Mike McNamara versammelt seine Spieler um sich, gibt letzte Anweisungen. Dann steuert er mit grossen Schritten in Richtung Kabine, versucht, die Journalisten abzuwimmeln. Er habe keine Zeit, müsse Videos studieren. Schliesslich gibt der Kanadier doch klein bei – und spricht 50 (!) Minuten lang ohne Punkt und Komma.
Der Mann, der vor elf Monaten von Kevin Schläpfer übernahm, gleicht immer noch einem Kind unter dem Weihnachtsbaum. Man nimmt es ihm ab, wenn er sagt: «Ich bin mit dem gleichen Feuer dabei, wie am ersten Tag.» Auch mit 68 Jahren findet er nach Niederlagen kaum Schlaf. McNamara sagt: «Ich bin nicht so clever, muss lange überlegen, um Lösungen zu finden.»
Der Vater dreier Töchter ist von seinem Job besessen, kennt keine Freizeit. Am Mittwoch besuchte er ein Turnier der Minis in Kandersteg. Heute schaut er sich mit seiner Frau Inger ein Juniorenspiel in Biel an. «Ich habe noch nie einen Trainer erlebt, der so verbissen ans Werk geht und so viele Stunden im Stadion verbringt», sagt CEO Daniel Villard. «Ich bin gut bezahlt», entgegnet McNamara. «Wäre ich bei einer Bank angestellt, könnte ich auch nicht um zwölf Uhr mittags dicht machen.»
Die Begeisterung für den Sport findet der Lehrersohn aus Montreal als Teenager. Er spielt American Football, Eishockey und fährt im Sommer Kanu. «Mein Lieblingssport. Pro Tag investierte ich vier bis fünf Stunden.» Ein Kollege bringt ihn zum Wassersport. «Da war ich elf und dick. Richtig dick. Ich hatte 15 Kilo Übergewicht und war schon nach dem Aufwärmen total erledigt. Doch ich hatte viel Spass.»
McNamara treibt immer mehr Sport, geht auch Schwimmen und auf den Tennisplatz. Die Kilos purzeln. Und der Kanute wird immer besser. 1965 und 1966 gewinnt McNamara im Vierer zweimal die kanadische Juniorenmeisterschaft. Ein Jahr später wird er 1967 Nordamerika-Meister.
Knapp an Gold vorbei
Einer seiner Teamkollegen ist Patrick Bossy, der Bruder von NHL-Superstar Mike, dem vierfachen Stanley-Cup-Sieger, der als Junior auch an Kanu-Wettkämpfen teilnahm. «McNamara war ein wirklich starker Paddler und bildete mit Bossy auch eine starke Doppel-Crew. Die Beiden wurden an den Kanada-Meisterschaften Zweite», erinnert sich Bob Kay, der ebenfalls für den Kanu-Klub Cartierville fuhr, anders als McNamara aber auch mit 75 Jahren noch Rennen bestreitet.
Dass ihm Gold im Zweier verwehrt bleibt, ärgert den Biel-Trainer noch heute. «Wir waren die Besten, gewannen eine Woche zuvor einen Wettkampf mit 18 Sekunden Vorsprung. Die Meisterschaft verloren wir einzig wegen des Gegenwinds.»
McNamara träumt von den Olympischen Spielen in Mexiko. Das Problem: «Ich ging in Halifax zur Schule. Die dauerte bis Ende Juni. Die Vorbereitung für die Olympia-Quali aber begann schon im April in Montreal. Als ich zum Team stiess, hatte mein Kollege schon einen anderen Partner.» Weil zudem die Vierer-Boote damals für Olympia nicht zugelassen sind, platzt der Traum.
Obwohl McNamara – laut eigener Aussage – kein begnadeter Spieler ist, forciert er seine Hockey-Karriere. «Durch den Gewichtsverlust wurde ich besser.» Innerhalb von zwei Jahren schafft es der Verteidiger in die stärkste Juniorenliga. «Meine Freunde wussten, wie schlecht ich in der Primarschule war. Ich wurde immer als Letzter gewählt, wenn es darum ging, Gruppen zu bilden. Also lachten sie mich aus, sagten: Das ist ein Witz! Die werden dich dort töten.»
Doch McNamara übersteht auch die gefürchtete NAHL, spielt dort gegen die Johnstown Jets, die 1977 von Paul Newman als Charlestown Chiefs mit den rüpelhaften Hanson-Brothers in «Slap Shot» verfilmt werden. «Es war viel schlimmer, als im Film dargestellt. Diese Liga war idiotisch. Es gab Amphetamine und sonstige Drogen. Die Leute waren total verrückt», sagt McNamara und erinnert sich an eine Massenschlägerei in Syracuse. «Die dauerte eine Viertelstunde. Es gab 400 Strafminuten. Elf Spieler mussten ins Spital gefahren werden. Da sagte ich meiner Frau: Jetzt ist Schluss. Irgendwann stirbt einer.»
Als McNamara aus dem Bus pinkelte
Auch von den Busreisen hat McNamara genug. «Musste man auf die Toilette, öffnete der Chauffeur die Türen und man urinierte bei 100 Stundenkilometern auf die Strasse. Oft kamen wir zwischen zwei Spielen nicht mal ins Bett, sassen nur im Bus.»
Es ist das Ende seiner Spielerkarriere in Übersee. McNamara studiert Wirtschaft, Geschichte und Psychologie, wechselt wegen eines Praktikums in die Schweiz, spielt bei Villars und assistiert später beim Grande Lugano John Slettvoll. Doch ausser Fribourg Ende der 1980er-Jahre setzt kein NLA-Team von Beginn an auf den Ausbildner. Bis ins Jahr 2017 und dem EHC Biel.
Über die Zukunft des 68-Jährigen diskutieren Klub und Trainer erst in der Februar-Pause. Doch McNamara denkt auch an eine Rückkehr nach Montreal nach, ist dort Mitbesitzer einer Sportanlage mit vier Eisflächen. «Kehre ich heim, kaufe ich mir ein Kajak und steche mit Inger in den See.»
Vor zwei Jahren paddelte er erstmals mit seiner Frau durch den Bielersee. «Ich würde gerne wieder gehen, aber ich finde einfach keine Zeit.» McNamara schaut auf die Uhr. «Ich muss arbeiten. Wir Trainer mögen einige Spieler mehr als andere. Nicht menschlich, aber spielerisch. Deshalb benote ich nach jedem Match einzeln die Spieler. So sehe ich immer, wer gut und wer schlecht spielt», sagts – und verschwindet in der Kabine.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | ZSC Lions | 29 | 34 | 61 | |
2 | Lausanne HC | 32 | 13 | 61 | |
3 | SC Bern | 32 | 21 | 58 | |
4 | HC Davos | 33 | 24 | 58 | |
5 | EHC Kloten | 33 | 0 | 57 | |
6 | EV Zug | 31 | 19 | 49 | |
7 | SCL Tigers | 31 | 3 | 45 | |
8 | EHC Biel | 31 | -1 | 42 | |
9 | HC Fribourg-Gottéron | 32 | -11 | 42 | |
10 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 33 | -14 | 42 | |
11 | HC Ambri-Piotta | 32 | -21 | 41 | |
12 | Genève-Servette HC | 29 | -1 | 39 | |
13 | HC Lugano | 31 | -20 | 39 | |
14 | HC Ajoie | 31 | -46 | 26 |