BLICK: Was halten Sie von der gegenwärtigen Unruhe im Dunstkreis des Schweizer Eishockeys?
Arno Del Curto (60): Damit habe ich mich nicht befasst, ich habe auch nichts gesehen, es interessiert mich auch nicht. Ich habe nur mitbekommen, dass Victor Stancescu zurückgetreten ist. Das ist schade. Stancescu war als Spieler eine Persönlichkeit, er ist ein intelligenter Mann und hätte als Einzelrichter etwas ausrichten können. Aber die Welt tickt heute scheinbar so: Erst sagen alle Ja, dann plötzlich stört es doch wieder einen. Wenn man mal Ja sagt, sollte es auch dabei bleiben.
Ändert sich durch den Rücktritt Stancescus etwas für Sie?
Nein. Wir senden ja sowieso nie irgendwelche Videos ein.
Sollten die Klubs Verfahren einleiten können?
Aus meiner Sicht? Ganz klar: Nein. Das verführt nur dazu, irgendwelche Dinge zu suchen, um sich einen Vorteil zu verschaffen, das ist wie im Kindergarten. Aber wer das tun will, soll es tun. Wir lassen es in der Regel bleiben.
Es sind Institutionen vorhanden, die den Überblick haben müssten ...
Ja. Und die müssten vor allem in den Playoffs alles sehen.
Warum sehen die nicht alles?
Keine Ahnung. Ich habe schon öfters versucht, meine Meinung einzubringen, damit wir das Gesamtprodukt verbessern können. Dabei habe ich festgestellt, dass meine Meinung nichts zählt.
Haben Sie mit Halbfinalgegner EVZ noch Rechnungen offen?
Nein. Mit offenen Rechnungen zu spielen, ist keine gute Idee. Es geht um die Finalteilnahme in einem physischen Sport, die Intensität wird dementsprechend hoch sein. Was sind offene Rechnungen? Die gibt es nur, wenn etwas wirklich aussergewöhnlich Dummes geschieht, ansonsten ist es nur die typische Härte in unserem Sport. Damit muss man leben können.
Ihre robusten Leader haben bereits im Viertelfinal den Weg vorgespurt.
Darüber haben wir auch oft gesprochen, das ist Teil unserer Philosophie. Man soll hart spielen, aber dann muss man sich wieder fokussieren. So wie der EVZ das auch demonstriert hat – die Spieler haben gegen Genf gezeigt, wie man ruhig bleibt und sich trotzdem nicht einschüchtern lässt. Wenn du die Ruhe verlierst, verlierst du auch die Spiele. Wenn meine Leader gegen den EVZ auf der Strafbank sitzen, machen die im Powerplay «tak tak tikitaki» und die Scheibe ist drin.
Wie erzieht man Teamleader dazu, auf den Punkt die beste Leistung abzurufen?
Im Fall von Ambühl ist das einfach: Der hat keine Nerven. Bei Dino Wieser war das ein Prozess, um die richtige Balance zu finden: Intensität hat er sowieso, aber er musste lernen, seine Energie nicht in Scharmützeln zu verpuffen. Jetzt macht er das perfekt. Mit Marc Wieser musste ich viel reden, weil er sich unterschätzte. Er hatte noch zu viele Phasen, in denen er sich ausklinkte. Ich versuchte ihm beizubringen, dass er in jedem Spiel alles abruft, wie Crosby. Auch wenn wir im Cup gegen Hinterlufigen spielen ...
Den Cup lassen Sie eh sausen, also ...
Das war nur ein Beispiel, das hat mit dem Cup doch nichts zu tun. Nein: Marc musste konstanter werden, immer auf dem höchsten Niveau spielen, das meine ich. Dann ist er ein fantastischer Spieler. Wenn er das tut, kann er auch international dominieren, weil er absolut keine Furcht und keine Schmerzen kennt.
Wie nimmt man den Führungsspielern die Angst vor Fehlern?
Die sollen Fehler machen und die dürfen auch Fehler machen. Fehler sind Teil des Programms, wenn man etwas wagt. Ich rufe dann kurz aus, dann ist es vergessen. Das ist mein Charakter, wahrscheinlich bin ich doch zu lieb. Ich fordere auf dem Eis alles, aber dann ist auch wieder gut.
Beat Forster tritt so stark wie lange nicht mehr auf.
Seitdem wir die Vertragsoption kündigten, um neu zu verhandeln, hat er an alte Zeiten angeknüpft. Es ist gerade wunderbar, mit ihm zu arbeiten, der will es nochmal allen zeigen. Ich habe mich eigentlich immer gefragt, was dieser Herr hier in Davos zu suchen hat. Der gehörte eigentlich in die NHL, da wäre er ein Star geworden, kein Mitläufer. Aber das war nicht sein Wunsch.
Wer ist Favorit auf den Titel?
Ich glaube, Zug und Bern haben die grössten Chancen.
Aber Zug muss ja gegen Davos antreten.
Die haben eine Topsaison, trotz des kleinen Durchhängers in der Schlussphase. In den Playoffs waren sie sofort wieder auf Draht und haben Genf trotz aller Scharmützel abblitzen lassen. Das war eine starke Leistung. Beim SCB kennt man ja die Qualität. Und Genoni haben die ja auch noch.
Ihr Torhüter Gilles Senn überrascht.
Sensationell. Wir haben damit gerechnet, dass er sich nach Problemen zu Beginn steigern wird. Junge Torhüter beginnen irgendwann zu realisieren, dass sie jetzt in der NLA im Tor stehen und Verantwortung haben. Sorgen habe ich mir aber nie gemacht, weil wir Goalie-Trainer Marcel Kull haben, der intensiv mit Senn und Van Pottelberghe arbeitet. Aber die Reise ist für Senn noch nicht zu Ende, ein Halbfinal ist für ihn wieder Neuland. Junge Torhüter brauchen in der Regel ein, zwei oder drei Jahre, bis sie ganz soweit sind.
Sind Sie mit dem Erreichten schon zufrieden?
Junge Goalies, junges Team – eigentlich könnte man zufrieden sein, aber das darf man nicht tun. Wenn man im Halbfinal ist, will man in den Final. Aber Zug ist ein starker Gegner und will das auch.
Wie Davos hat Zug noch kein Spiel verloren. Könnte Sie die erste Niederlage aus dem Konzept bringen?
Nein. Wir können dann denken, dass wir ja eigentlich schon da sind, wo wir sein wollten. Für Zug sieht das vielleicht etwas anders aus, die wollen den Titel.
Haben die das gesagt?
Nein. Aber ich glaube, das ist so. Wir wollen das auch, aber wir müssen nicht unbedingt.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Lausanne HC | 31 | 12 | 59 | |
2 | ZSC Lions | 28 | 31 | 58 | |
3 | HC Davos | 32 | 25 | 58 | |
4 | SC Bern | 31 | 18 | 55 | |
5 | EHC Kloten | 32 | -1 | 54 | |
6 | EV Zug | 30 | 20 | 49 | |
7 | SCL Tigers | 30 | 4 | 44 | |
8 | EHC Biel | 30 | 2 | 42 | |
9 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 32 | -11 | 42 | |
10 | HC Ambri-Piotta | 31 | -18 | 41 | |
11 | HC Fribourg-Gottéron | 31 | -12 | 39 | |
12 | Genève-Servette HC | 28 | -3 | 36 | |
13 | HC Lugano | 30 | -23 | 36 | |
14 | HC Ajoie | 30 | -44 | 26 |