Werden Intensitäts- und Härtelevel der National League hinterfragt, folgt der Anruf des mächtigen Geschäftsführers eines gerade sehr erfolgreichen Klubs meist postwendend: Sofort aufhören mit der Nestbeschmutzerei, heisst es dann.
Die National League ist wirtschaftlich ein Erfolg. Das Schweizer Eishockey weist im Vergleich mit internationalen Standards aber deutliche Defizite in den Teilbereichen Intensität und Härte auf. Die Nationalspieler bekommen das jeweils zu spüren, wenn sie gegen die Topnationen mit unterirdischen Zweikampfwerten vom Eis müssen und selbst gegen Eishockey-Schwellenländer wie Kasachstan oder Österreich in Verlegenheit geraten.
Für die Geschäftsführer der Klubs sind Zweikampfwerte eine statistische Nebensächlichkeit. Was sie interessiert ist die Erfolgsbilanz der nationalen Meisterschaft: verkaufte Tickets, TV-Verträge, Sponsoren und Werbeeinnahmen.
Techniker und Strategen haben eine andere Perspektive. Martin Steinegger, Sportchef beim aufstrebenden EHC Biel, stellt der Liga in Bezug auf Härte und Intensität kein gutes Zeugnis aus. «Klar, wirtschaftlich ist die Liga ein Erfolgsprodukt. Aber wir müssen uns bemühen, damit es auch in fünf Jahren noch so ist. Und da gehört dazu, dass wir international nicht den Anschluss verlieren.»
Die Grundproblematik: In der National League werden bei intensiven Positionskämpfen in Bandennähe und vor den Toren zu leichtfertig Strafen verteilt. Eine Teilschuld trifft dabei die Spieler: Sie verhalten sich vor allem in Bandennähe ungeschickt, verlieren zu leicht die Balance oder begeben sich durch ein spätes Abdrehen vor Checks in verwundbare Positionen.
Im internationalen Vergleich erzielt die National League in einem Bereich Höchstwerte: bei den Strafminuten pro Spiel.
Eine Problematik, die bei nationalen Technikern bereits im Nachwuchsbereich für Stirnrunzeln sorgt. Junioren-Spiele mit bis zu 40 Strafminuten sind keine Seltenheit. Die Folge: Powerplay-Wettbewerbe ohne Tempo, Dynamik und die international branchenüblichen Zweikämpfe. Ein hausgemachtes Problem.
Den Hebel müsse man deshalb schon bei den Junioren ansetzen, sagt Steinegger. «Die Regelauslegung muss angepasst werden. Und die Spieler müssen geschult werden, in Zweikämpfen entlang der Banden robuster werden und sich besser schützen. Da haben wir in der Schweiz enorme Defizite.»
Steinegger betont die Bedeutung der Regelhüter: «Die Schiedsrichter in der National League haben in diesem Bereich ein paar Fortschritte gemacht, aber es bleibt noch viel zu tun.»
Nachholbedarf bei der Rechtspflege
Defizite bestehen teilweise auch bei der Rechtspflege. Exemplarisch dabei der Fall des Bieler Verteidigers Marco Maurer: Nach einem Check auf offenem Eis gegen den Davoser Nachwuchsspieler Yannick Frehner wird ein Verfahren gegen ihn eingeleitet. Der Offizielle für Spielersicherheit erkennt wie die Schiedsrichter kein Vergehen des Spielers. Der Einzelrichter hingegen verknurrt ihn wegen eines Checks gegen den Kopf zu zwei Spielsperren.
Im Rekursverfahren bestätigt das Verbandssportgericht zwar das Verdikt des Einzelrichters, argumentiert dabei aber ganz anders: Ein Check gegen den Kopf sei zwar nicht erkennbar, aber Maurer sei vor dem Kontakt leicht abgesprungen. Drei Instanzen, drei verschiedene Meinungen. «Es wäre aber von Bedeutung, dass die Linie der Schiedsrichter von der Verbandsjustiz gestützt wird», sagt Steinegger.
Mark Streit, der Stanley-Cup-Sieger mit der Erfahrung von 820 NHL-Partien und Kandidat für den Verwaltungsrat bei Swiss Ice Hockey, hätte sich in den Viertelfinals mehr Intensität und umstrittenere Spiele und Serien gewünscht: «In der NHL wird in der ersten Runde fast am härtesten gekämpft, da sind alle noch frisch und fit. Klar ist die NHL die beste Liga der Welt und die Eisfläche kleiner, aber wir wollen uns ja nach vorne orientieren.»
Die Diskussion um Intensität und Härte sei im Sinn des Gesamtprodukts zu führen. Und um Fortschritte zu erzielen, müsse man einen gemeinsamen Nenner finden. «Es sitzen alle im selben Boot. Schiedsrichter, Klubs, Trainer, Spieler, Liga und Verband. Das Schweizer Eishockey ist technisch auf einem sehr hohen Niveau. Aber das Körperspiel wurde zuletzt etwas vernachlässigt.»
Das Körperspiel und die physische Härte sind es, mit der dieser Sport so viele in seinen Bann zieht. Facetten, die in anderen Sportarten nicht erwünscht sind und auch nicht toleriert werden. «Wir müssen darum besorgt sein, dass unser Eishockey nicht zum Schaulaufen ohne Körperkontakt wird. Das wäre kein Eishockey mehr.»
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | Lausanne HC | 31 | 12 | 59 | |
2 | ZSC Lions | 28 | 31 | 58 | |
3 | HC Davos | 32 | 25 | 58 | |
4 | SC Bern | 31 | 18 | 55 | |
5 | EHC Kloten | 32 | -1 | 54 | |
6 | EV Zug | 30 | 20 | 49 | |
7 | SCL Tigers | 30 | 4 | 44 | |
8 | EHC Biel | 30 | 2 | 42 | |
9 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 32 | -11 | 42 | |
10 | HC Ambri-Piotta | 31 | -18 | 41 | |
11 | HC Fribourg-Gottéron | 31 | -12 | 39 | |
12 | Genève-Servette HC | 28 | -3 | 36 | |
13 | HC Lugano | 30 | -23 | 36 | |
14 | HC Ajoie | 30 | -44 | 26 |