Herr Hiller, Sie bezeichnen sich als Autofreak. Wie viele Autos besitzen Sie?
Jonas Hiller: Ich sage es mal so: Wenn ich will, könnte ich jeden Wochentag einen anderen Wagen fahren. Zudem habe ich einen alten BWM doppelt, quasi als Ersatzteilspender. Ein Container mit zwei Autos befindet sich noch auf dem Weg in die Schweiz.
Gehen Sie noch auf die Rennstrecke?
Früher reiste ich dafür dreimal im Sommer ins Ausland. Seit der Geburt unserer Tochter Noelia vor zwei Jahren haben sich die Prioritäten verschoben. Der Reiz aber ist geblieben. Ich hoffe, ich finde wieder mehr Zeit.
Hatten Ihre Arbeitgeber nie Probleme damit?
Ich fahre keine Rennen. Das Ganze läuft unter Fahrsicherheitstraining.
Woher stammt die Faszination?
Sie hat mit meinem ersten Auto, einem Seat Leon, begonnen. Ich kaufte ihn mit 20 und habe ihn heute noch, allerdings habe ich so ziemlich alles daran verändert. Als Kind spielte ich Lego. Das jetzt ist für Fortgeschrittene.
Was machen Sie?
Ich lackiere die Autos neu, wechsle Felgen, das Fahrwerk und manchmal auch den Motor. Zudem baue ich Musiksysteme ein.
Wie eignen Sie sich das Wissen an?
Ich informiere mich in Foren und Büchern, befasse mich stundenlang damit. Auch Computer schraube ich auf. Während meiner HCD-Zeit liefen die Geräte vieler Teamkollegen nur deshalb noch, weil ich mich um sie gekümmert hatte.
Haben Sie vom EHC Biel einen Wagen erhalten?
Ich habe gesagt, ich würde keinen brauchen. Ins Training fahre ich mit meinem VW Bus, einem T5. Es gibt genügend Platz für meine Kitesurf-Utensilien, falls es auf dem Bielersee Wind hat.
Spüren Sie manchmal Neid?
In den USA finden es die Leute cool, wenn du ein tolles Auto fährst, Erfolg hast und viel verdienst. In der Schweiz wird das kritischer angesehen. Man fragt sich, weshalb ein Hockey-Spieler so viel verdient. Ich nehme Rücksicht, überlege mir, bei welchen Gelegenheiten ich in den Porsche steige.
Sie haben in der NHL brutto 35 Millionen Dollar verdient. Hat Sie das Geld verändert?
Ich besitze mehr als ein Auto, bin mit 34 Jahren soeben in mein eigenes Haus eingezogen. Das sind Privilegien, die ich schätze. Aber ich lebe nicht in Saus und Braus. Mir bedeutet es viel, Kollegen einzuladen und meinen Eltern etwas zurückzugeben.
Mit 700 000 Franken pro Jahr sind Sie der teuerste Spieler in Biels Klubgeschichte.
Der Lohn wurde nicht gross verhandelt. Mir wurde gesagt, was sie offerieren können. Und für mich stimmte es so.
Was bedeutet Ihnen Geld?
Ich habe immer gesagt, ich will mit dem Hockey so viel verdienen, damit ich später nicht jeden Morgen um sieben Uhr ins Büro muss. Denn so stelle ich mir mein Leben nicht vor. Da habe ich andere Interessen.
Woran denken Sie?
Ich besitze die Aktienmehrheit einer Kitesurf-Firma. Diesen Sport habe ich vor vier Jahren während meiner Thailand-Ferien entdeckt. Ich könnte mich um die Entwicklung der Ausrüstungen kümmern. Sicher werde ich nicht 100 Prozent arbeiten. Ich will Zeit mit meiner Tochter verbringen, sie aufwachsen sehen.
Wie hat Noelia Sie verändert?
Früher war ich verbissen. Es gab nur Hockey. Jetzt komme ich nach Hause, sehe ihr Lächeln, ihre Freude. Ihr ist es egal, wie ich spiele. Das gibt mir viel. Vor allem während einer solch frustrierenden Saison wie im letzten Winter.
Was lief in Calgary schief?
Diese zwei Jahre waren mental hart. Ich wurde aufs Abstellgleis geschoben. Es ist schwierig, gute Leistungen zu bringen, wenn du weisst, dass dich der Coach eigentlich gar nicht mehr sehen will.
Gab es mit Bob Hartley zwischenmenschliche Probleme?
Ich denke nicht. Er fordert viel Einsatz, will, dass man quer durch den Torraum hechtet. Ich mache aber wenig spektakuläre Spagate. Es gab Differenzen. Er sagte, ich sei ein fauler Sack. Nur weil ich schwierige Situationen einfach habe aussehen lassen.
Sie sind nicht der Erste, der Mühe mit dem Ex-ZSC-Coach bekundete.
Das kann ich mir vorstellen. Es funktionierte im Team nicht mehr. Hartley konnte auch nach einem 5:0-Sieg Spieler verbal angreifen. Wenn man Erfolg hat, schaut man darüber hinweg. Sonst wird es mühsam. Ich hatte die Schnauze voll von Hockey. Unter Hartley hätte ich nicht mehr spielen wollen.
