Heute kommts in der Valascia zum Derby-Wahnsinn. Mittendrin: Alessandro Chiesa. Dass der Lugano-Captain einst für den Rivalen auflief, wissen nur noch wenige. «In Ambri erinnern sie sich schon noch daran», sagt der 32-Jährige schmunzelnd. «Noch immer heisst es, ich sei des Geldes wegen gegangen.»
Chiesa ist in Biasca aufgewachsen, beginnt in der 6200-Seelen-Gemeinde mit Eishockey, obwohl zu Hause bloss über den alpinen Skisport diskutiert wird. «Meine Mutter war ein grosser Fan von Paul Accola», verrät der Verteidiger. Er fiebert mit keinem der beiden Klubs mit, schliesst sich mit 14 Jahren aber Ambri an und bestreitet 23 Spiele für die erste Mannschaft. Bis er vier Jahre später die Seiten wechselt.
«Das war hart. Ich habe in Ambri kaum gespielt, hätte nie gedacht, dass selbst der Wechsel eines Juniors so hohe Wellen schlägt.» Chiesa erhält auch böse Briefe. Darüber reden mag er heute nicht mehr. Doch schon bald weichen die negativen Gefühle der Freude.
Gleich in seiner ersten Saison trifft Lugano in den Playoff-Viertelfinals auf Ambri. Die Serie geht in die Geschichte ein. Der haushohe Favorit steht mit 0:3 vor dem Aus. «Meine Eltern mussten sich Sprüche anhören. Es hiess: ‹Schaut mal, euer Sohn! Wie konnte er sich bloss so falsch entscheiden? Wieso wechselte er nach Lugano?›»
«2006 stand der ganze Kanton still»
Dabei spielt Chiesa im Team von Larry Huras keine Rolle. Erst als der Kanadier nach zwei Partien durch Harold Kreis ersetzt wird, darf Chiesa – sie nannten ihn wegen seines markanten Kinns in Anlehnung an eine «James Bond»-Figur den «Beisser» – auf die Bank. Als siebter Verteidiger wird er hin und wieder auch aufs Eis geschickt.
«Dafür bin ich Assistenztrainer Ivano Zanatta mein Leben lang dankbar. Noch heute bekomme ich Hühnerhaut. Ich weiss noch, wie Julien Vauclair in der Verlängerung des vierten Spiels in Unterzahl alleine loszog und Ambris Félicien Du Bois ein Eigentor produzierte.»
Lugano zieht den Kopf aus der Schlinge, dreht die Serie und wird später zum bisher letzten Mal Meister. «Ein Wahnsinn! Solche Derbys habe ich nie mehr erlebt. Damals stand der ganze Kanton still.»
Wurden zu dieser Zeit in der Quali vier Derbys ausgetragen, sind es heute deren sechs. «Früher ‹plangte› man noch mehr auf die Spiele. Doch auch heute noch sind die Duelle wie Playoffs. Beide Teams haben viele Tessiner in ihren Reihen. Man spürt die Rivalität, macht sich über die Gegner lustig. Und auf dem Eis gibt es viel Trash-Talk.»
Auch heute in der Valascia wird es hoch hergehen. Beide kämpfen um die Playoffs. Lugano will endlich über den Strich. Ambri sich endlich etwas absetzen. «Seit Tagen werde ich aufs Derby angesprochen, wenn ich mit dem Hund spazieren gehe. Man wünscht mir Glück, sagt, wir sollen bereit sein.» Chiesa trifft auch Ambri-Fans. «Sie sind immer korrekt. Vielleicht machen sie mal einen Spruch. Aber es ist eine schöne Rivalität.»
Das Märchen wiederholen
Im letzten Jahr verpasste der 1,92-Meter-Hüne wegen einer «dummen Verletzung» (Riss der Achillessehne) die Playoffs. «Das tat sehr weh. Was wir damals erlebten, war unglaublich. Wir wollen das wiederholen.» Lugano im Final? Chiesa blickt optimistisch in die Zukunft.
«Wir hatten Mühe mit der Konstanz. Auf unglaubliche Spiele folgten sehr schlechte Auftritte. Auch innerhalb der Spiele wechselten sich Licht und Schatten ab. Aber seit Weihnachten sind wir auf einem guten Weg.»
Das Tessiner Derby gilt als letztes echtes Derby. Die Duelle sind jeweils Tage im Voraus ausverkauft. «Wir haben in einem kleinen Kanton zwei Topklubs. In der Deutschschweiz spielt Fussball eine grössere Rolle als bei uns», sagt Chiesa. Wer weiss, vielleicht steht das Tessin auch heute wieder einen Moment lang still.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | Lausanne HC | 31 | 12 | 59 | |
2 | ZSC Lions | 28 | 31 | 58 | |
3 | HC Davos | 32 | 25 | 58 | |
4 | SC Bern | 31 | 18 | 55 | |
5 | EHC Kloten | 32 | -1 | 54 | |
6 | EV Zug | 30 | 20 | 49 | |
7 | SCL Tigers | 30 | 4 | 44 | |
8 | EHC Biel | 30 | 2 | 42 | |
9 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 32 | -11 | 42 | |
10 | HC Ambri-Piotta | 31 | -18 | 41 | |
11 | HC Fribourg-Gottéron | 31 | -12 | 39 | |
12 | Genève-Servette HC | 28 | -3 | 36 | |
13 | HC Lugano | 30 | -23 | 36 | |
14 | HC Ajoie | 30 | -44 | 26 |