Hockey-Boss Marc Furrer
«Eishockey spielt im TV-Bereich jetzt in der Fussball-Liga»

Der neue TV-Vertrag bringt dem Schweizer Eishockey ab nächstem Jahr pro Saison 35,4 Millionen Franken (exklusiv Produktionskosten) ein. Verbandspräsident Furrer (65) spricht über den Millionen-Segen, Finanzprobleme und den Cup.
Publiziert: 16.10.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 01:07 Uhr
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Der ehemalige Ruderer Furrer hat fürs Schweizer Eishockey neue Finanzquellen erschlossen.
Foto: Joseph Khakshouri
Interview: Stephan Roth

Der neue TV-Vertrag mit UPC und den Kabel-Anbietern bringt ab nächster Saison das Dreifache. Wie kam es dazu?
Marc Furrer:
Zuerst mussten wir eine Strategie festlegen, die Rechte-Pakete definieren und uns mit den Klubs abstimmen. Dann brauchte es auch Gespräche mit der Wettbewerbskommission, um zu sehen, was rechtlich möglich ist, damit man nicht hinterher Schwierigkeiten hat. Schliesslich haben wir eine klare, saubere Ausschreibung gemacht. Das war eine Mischung aus knallharten Kriterien, etwas Beauty-Contest und einem Auktionsverfahren unter notarieller Begleitung.

Und zum Schluss kam es zum Showdown?
Ich habe ja ein wenig Erfahrung aus der Telekommunikation im Bereich Ausschreibungen und Auktionen. Ganz zum Schluss mussten die Interessenten ihre Angebote in einem versiegelten Couvert abgeben. Der höhere Betrag bekam den Zuschlag.

Sie hatten aber eine goldene Ausgangslage. Sie waren in einer Situation, wie man sie im Schweizer Sport zuvor nicht kannte: Zwei Interessenten wollten die Rechte unbedingt.
Das stimmt. Doch so eine Ausgangslage muss man auch nutzen. Ausserdem ist der Wert des Eishockeys in den letzten Jahren stark gestiegen. Wohl mit ein Grund, dass auch ausländische Anbieter mitgeboten haben. Wir spielen nun im TV-Bereich in derselben Liga wie der Fussball.

Jetzt kommt der Sportkonsument in die Zwickmühle, weil er in Zukunft Swisscom-TV mit Teleclub für den Fussball und UPC oder Kabelanbieter fürs Eishockey braucht, wenn er alles sehen will.
Ja, das ist so. Einzelne Spiele kann man ja im Free-TV auf den SRG-Sendern sehen. Und es ist nicht aus­geschlossen, dass es noch zu einem Austausch zwischen UPC und Teleclub kommt. Wir haben grundsätzlich zwei Interessen: Dass unser Sport in der Öffentlichkeit gezeigt wird. Und Geld zu verdienen, das dem Eishockey zugute kommt. Mit dem neuen Deal erreichen wir mehr Leute, da 85 Prozent aller Haushalte abgedeckt sind. Hier erhoffen wir uns aufgrund der verstärkten Verbreitung eine grössere Interessengruppe und ein wachsendes Publikum. Letztlich ist für uns ist auch wichtig, dass UPC mit «MySports» einen eigenen Sportkanal aufbaut – mit Schwergewicht Eishockey.

Wäre der Austausch zwischen UPC und Swisscom Ihr Traum-Szenario?
Ja, doch vielleicht sagen die auch: «Wir haben viel Geld auf den Tisch gelegt und wollen eine gewisse Exklusivität.» Ich denke auch nicht, dass dies für die Wettbewerbskommission ein Problem wäre.

Wer profitiert?
Der Verteilschlüssel wurde noch nicht bestimmt. Das Produkt, das wir verkauft haben, ist primär die National League. Und die ist das Produkt der Klubs. Der Grossteil des Geldes geht somit an die Klubs. Das war ja auch bisher schon so.

Die Klubs denken doch vor allem an sich selbst. Wäre es für die Entwicklung des Eishockey nicht wichtig, wenn jemand «Halt! Stopp!» sagen würde?
Doch. Es wird nun definiert, was man Sinnvolles machen kann fürs Gesamtprodukt. Man kann nun wichtige Projekte besser finanzieren, beispielsweise die oft genannten und international gelobten ­Labels, welche der Entwicklung des Eishockeys helfen. Sicherlich wäre es nicht sinnvoll, wenn die Spielersaläre noch einmal um zwanzig Prozent höher werden. Das kann es nicht sein.

Wie lässt sich das verhindern?
Man kann nun sicher die finanzielle Basis der Klubs stärken, sodass sie vielleicht in die sportliche Infrastruktur oder die Juniorenförderung – beispielsweise die erwähnten Labels – investieren können und nicht einfach noch teurere Aus­länder holen. Doch das können wir nicht garantieren. Ich möchte vor Scheinlösungen warnen. Im End­effekt ist jeder Klub selbst für sich verantwortlich.

