Blick: Wie lange kennen Sie sich schon?
Mattia Croci-Torti: Sein Name ist mir schon ewig ein Begriff. Ich war damals ein Jugendlicher und Ambri-Fan, und Luca kam in die 1. Mannschaft von Ambri. Als er dann aus Amerika zurückgekommen ist und diese Probleme mit seinem Herzen hatte, habe ich ihm sogar einen Brief geschrieben. Später haben wir uns dann richtig kennengelernt, weil meine Frau eine gute Freundin der ganzen Familie Cereda ist. Das mit dem Brief wird er aber vermutlich nicht mehr wissen (lacht).
Luca Cereda: Diesen Brief von dir habe ich sicher noch irgendwo zu Hause. Auch ich kannte seinen Namen bereits, als er noch aktiver Fussballer war. In den letzten Jahren haben wir uns dann immer öfter getroffen, auch weil unsere Kinder ähnliche Interessen haben. Und die Probleme, die ich im Hockey habe, sind ähnlich wie seine im Fussball. Wir können uns gut austauschen und gegenseitig Mut machen.
Was zeichnet Luca Cereda aus?
MCT: Er ist für mich ein Vorbild. Er ist sehr jung Trainer von Ambri geworden, und es hat mich immer fasziniert, wie gut er das managt, auch gegenüber den Medien.
Der 41-jährige Tessiner debütierte als 17-Jähriger in der NLA, war eines der grössten Schweizer Stürmertalente und wurde 1999 im NHL-Draft von den Toronto Maple Leafs in der ersten Runde (24. Stelle) gezogen. Doch wegen eines Herzfehlers spielte er nie in der NHL und musste seine Karriere mit 25 beenden. Fortan setzte er auf seine Trainerkarriere und wurde via Ambri-Nachwuchs und Biasca 2017 Headcoach der Leventiner in der National League.
Der 41-jährige Tessiner debütierte als 17-Jähriger in der NLA, war eines der grössten Schweizer Stürmertalente und wurde 1999 im NHL-Draft von den Toronto Maple Leafs in der ersten Runde (24. Stelle) gezogen. Doch wegen eines Herzfehlers spielte er nie in der NHL und musste seine Karriere mit 25 beenden. Fortan setzte er auf seine Trainerkarriere und wurde via Ambri-Nachwuchs und Biasca 2017 Headcoach der Leventiner in der National League.
Kann ein Eishockeytrainer etwas von einem Fussballtrainer lernen?
LC: Auf jeden Fall. Auch wenn man immer sich selber bleiben muss, finde es immer spannend von anderen Trainern etwas mitzunehmen. Es ist grossartig, zu sehen, wie Mattia das macht. Mir gefällt diese Frische, die er ausstrahlt.
Dann ist die Sportart gar nicht so relevant?
LC: Klar gibt es technische und taktische Dinge, die anders sind. Aber Leute zu führen, die Spieler und den Staff, ist im Fussball und Eishockey sehr ähnlich.
Ihre Kader sind von der Grösse her vergleichbar. Aber im Fussball können weniger Spieler eingesetzt werden. Ist das eine besondere Herausforderung?
MCT: Absolut. Wir haben mit den Goalies 26 Spieler. Von diesen sind drei nicht einmal im Aufgebot, und bis zu zehn werden nicht eingesetzt. Die drei hassen mich in der Regel gleich sofort, und bei den Ersatzspielern bin ich auch nicht besonders populär, weil die Gefahr für sie besteht, dass sie keine Minute spielen. Das ist nicht so einfach. Im Eishockey sind jene, die in den vorderen Linien spielen aber auch glücklicher als die anderen ...
LC: … ja schon, aber bei uns können 22 im selben Match spielen. Das ist schon etwas anderes.
MCT: Bei euch kann auch ein Spieler aus dem vierten Block wie Trisconi durch ein Tor einen Match entscheiden und dann ist er der Held für einen Tag und happy.
