Denis Vaucher, wie schlimm steht es um die Klubs von National und Swiss League?
Denis Vaucher: Wir sind in einer schwierigen Situation. Das betrifft die ganze Wirtschaft, die ganze Schweiz. Stand heute ist es nicht extrem dramatisch bei den Klubs und überall ist die Liquidität noch vorhanden. So wie man hört, sollte es bis in die Sommermonate bei den meisten einigermassen gehen. Aber danach wird es sicher kritisch.
Nun darf ab Montag wieder in Gruppen trainiert werden. Verändert das etwas?
Es ist sicher gut, wenn man wieder zusammen trainieren kann. Nicht nur im Profi-, sondern auch im Breitensport. Aber wirtschaftlich ändert sich dadurch nichts.
Ist denn Kurzarbeit weiterhin möglich?
Das ist eine gute Frage. Das hängt vom System ab, welches ein Klub fährt. Ich gehe davon aus, dass man das kantonal entsprechend anschauen wird. Doch im Detail habe ich diesbezüglich noch keine Mitteilung bekommen.
Wie lange können die Klubs unter den jetzigen Bedingungen überleben?
Ich glaube, sicher bis zum Saisonstart. Man muss jetzt auf die Kostenbremse treten. Die Covid-Kredite, die man bekommen hat, helfen den Klubs auch, kurzfristig liquid zu bleiben. Wenn wir jetzt mit dem Saisonkartenverkauf starten und noch nicht klar ist, wann wir anfangen können, ist das Problem, dass sich der eine oder andere überlegt, ob er eine Saisonkarte kauft. Dann gibt es sicher Sponsoren, die Probleme haben. Man muss davon ausgehen, dass sich die Probleme akzentuieren, wenn wir nicht bald wissen, wann wir anfangen können.
Bei der Swiss Football League hat man den Corona-Schaden bis September zuletzt auf 200 bis 250 Millionen Franken beziffert. Wie sieht es im Eishockey aus?
Wir haben kalkuliert, dass, wenn wir mit Geisterspielen anfangen müssten, im Durchschnitt ein Ertragsausfall von 500 000 Franken pro Spiel entstehen würde. Im Worst-Case-Szenario einer ganzen Saison ohne Zuschauer würde somit ein Gesamtschaden von 170 Millionen entstehen.
Das wäre nicht zu bewältigen.
Nein, absolut nicht. Es ist ganz klar: Wenn wir mehr als ein, zwei Wochen Geisterspiele hätten, würde es für viele sehr, sehr eng. Und wenn es noch länger dauert, wird es existenzbedrohend.
Rufen auch Sie, wie die Kollegen im Fussball, nach Staatshilfe?
Wir sind im Kontakt mit den Behörden, mit dem Bundesamt für Sport, aber auch mit Swiss Olympic. Wenn wir tatsächlich nicht im September oder vielleicht spätestens im Oktober anfangen können, werden wir auch auf Hilfe angewiesen sein – wenn man will, dass der Profi-Eishockeysport inklusive Nachwuchs-Eishockey überlebt.
Wie weit ist man mit dem Anliegen gekommen, dass die Spieler auf Lohn verzichten sollen? Eine Gesamtlösung mit der Spielervereinigung kam ja nicht zustande.
Das ist richtig. Ich hatte den Auftrag bekommen, als Vertreter der Arbeitgeber mit der Spielervereinigung zu verhandeln. Wir hatten gute Gespräche. Doch am Schluss hiess es, dass jeder Klub mit seinen eigenen Spielern verhandeln soll. Eine der Hauptbegründungen war, dass derzeit einfach noch vieles unsicher ist und man – wenn man sieht, dass der wirtschaftliche Schaden wirklich sehr hoch ist – vonseiten der Spieler auch ein Zeichen setzen würde.
Matchentscheidend wird aber sein zu wissen, wann man wieder vor Zuschauern spielen kann ...
Das ist die Forderung, die wir primär an die Politik haben – neben allfälliger Finanzhilfe. Wenn wir Klarheit haben, dass wir zum Beispiel am 18. September oder 1. Oktober vor Zuschauern spielen können, ist das eine ganz andere Ausgangssituation. Es ist wichtig, dass man uns relativ rasch sagen kann, wann wir wieder in vollen Stadien spielen können.
Wie plant die Liga nun weiter?
Wir haben verschiedene Szenarien. Eines ist, dass wir am 1. Oktober, 1. November, 1. Dezember oder 1. Januar anfangen können. Wenn wir erst im Dezember oder Januar anfangen könnten, müssten wir darüber diskutieren, ob wir weniger Regular-Season-Spiele austragen oder allenfalls die Playoffs gekürzt würden.
Gibt es ein Stichdatum, ab dem keine komplette Saison mehr möglich wäre?
Das ist im Moment noch schwierig. Die Frage ist, wo wir die Prioritäten setzen. Es gilt verschiedene Interessen abzuwägen. Zum Beispiel: Wie sieht es mit den Nationalmannschaftspausen aus? Oder wenn wir sehr spät anfangen: Gibt es überhaupt einen Spengler Cup? Und dann ist die Frage, ob man die Playoffs eher kürzen würde. Denn es ist klar, dass wir in dieser Situation ein Interesse daran haben, dass möglichst alle Klubs möglichst viele Spiele austragen können. Es ist jeder auf jeden Franken angewiesen.