Was wären die Alternativen zu Biel gewesen?
Ich hätte bis Juli warten können. Aber zehn NHL-Torhüter waren ohne Job. Und es gab bloss drei Plätze. Hätte ich was gefunden, wäre es lohnmässig auf dem Minimum gewesen. Und man hätte mich in die AHL abschieben können. Das war es mir nicht mehr wert. Nicht mit 34. Ich habe Familie.
Trotzdem haben Sie in Biel Ausstiegsklauseln für die NHL.
Erhalte ich nochmals die Chance als Stamm-Goalie, wäre ich ja blöd, würde ich mir die verbauen. Aber es muss auch für die Familie stimmen. Entscheidend wird auch sein, ob wir uns hier wohlfühlen.
Wie meinen Sie das?
Sieben Jahre lebte ich in Kalifornien. Zwei in Calgary, hinter Colorado dem zweitsonnigsten Ort Nordamerikas. Stecke ich hier drei Wochen im Nebel fest, merke ich vielleicht, dass das so nicht geht.
Sie haben mal gesagt, Sie könnten in der Schweiz nur verlieren.
Meine Idealvorstellung wäre gewesen, die Karriere in der NHL zu beenden. Die Erwartungen hier sind gross. Und ja, es gibt viel zu verlieren. Aber eine Langzeitplanung ist im Spitzensport nicht möglich. Biel war die beste Option. Das Team ist ambitioniert. Ich will hier ein Vorbild sein.
Was fällt Ihnen im Vergleich mit den USA auf?
Uns fehlt die Spontanität. Verabredet man sich in Übersee noch für denselben Tag, heisst es bei uns: In zwei Wochen habe ich Zeit. Wenn einer in den USA sagt, er mache das, kann es sein, dass er noch nie vor einer solchen Aufgabe stand. Wenn einer in der Schweiz meint, er wisse nicht, wie das funktioniere, hat er es meistens schon zehn Mal getan.
Und sonst?
Der Schweizer gibt sich bedeckt, stellt seinen Ferrari lieber beim Händler in die Garage, damit der Nachbar nichts merkt. Ich brauchte jeweils zwei Wochen, um mich wieder an die Verhältnisse zu gewöhnen.
Was haben Sie in den neun Jahren am meisten vermisst?
Neben meinem Umfeld die materiellen Dinge. Basler Läckerli. Rivella. Schweizer Käse. Jetzt bin ich auch froh, jeden Abend wieder in meinem eigenen Bett liegen zu können.
Sie hatten vor fünf Jahren in Anaheim Gleichgewichts-Störungen. Wie geht es Ihnen heute?
Ich spüre seit Jahren nichts mehr. Damals war es frustrierend. Wenn ich den Kopf drehte, wussten die Augen nicht mehr, wie weit sie sich verschieben müssen. Ich sah den Puck nicht mehr, hinkte dem Spiel hinterher.
Der schwierigste Moment Ihrer Karriere?
Schwierig, weil mir niemand sagen konnte, wie lange das dauert. Ich habe immer gepusht. Plötzlich musste ich lernen, Geduld zu haben. Ich brauchte ein Jahr, bis alles wieder funktionierte. Wenigstens gings im Alltag.
Stimmt es eigentlich, dass Ihre Mutter Ihnen empfahl, sich beruflich anders zu orientieren?
Das war damals in Davos, als ich auch im dritten Jahr nicht an Lars Weibel vorbeikam. Ich sagte ihr dann, dass ich im Hockey schon eine Chance sehen würde. Den Eltern war wichtig, dass ich die Sportmittelschule abschliesse.
Ihre Mutter spielte in der Basketball-Nati. Ihr Vater war Basketball-Trainer.
Ich spielte als Kind auch Basketball. Doch dann stellte sich die Frage, ob Hockey in Herisau oder Basketball in St. Gallen, was den doppelten Weg zur Folge gehabt hätte.
Sie sind in Urnäsch im Appenzell aufgewachsen.
Eine ländliche Gemeinde mit 2500 Einwohnern. Es gibt das Gerücht, wonach dort mehr Kühe leben als Menschen. Ich habe es genossen. Wir lebten in einem umgebauten Bürogebäude. Es gab einen langen Flur. Dort spielten mein Bruder und ich Fussball. Im Winter machte der Vater aus der grossen Terrasse ein Eisfeld.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | ZSC Lions | 19 | 19 | 40 | |
2 | HC Davos | 21 | 21 | 40 | |
3 | Lausanne HC | 21 | 8 | 40 | |
4 | SC Bern | 22 | 15 | 36 | |
5 | EHC Kloten | 21 | 2 | 33 | |
6 | EV Zug | 21 | 14 | 33 | |
7 | EHC Biel | 21 | 0 | 32 | |
8 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 21 | -4 | 31 | |
9 | HC Fribourg-Gottéron | 21 | -9 | 27 | |
10 | SCL Tigers | 19 | -3 | 25 | |
11 | HC Lugano | 19 | -13 | 25 | |
12 | HC Ambri-Piotta | 19 | -12 | 24 | |
13 | Genève-Servette HC | 17 | -3 | 22 | |
14 | HC Ajoie | 20 | -35 | 15 |