Der 40-jährige Tessiner spielte hauptsächlich in der NLB, für Agno, Wil, Lugano und Chiasso. Nach Beendigung seiner Aktivkarriere 2014 wurde er Trainer. Beim FC Lugano stieg er im September 2021 vom Assistenzcoach zum Cheftrainer auf und führte den Klub 2022 zum vierten Cupsieg der Vereinsgeschichte.
Der 40-jährige Tessiner spielte hauptsächlich in der NLB, für Agno, Wil, Lugano und Chiasso. Nach Beendigung seiner Aktivkarriere 2014 wurde er Trainer. Beim FC Lugano stieg er im September 2021 vom Assistenzcoach zum Cheftrainer auf und führte den Klub 2022 zum vierten Cupsieg der Vereinsgeschichte.
Könnten Sie sich vorstellen, der halben Mannschaft sagen zu müssen, dass sie nicht spielt?
LC: Für mich ist es die schwierigste Sache an meinem Job, wenn ich nur schon einem Spieler sagen muss, dass er nicht spielt. Man sieht dann in seinen Augen die Enttäuschung. Wenn ich das mit zehn Spielern machen müsste, dann wäre das unfassbar schwierig. Dafür beneide ich Mattia nicht.
Mattia Croci-Torti ist ein sehr emotionaler Trainer und nutzt jeweils seine ganze Coachingzone, um dies auszuleben. Hätten Sie nicht auch gerne so viel Auslauf?
LC: Ja, das wäre nicht schlecht. Mit mehr Platz wäre ich sicher mehr in Bewegung, auch um den anderen Mut und Energie zu geben, was für mich Teil des Jobs ist. Aber vielleicht wäre es dann auch zu viel, denn ich bewege mich schon jetzt ziemlich viel. Mit mehr Platz wäre ich vermutlich so verrückt wie er! (lacht)
Luca Cereda dagegen kann kommunikativ viel mehr Einfluss auf die Spieler nehmen als Sie, da diese nach jedem Einsatz auf die Bank zurückkehren. Beneiden Sie ihn dafür?
MCT: Ich kann höchstens mit meinem Aussenverteidiger sprechen, die anderen können mich in der Stadionatmosphäre ohnehin nicht hören. Umso wichtiger ist meine Körpersprache. Auch in der Pause ist es nicht so einfach, an die Spieler zu gelangen. Ich lasse sie zuerst immer einige Minuten allein, spreche dann maximal drei Sachen an und zeige ein, zwei Sequenzen im Video. Maximal. Mehr wäre zu viel, das würden die Spieler nicht aufnehmen können, denn sie haben auch ihre eigenen Gedanken über das Spiel.
LC: Wir haben zudem zwei Pausen und auch noch das Timeout. Daher haben wir im Eishockey bezüglich der Kommunikation sicher Vorteile.
Vor einem Jahr erschien ein Dokufilm über Ambri, indem auch die Kabinen-Ansprachen von Luca Cereda zu sehen waren. Haben Sie es gesehen?
MCT: Ja.
Wie haben Sie die teilweise doch sehr lauten Ansprachen von Cereda empfunden?
MCT: Unabhängig vom Film, Luca verkörpert sehr viel Leadership. Dass er der absolute Chef von seiner Mannschaft ist, sieht man, ich habe mir auch schon Trainings von ihm angeschaut. Luca ist eine absolute Respektsperson, die Disziplin gross. Seit er Trainer ist, ist auch Ruhe im Verein, während beispielsweise beim HC Lugano ständig wieder Theater ist.
Sind Ihre Kabinen-Ansprachen ähnlich?
MCT: Nein.
Lauter oder leiser?
MCT: Ich habe in der Kabine noch nie geschrien. Auf dem Platz kommt das schon mal vor, aber nicht in der Kabine. Ich versuche da meine Worte mit Ruhe und Bedacht zu übermitteln und überlege mir vorher gut, welche Botschaft ich vermitteln möchte.
LC: Er hat jeweils schon in der ersten Halbzeit so viel geschrien an der Seitenlinie, dass er dies dann in der Garderobe nicht mehr muss (lacht).
