Hockey-Boss René Fasel über seine schwierigen Gespräche in New York
«NHL-Stars bei Olympia bleiben ein grosses Fragezeichen»

Zahnarzt. Eishockeyspieler. Schiedsrichter. Seit 1994 Chef des internationalen Eishockeys. René Fasel (66) spricht über Spielersicherheit, Ansprüche der Klubs und die Chancen der Nati.
Publiziert: 24.04.2016 um 14:11 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 17:45 Uhr
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Hockey-Boss René Fasel sieht «ein grosses Fragezeichen»...
Foto: Sven Thomann/Blicksport
Dino Kessler

Rene Fasel, Sie werden im Mai als Präsident des Internationalen Eishockey-Verbands (IIHF) bis 2020 bestätigt. Sie sind also länger im Amt als Sepp Blatter. Wäre es nicht Zeit für eine Veränderung?
(Lacht) Ich bin etwas jünger als Sepp Blatter. Bei der IIHF sorgt eine Altersbeschränkung für Ordnung, mit 72 darf man noch kandidieren, spätestens mit 76 scheidet man aus dem Council aus. Ich könnte 2020 also nochmals antreten. 

Gut, formulieren wir die Frage um: Vielleicht braucht das Internationale Eishockey eine andere Führung?
Ich amtiere nicht als Alleinherrscher. Als ehemaliger Eishockeyspieler bin ich ein Teamplayer, ich sehe mich eher als Captain, der ein Team führt. Ich denke, mein Führungsstil findet Zustimmung. Unser Council ist auch mit jüngeren Leuten und ehemaligen Spielern bestückt, die den Puls des Spiels spüren.

Wie kann man das internationale Eishockey noch weiter voranbringen?
Die Priorität hat die Gesundheit der Spieler. Trainingsmethoden, Tempo, die Physis der Spieler – der Sport hat sich grundlegend verändert. Darum haben wir ehemalige Spieler engagiert, die sich viel stärker um die Sicherheit der Spieler bemühen. Tun wir das nicht, geht uns irgendwann der Nachwuchs aus.

In der Schweiz sind flexible Banden keine Pflicht, das Justizsystem vernachlässigte zuletzt die Aufsichtspflicht. Eine Gegenbewegung zu Ihren Bemühungen...
Ja. Wir können da aber nicht viel tun, weil die nationalen Verbände bei der Regelgestaltung stark autonom arbeiten.

Tut die National League genug für die Spielersicherheit?
Vielleicht ist es wenig ein Führungsproblem. Zwischen Verbänden und Ligen gibt es immer Spannungen. Die 250'000 Franken als Einmal-Investition für moderne Banden sollten bei den Budgets der NLA-Klubs kein echtes Problem darstellen. Vielleicht klopfen ja die Unfallversicherungen bald mal an die Türen der Klubs...

Trotzdem ist die NLA sehr attraktiv.
Eishockey ist in der Schweiz ein sehr gutes Produkt, wahrscheinlich sogar ein besseres als der Fussball. Warum? Wegen der Spannung, wegen den Emotionen und der Leidenschaft. Was zuletzt in Bern geschah, war wie ein Märchen. Trotzdem besteht bezüglich der  Spielersicherheit Handlungsbedarf. Bei uns sind ehemalige Spieler für die Beurteilung von Fouls verantwortlich. 

Wir haben Victor Stancescu als Verantwortlichen für Spielersicherheit vorgeschlagen.
Voilà, das ist eine gute Idee. Aber er sollte nicht allein entscheiden müssen. Ich sage das als ehemaliger Schiedsrichter: Nur ehemalige Spieler können verzwickte Situationen und Bewegungsabläufe bis ins letzte Detail deuten, auflösen und korrekt sanktionieren.Das ist so, auch wenn viele Leute glauben, es besser zu wissen.

Der World Cup im September ist eine Konkurrenz für die WM. Ein Mickey-Mouse-Turnier mit sechs Nationen und zwei Jekami-Gruppen. Und ohne Schweiz...
(Lacht) Ich sehe das vollkommen anders, c’est le dessert! Das wird etwas Aussergewöhnliches, eine Show ohne die üblichen Begleitumstände und trotzdem mit den besten Spielern der Welt. 

Aber was ist der Sinn?
Hockey pur. Wie gesagt, Show und Unterhaltung. Das U23-Team aus Nordamerikanern, da werden so viele junge Stars dabei sein, das begeistert doch die Fans. Bei unserem Team Europa – gut, bei der Trainerwahl hatten wir nichts zu sagen – werden die besten Schweizer Spieler doch auch dabei sein. Sind wir erfolgreich, freut sich ganz Europa!

Aber die Nati...
...mais non! Hockey pur. Wie wenn die besten Köche der Welt ein Gelage veranstalten, will man sich doch an die Tafel setzen und dabei sein, egal wo die Köche herkommen.

Werden die NHL-Spieler bei Olympia 2018 in Südkorea dabei sein?
(Schnauft) Ich traf letzte Woche Gary Bettman (NHL-Geschäftsführer, die Red.) in New York zu Gesprächen. Es sieht nicht sehr gut aus, weil Südkorea für die NHL kein Anreiz ist und weil das IOC die Rahmenbedingungen bezüglich eines Teils der Kosten geändert hat. Momentan würde ich sagen: Hinter der NHL-Teilnahme steht ein grosses Fragezeichen.