Nun treffen sich die Liga-Vertreter in der Berner PostFinance Arena zu einer Versammlung. Warum macht man das nicht wie zuletzt in einer Telefonkonferenz?
Wir sind froh, dass uns der Regierungsrat des Kantons Bern eine Ausnahmebewilligung gegeben hat. Es ist ja schön, wenn man, wie wir jetzt, in einer Videokonferenz sprechen kann. Aber wenn eine grosse Gruppe sehr wichtige Themen zu besprechen hat, ist es ganz gut, wenn man sich richtig in die Augen schauen und miteinander diskutieren kann.
Man hört immer wieder Klagen, dass die Löhne zu hoch seien. Wo will man da den Hebel ansetzen?
Das ist ein Dauerthema bei uns. Im europäischen Vergleich haben wir mit Abstand die höchsten Löhne. Ausserhalb von NHL und KHL bezahlen wir die höchsten Löhne. Am Montag in Bern ist das nicht primär im Fokus. Aber über den Sommer werden wir das weitertreiben. Und an der ordentlichen Liga-Versammlung am 17. Juni werden wir dieses Thema sicher auf der Traktandenliste haben.
Wie 2018 gibt es den Vorschlag, die Anzahl Ausländer zu erhöhen.
Ja, das kommt an der Juni-Versammlung auf den Tisch.
Es gibt Leute, die wirklich glauben, damit die Kosten in den Griff zu bekommen?
Ja, wirtschaftlich betrachtet ist es so, dass Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Und auf dem Schweizer Spielermarkt ist es so, dass wir ein beschränktes Angebot haben. Die Nachfrage über die zwölf Klubs bleibt aber immer gleich und die Ausländerzahl ist in den letzten Jahren auch unverändert geblieben. Das bedeutet, dass man eigentlich nur eine beschränkte Auswahl hat. Und weil man stets mehr Geld zur Verfügung hatte, haben sich die Spielersaläre entsprechend rasant entwickelt. Wenn man den Markt öffnet, ist das Angebot grösser und rein wirtschaftlich betrachtet müsste das Salär des einzelnen Spielers sinken.
Die Frage ist, ob man die Klubs auf diesem Weg wirklich dazu bringt, die Löhne zu reduzieren. Jeder wird doch weiterhin möglichst gute Spieler haben wollen und in einer kompetitiven Liga um sie buhlen. Und ob man das Geld dann für Ausländer oder Schweizer ausgibt, spielt ja keine Rolle.
Das kann, muss aber nicht sein. Ich glaube einfach, dass der wirtschaftliche Druck auf die Klubs jetzt enorm und darum auch die Bereitschaft durchaus vorhanden ist, dies zu versuchen. Wenn man es nicht probiert, kann man es auch nicht beurteilen. Ich kann mir auch vorstellen, dass man in der jetzigen Phase, in der es wirklich keine Tabus gibt, darüber nachdenkt, wie man eine gewisse Regelung im Lohnbereich finden kann. Nicht nur die Saläre der Topspieler sind ein Problem, sondern das Gesamtvolumen ist im europäischen Vergleich viel zu hoch.
Andere Massnahmen könnten ein Salary Cap oder eine Luxussteuer auf hohe Löhne sein.
Das ist sicher denkbar. Ein Salary Cap ist bestimmt nicht einfach umzusetzen – von der rechtlichen Seite und der Kontrolle her. Aber ich glaube, solche Systeme müssen wir unbedingt diskutieren. Es ist wichtig, dass man gewisse Eingriffe macht, aber dennoch Freiheiten lässt. Nicht dass ein Klub, der mehr Geld ausgeben will, das nicht mehr machen kann. Sonst würde sich wohl keine Mehrheit finden lassen.
Wie einig ist man sich derzeit unter den Klubs, bei denen die Voraussetzungen ja sehr unterschiedlich sind?
Ich habe den Eindruck, im Moment haben wir eine sehr hohe Solidarität, weil man in der Krise zusammenstehen und miteinander Lösungen finden muss. Jeder muss zu einem Kompromiss bereit sein.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | ZSC Lions | 29 | 34 | 61 | |
2 | Lausanne HC | 32 | 13 | 61 | |
3 | SC Bern | 32 | 21 | 58 | |
4 | HC Davos | 33 | 24 | 58 | |
5 | EHC Kloten | 33 | 0 | 57 | |
6 | EV Zug | 31 | 19 | 49 | |
7 | SCL Tigers | 31 | 3 | 45 | |
8 | EHC Biel | 31 | -1 | 42 | |
9 | HC Fribourg-Gottéron | 32 | -11 | 42 | |
10 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 33 | -14 | 42 | |
11 | HC Ambri-Piotta | 32 | -21 | 41 | |
12 | Genève-Servette HC | 29 | -1 | 39 | |
13 | HC Lugano | 31 | -20 | 39 | |
14 | HC Ajoie | 31 | -46 | 26 |