnen als Schlussbouquet gar ein Hammer nachgeworfen. Lugano hatte in der Finalserie bereits mit 3:1 geführt, als den Zürchern der Umschwung gelang. Und die letzte Titelverteidigung.
In den vergangenen acht Jahren wurde der Meister dann aber richtiggehend in Einzelteile zerlegt, und konnte total nur noch drei Serien für sich entscheiden. Oder vermochte sich, wie der SCB zuletzt, gar nicht erst für die Playoffs zu qualifizieren.
Fehlende Klubtreue und nachlassende Motivation
Warum die Wiederholung der Meisterleistung so schwierig wurde, vermögen selbst Fachleute kaum schlüssig zu erklären. In den 80er-Jahren hatte Lugano ein Abo auf den Titel, von 1993 bis 1996 gewann der EHC Kloten vier Meisterschaften in Folge und begründete damit die letzte Dynastie im Schweizer Eishockey.
Martin Bruderer (48) war als Verteidiger ein Teil dieser legendären Mannschaft. «Damals waren die Spieler über längere Zeit im selben Team. Der Kern unseres Teams war schon über zehn Jahren zusammen, heute fehlt wohl auch etwas die Klubtreue. Zudem haben mehr Teams Chancen, den Titel zu holen.»
Marc Crawford, Erfolgstrainer der ZSC Lions und mittendrin in der Rolle des Titelverteidigers, nennt zwei Faktoren als mögliche Ursachen für den Titel-Hangover: Nachlassende Motivation und fehlende Vorbereitungszeit. «Wenn die anderen die Saisonvorbereitungen in die Hand nehmen, bist du selbst noch am Spielen.»
Draft und Salary Cap
In der NHL verlangt das ausgeklügelte Draft-System, dass sich die schwächsten Teams nach der Saison bei den grössten Talenten bedienen dürfen. So wird eine Ausgeglichenheit erzielt, die weit mehr als die Hälfte der 30 Teams zu Titelkandidaten macht.
Seit 1998 und den Detroit Red Wings gab es auch in der besten Liga der Welt keine Titelverteidigung mehr, obwohl seit dem Lockout 2005 für alle Mannschaften die gleiche Lohnobergrenze gilt.
Selbst unter den Teams, die den Salary-Cap aufgrund ihrer Finanzkraft voll ausnützen können, herrschen grosse Unterschiede. Die berühmten Toronto Maple Leafs bringen seit Jahren keinen Fuss mehr vor den anderen – trotz prall gefüllter Brieftasche.
In der NLA haben seit der Einführung des «Best-of-Seven»-Modus (1998) nur fünf verschiedene Mannschaften triumphiert: Zug (1), Lugano (3), Zürich (5), Davos (5) und Bern (3).
Klammert man den EVZ und dessen einzigen Titelgewinn aus, bleiben die «Big four» unter sich. In der Schweiz ist ohne die grosse Kohle kein Titelgewinn mehr möglich.
«Ich weiss es wirklich nicht», sagt Mathias Seger auf die Frage nach dem Grund für den Meisterblues. Seger war bei allen fünf Titeln des ZSC seit 2000 mit an Bord.
«Die Liga ist auf hohem Niveau ausgeglichen und eng zusammengerückt. Ich kann nur hoffen, dass wir es sind, die den Fluch brechen können.» Im Moment schaut es nicht danach aus.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | ZSC Lions | 29 | 34 | 61 | |
2 | Lausanne HC | 32 | 13 | 61 | |
3 | SC Bern | 32 | 21 | 58 | |
4 | HC Davos | 33 | 24 | 58 | |
5 | EHC Kloten | 33 | 0 | 57 | |
6 | EV Zug | 31 | 19 | 49 | |
7 | SCL Tigers | 31 | 3 | 45 | |
8 | EHC Biel | 31 | -1 | 42 | |
9 | HC Fribourg-Gottéron | 32 | -11 | 42 | |
10 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 33 | -14 | 42 | |
11 | HC Ambri-Piotta | 32 | -21 | 41 | |
12 | Genève-Servette HC | 29 | -1 | 39 | |
13 | HC Lugano | 31 | -20 | 39 | |
14 | HC Ajoie | 31 | -46 | 26 |