Wie stark belastet sie die Klubvereinigung EHCA mit Marc Lüthi als Interims-Präsident? Was wollen die Klubs von Ihnen?
Im europäischen Mannschaftssport gibt es auf jeder Ebene generell viele Herausforderungen. Die Klubs wünschen sich Autonomie, sie wollen die Einnahmen kontrollieren und verwalten, ähnlich wie in der NHL. Im Gesamtarbeitsvertrag zwischen NHL und Spielergewerkschaft sind aber auch Dinge geregelt, von denen die europäischen Klubs nichts wissen wollen. Ein Beispiel: In der NLA werden Doppelrunden gespielt, weil das attraktive Daten sind. Dabei geht es nur um die Einnahmen, die Gesundheit der Spieler ist kein Thema. Zwei Spiele innerhalb von 20 Stunden? Da steigt die Verletzungsgefahr im Quadrat. Wäre in der NHL unmöglich.

Wäre eine Spielergewerkschaft nicht wirksamer als eine Klubvereinigung?
Eine Spielergewerkschaft kann man gründen, aber so viel Macht wie in Nordamerika wird sie nie haben. Im Gesamtarbeitsvertrag sind auch Spielerverträge, Boni und so weiter geregelt, das kann man bei uns vergessen. Bei uns können Sie Vereinsregeln aufstellen, aber wenn einer vor Gericht zieht, bestimmt trotzdem das Gesetz.

Die Marketingrechte der Weltmeisterschaft liegen seit langer Zeit bei Infront. Für diese Rechte erhält die IIHF 30 Millionen Franken.
Nicht ganz, aber wie sie wissen, haben wir mit unserem Vertragspartner in diesem Punkt Stillschweigen vereinbart.

Diese Rechte sind bis 2022 vergeben worden. Weshalb so langfristig? Vielleicht könnte man in zwei Jahren das Doppelte rausholen.
Unser Erlös hängt davon ab, was in diesen Verträgen steht. Ich verlasse mich dabei auf unsere Fachleute. Lassen sich neue Einnahmequellen erschliessen – beispielsweise Smartphone-Apps und dergleichen – profitieren wir zusätzlich davon. Die IIHF ist zu klein, um eine Weltmeisterschaft sinnstiftend selbst zu vermarkten. Sonst müssten wir eine eigene Vermarktungsabteilung aufbauen. Würde sich das lohnen, wenn es Profis gibt, die das bereits können? Der Vertrag mit Infront bietet uns langfristige Planungssicherheit. Was ist die WM in zwei Jahren wert? Das kann heute keiner sagen.

Weshalb wurde der Vermarktungsvertrag nicht in einem offenen Wettbewerb vergeben?
Die Frage ist durchaus berechtigt. Der Vertrag mit Infront bis 2022 steht, aber darin gibt es Anpassungsmöglichkeiten, innerhalb gewisser Fristen lassen sich Details neu ausarbeiten. Es gibt aber nicht unzählige seriöse Anbieter. Wären wir bei jedem Vermarkter so gut aufgehoben wie bei Infront? Es gab Firmen, die sich bei uns beworben haben und zwei Jahre später waren sie pleite.

Wer bestimmt den besten Vermarktungspartner für die IIHF?
Dafür haben wir eine Verhandlungsgruppe mit einem Vorsitzenden. Diese Leute evaluieren die für uns beste Möglichkeit und unterbreiten diese dann dem Council. Ich habe damit eigentlich nichts zu tun. 

Als Präsident sind Sie in letzter Konsequenz verantwortlich.
Ja, absolut. Ich bin aber auch dafür verantwortlich, diesem Verband sichere Einnahmen zu garantieren.

Nehmen wir mal an, Infront generiert mit der WM 40 Millionen. Wäre das nicht Geld, das dem Eishockey gehört?
Das ist hypothetisch. Sollten sich die Einnahmen gegenüber den Abmachungen in den Verträgen wirklich so signifikant steigern, würden diese prozentual verteilt und sinnstiftend reinvestiert. Dafür ist immer genug Bedarf vorhanden. 

Abschliessende Frage: Wie wird die Schweiz an der WM in Moskau abschneiden?
Der Entscheid, mit drei relativ unerfahrenen Schweizer Trainern ins Rennen zu gehen, ist sehr mutig. Eine Schweizer Lösung finde ich grundsätzlich gut. Bei einer WM muss man eine gute Stimmung erzeugen und ich glaube,dass die drei ehemaligen Topspieler viel dazu beitragen werden. Ich drücke die Daumen.

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
ZSC Lions
ZSC Lions
29
34
61
2
Lausanne HC
Lausanne HC
32
13
61
3
SC Bern
SC Bern
32
21
58
4
HC Davos
HC Davos
33
24
58
5
EHC Kloten
EHC Kloten
33
0
57
6
EV Zug
EV Zug
31
19
49
7
SCL Tigers
SCL Tigers
31
3
45
8
EHC Biel
EHC Biel
31
-1
42
9
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
32
-11
42
10
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
33
-14
42
11
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
32
-21
41
12
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
29
-1
39
13
HC Lugano
HC Lugano
31
-20
39
14
HC Ajoie
HC Ajoie
31
-46
26
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