Wie war das für Sie, als Sie sich dabei selbst im Doku-Film gesehen haben?
LC: Wenn ich in einem Training oder einem Spiel bin, dann bin ich in meiner eigenen Welt. Und in dieser versuche ich, so viele Emotionen wie möglich zu leben. Manchmal sind das gute und manchmal schlechte Emotionen, wie im normalen Leben auch.
Brauchen Eishockeyspieler grundsätzlich eine andere Ansprache als Fussballer? In Verbindung mit dem Klischee, dass Eishockeyspieler harte Hunde und Fussballer eher Diven sind?
MCT: Sicher hat jede Sportart ihre eigene Kultur. Eishockey ist ein Kontaktsport, wir im Fussball sind das nicht mehr – seit es den VAR gibt. Im Eishockey liebt das Publikum vielleicht auch mehr diese Underdogs wie Ambri, während es im Fussball die grossen Stars sind, die die Massen begeistern.
LC: Ich denke, dass sich die beiden Sportarten immer näherkommen. Sicher, vor 15 bis 20 Jahren war das so, der Macho war ein Hockeyspieler. Früher habe ich auch mit starken Schmerzen gespielt, und niemanden hat das gekümmert. Heute ist das anders, heute wird der Körper in Verbindung mit der Gesundheit viel mehr als höchstes Gut für Topleistungen geachtet. Ich denke, das haben wir vom Fussball gelernt. Auch die Athletik der beiden Sportarten gehen in die gleiche Richtung, wir werden uns immer ähnlicher. Man muss kräftig sein und zugleich schnell.
Darf ein Ambri-Trainer überhaupt mit einem Lugano-Trainer mitleiden? Vermutlich nur sportartenübergreifend wie bei Ihnen beiden, oder?
LC: Nein, das geht auch im Hockey, denn wir sitzen alle im selben Boot. Und jeder hat mal eine schlechte Phase. Wir beide haben auch schon darüber diskutiert. Wenn Ambri gewinnt, bekomme ich etwa 20 bis 30 SMS, wenn wir verlieren zwei bis drei – von meiner Frau, meinem Vater und meiner Schwester. Wenn du verlierst, dann bist du oft allein. Deshalb konnte ich auch gut mit Chris McSorley, als er bei Lugano gehen musste, mitfühlen. Das tat auch mir weh.
Wäre es auch möglich, mit Luca Gianinazzi so befreundet zu sein wie mit Mattia Croci-Torti?
LC: Gianinazzi war mein Spieler, als ich Trainer in Biasca war. Er verfügt über enorm viel Sozialkompetenz, und ich habe ihm damals den Rat gegeben, er soll doch Trainer werden. Was aus ihm geworden ist, freut mich. Wenn wir uns sehen, dann sprechen wir auch ein wenig zusammen. Aber Freunde zu sein, so wie Mattia und ich – nein, das geht nicht, das wäre zu schwierig! Für das ist die Feindschaft zwischen Ambri und Lugano zu gross, das würde vermutlich auch von den Vereinen nicht akzeptiert.
MCT: Das ist auch richtig so!
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | ZSC Lions | 19 | 19 | 40 | |
2 | HC Davos | 21 | 21 | 40 | |
3 | Lausanne HC | 21 | 8 | 40 | |
4 | SC Bern | 22 | 15 | 36 | |
5 | EHC Kloten | 21 | 2 | 33 | |
6 | EV Zug | 21 | 14 | 33 | |
7 | EHC Biel | 21 | 0 | 32 | |
8 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 21 | -4 | 31 | |
9 | HC Fribourg-Gottéron | 21 | -9 | 27 | |
10 | SCL Tigers | 19 | -3 | 25 | |
11 | HC Lugano | 19 | -13 | 25 | |
12 | HC Ambri-Piotta | 19 | -12 | 24 | |
13 | Genève-Servette HC | 17 | -3 | 22 | |
14 | HC Ajoie | 20 | -35 | 15 |