Für das tatenlose Aussitzen von Krisen (neudeutsch: merkeln) sind Sportklubs in der Regel nicht bekannt. Übersteigt die Empörung auf der Tribüne das kritische Mass, springt der Funke bald einmal auf die Champagnerlogen über, und von da aus ist der Weg ins Vorzimmer des Geschäftsführers oder des Präsidenten kurz. Beim SCB brauchte es trotz drei Meistertiteln in vier Jahren nur ein paar Niederlagen in kurzer Folge, bis der verwöhnten Fanbasis der Kragen platzte. Das ist fast schon unverschämt.
In Lugano sind zwar die Verhältnisse anders, aber nicht der Anspruch der Tifosi. Der letzte Meistertitel liegt 13 Jahre und ein paar Zerquetschte zurück, aber den dringend notwendigen Kurswechsel leitete die Führung erst im letzten Sommer ein. Nach Jahren in einer Endlosschlaufe aus sinnlosen Transfers und noch sinnloseren Trainerwechseln ist das System der zahlreichen beratenden Gremien mit noch zahlreicheren Meinungen durch eine professionelle Befehlskette abgelöst worden: CEO, Sportchef, Trainer, basta. Der Imageschaden der ehemaligen Trallalawirtschaft wirkt immer noch nach, die Zeiten, als Lugano mit Palmen und hohen Löhnen magnetische Wirkung hatte, gehören der Vergangenheit an. Klassespieler verlangen heute professionelle Strukturen und wenn möglich: Konstanz auf strategisch wichtigen Positionen, gute Löhne kann die halbe Liga bezahlen.
Den Tifosi ist egal, welche Politik der Klub verfolgt: Bleiben die Siege aus, kocht die Volksseele. War es eine gute Idee von Präsidentin Mantegazza, nach fünf Niederlagen in Folge einen Schlichtungsversuch auf sozialen Kanälen zu starten? Vielleicht sollte man sich in Lugano einfach auf das Krisenmanagement der deutschen Kanzlerin Angela Merkel berufen: nichts sagen, nichts tun. Merkeln. Können die das?