In unserem Hockey läuft etwas falsch, wenn man eine hervor­ragend vermarktete Liga mit grossen Einnahmen hat und trotzdem die Mehrheit der Klubs rote Zahlen schreiben.
Dem stimme ich grundsätzlich zu. Im Prinzip darf man nur das aus­geben, was man einnimmt. Den Wandel in Kloten finde ich sehr gut. Mir gefällt, was Präsident Hans-­Ulrich Lehmann macht. Ich hoffe, dass er es auch durchzieht. Anderseits gehört auch das Mäzenatentum dazu. Wenn jemand Freude daran hat, einen Klub zu unterstützen, ist das doch erfreulich. Was nicht geht, ist das ewige Verschulden. Deshalb sind wir bei den Lizenz­vorschriften sehr viel strenger geworden. Wir haben ja das Ampel­system mit Grün, Orange, Rot.

Das klingt ja gut. Doch im Frühling wäre Kloten trotzdem bei­nahe untergegangen.
Neu basiert die Spielberechtigung für die neue Saison auf den Zahlen per Bilanzstichtag der letzten Saison. Wenn eine Bilanz die geforderten Kennzahlen nicht erfüllt, wird der Klub intern mit dem Ampelsystem klassiert. Darauf basierend erfolgen reglementarisch definierte Auflagen. Die Klubs sind Aktien­gesellschaften, wenn sie mehr ­ausgeben als einnehmen, liegt diese Verantwortung immer bei der operativen und strategischen Führung – nicht bei der Liga. Wenn ­jemand die Lust verliert zu zahlen, dann wird es eben schwierig.

Aber dann müssten jetzt ja Lampen bei Klubs wie den ZSC Lions oder Lugano leuchten. Bei Kloten haben ja in den letzten Jahren auch Millionäre die Löcher gestopft.
Da sind wir wieder beim Mäzenatentum.

Bei Walter Frey oder der Mantegazza-Familie ist nicht zu befürchten, dass sie von einem Tag auf den anderen keine Freude mehr am Hockey haben. Aber die Kanadier in Kloten hatten nach einem Jahr genug.
Die Eigentümer und ihre Bonität werden jetzt genauer überprüft. Ein Problem ist es, wenn sich plötzlich jemand zurückzieht. Das ist ein Klumpenrisiko.

Ken Stickney war Präsident in Kloten, jetzt ist er der Besitzer von Lausanne. Wer sagt, dass er nicht auch dort davonläuft, wenn es nicht wie gewünscht funktioniert?
Wir können nicht alles absichern. Dafür fehlen uns auch die recht­lichen Voraussetzungen. Aber wir können vor der Saison schauen, ob genug Benzin im Tank ist. Für uns ist wichtig, dass nicht eine Mannschaft während der Saison aussteigt.

Sprechen wir noch über eine weitere Einnahmequelle: den Cup. Zuletzt gab Teleclub bekannt, dass man die Spiele ab nächster Saison übertragen werde, wenn es den Wettbewerb noch gibt.
Da waren wir nicht involviert, da die Cup-Rechte beim Vermarkter ­InfrontRingier liegen, welcher das selbst abgeschlossen hat. Ich finde das sehr unglücklich, weil weder der CEO noch der Präsident von Swiss Ice Hockey vorgängig informiert worden sind. Man muss da sicher eine Lösung finden.

Überlebt der Cup überhaupt?
Es war vor drei Jahren der Wille der Klubs, den Cup wieder einzuführen. Nicht zuletzt, um eine zusätzliche Möglichkeit zu schaffen, einen weiteren Pokal zu gewinnen. Und die Spiele «Klein gegen Gross» kommen auch sehr gut an. Ich war kürzlich bei Düdingen gegen Servette, das war ein riesiges Fest. Grundsätzlich ist es sicher gut, dass wir den Cup haben. Es braucht vielleicht Anpassungen. Wir suchen nach Lösungen und werden dann einen Mehrheitsentscheid über die Zukunft des Cups bestimmen lassen.

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
ZSC Lions
ZSC Lions
19
19
40
2
HC Davos
HC Davos
21
21
40
3
Lausanne HC
Lausanne HC
21
8
40
4
SC Bern
SC Bern
22
15
36
5
EV Zug
EV Zug
22
17
36
6
EHC Kloten
EHC Kloten
21
2
33
7
EHC Biel
EHC Biel
21
0
32
8
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
22
-7
31
9
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
21
-9
27
10
SCL Tigers
SCL Tigers
19
-3
25
11
HC Lugano
HC Lugano
19
-13
25
12
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
19
-12
24
13
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
17
-3
22
14
HC Ajoie
HC Ajoie
20
-35
15
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