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Corona-Krise, Modus, Finanzen
Kommt es zur Revolution im Schweizer Eishockey?

Hinter den Kulissen spielen Klubs und Liga verschiedene Szenarien durch, um die Branche zu optimieren. Im Vordergrund stehen die Kosten.
Publiziert: 03.04.2020 um 23:47 Uhr
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Aktualisiert: 16.04.2020 um 15:31 Uhr
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Explodierende Kosten im Schweizer Eishockey: Durchschnittsverteidiger Calle Andersson wird ab der nächsten Saison Lohnkosten von geschätzten 800000 Franken verursachen. In keiner anderen Liga der Welt würde er so viel verdienen.
Foto: keystone-sda.ch
Dino Kessler und Stephan Roth

Das Schweizer Eishockey steht vor einer Belastungsprobe. Der Abbruch der Saison kostet die Vereine budgetierte Einnahmen für das laufende Geschäftsjahr, zudem dürften die TV-Partner für die folgende Saison rück­wirkend eine Beteiligung der Profiklubs für die Absage der Playoffs ohne Zuschauer einfordern. Die Branche wird mindestens mittelfristig das Bremspedal durchdrücken und die Kosten senken müssen. In der Krise bietet sich die Chance, die Branche mit bisher teilweise tabuisierten Massnahmen gesundzuschrumpfen. Das strukturelle Problem des Schweizer Eishockeys sind die Saläre der Profis. Das Produkt ist populär, die Auslastung der Stadien ist generell sehr gut, Sponsoren, Donatoren und Mäzene sind vorhanden, die Marketing-Portefeuilles sind gefüllt. Nur werden sportrelevante Einnahmen praktisch vollständig von den exorbitanten Spielerlöhnen verschlungen. Die vielfach geäusserte Absicht der Klubs, diese Lohnkosten pro­aktiv zu senken, entpuppte sich bisher schon in der nächsten Transferperiode als Propaganda­lüge.

Ausländerkontingent

Vor zwei Jahren haben die Klubs das Gentlemen’s Agreement (4 Ausländer pro Team) bestätigt. Wohl aus Imagegründen. In der aktuellen Krise könnte die Reiss­leine aber gezogen und der Markt für Ausländer ohne weitere Einschränkungen geöffnet werden. Theoretisch würde es schon reichen, wenn ein einzelner Klub das Agreement aufkündigt. Eine rechtliche Grundlage für diese Absprache unter den Klubs existierte nie. Eine totale Öffnung des Marktes für Ausländer wäre eine Revolu­tion, allerdings gibt es dann auch keinen Weg zurück.

Auf-/Abstieg

Eine Farce. Die Abstiegsangst führt bei den Klubs regelmässig zu Panikreaktionen und politisch motivierten Transfers. Eine sinnlose Geld­vernichtungsmaschine. Das Nadelöhr «Liga-Qualifikation» hat nur in Ausnahmefällen einen regulären sportlichen Wettbewerb geboten, im Frühling 2019 wurde sie gar kurzfristig abgesagt. Eingriffe dieser Art in einen laufenden Wettbewerb beschädigen die Glaubwürdigkeit einer Profiliga. Der Graben zwischen National und Swiss League wird zudem immer tiefer, ein Aufstieg unter Wettbewerbsbedingungen immer unwahrscheinlicher. Will man an der Promotionskultur unbedingt festhalten, müsste man sich auf die absolute Durchlässigkeit mit direktem Auf- und Abstieg einigen.

Aufstockung

Eine Vergrösserung der Liga steht zur Debatte, dabei werden verschiedene Szenarien durchgespielt. Eines davon sieht die «Amnestie für Kloten» vor, die sofortige Promotion des Zürcher Traditionsklubs am grünen Tisch und eine Meisterschaft mit 13 Mannschaften. Mehrheitsfähig ist diese Variante momentan (noch) nicht. Möglich wäre ein direkter Aufstieg des B-Meisters im nächsten Frühling, allerdings könnten sich dabei alt­bekannte Probleme (siehe Auf-/Abstieg) einstellen, sollte der B-Meister zu diesem Zeitpunkt nicht Kloten heissen.

Swiss League

Die «ambitionierten» Klubs der Swiss League setzen den Aufstieg als wichtige sportliche Motivation in den Mittelpunkt, obwohl in der Regel kein oder höchstens ein Klub tatsächlich in die National League aufsteigen kann oder will. In der Regel erfüllen die SL-Klubs die infrastrukturellen oder wirtschaftlichen Anforderungen nicht, (zu) hohe Löhne werden aber trotzdem bezahlt. Gleichzeitig werden die sportlich sinnvollen Academy-Konstrukte kritisiert, die Nachwuchsförderung betreiben und dem Gesamtprodukt damit Vorschub leisten.

Es bewegt sich etwas – und das ist gut so

Stephan Roth, Eishockey-Chef

Auf dem Eis kann leider nicht gespielt werden. Doch hinter den Kulissen bewegt sich etwas. Und das ist gut so.

Unabhängig von der Corona-Krise, welche die Klubs im Sommer vor echte Probleme stellen könnte, wenn bis dann kein Ende absehbar ist, gibt es im Schweizer Eishockey einige Baustellen.

Obwohl man dank einer attraktiven Liga, TV-, Zuschauer- und Sponsorengeldern wie die Made im Speck leben und Geld verdienen könnte, bleibt das Eishockey ein Minusgeschäft. Schuld daran sind nicht die Spieler, welche zu viel verdienen, sondern die Klubs, die ihnen viel bezahlen.

Ob die Vereine weniger Geld ausgeben werden, wenn die Ausländerbeschränkung über Bord geworfen wird, darf bezweifelt werden. Wer bisher mehr Geld ausgibt, als er einnimmt, wird sich weiterhin dazu treiben lassen, sich das Bestmögliche zu leisten – koste es, was es wolle.

Vernunft lässt sich nicht verordnen oder reglementieren, wie man in diesen Tagen auch abseits der Sportwelt beobachten kann. Ohne Einsicht geht es nicht. Und die sollte jetzt reifen, da jedem klar sein dürfte, dass die Einnahmen eher sinken als steigen werden.

Sicher Handlungsbedarf gibt es beim Modus. Die jetzige Praxis bei Auf- und Abstieg (per Liga-Qualifikation) bringt nur Probleme, kostet Trainern den Job und viel Geld.

Da es derzeit nur 13 Klubs gibt, die strukturell die Voraussetzungen für die National League erfüllen, wäre eine 13er-Liga durchaus sinnvoll.

Dann müsste man es nur noch schaffen, Kloten – ohne sportlichen Unfall – hochzuziehen.

Stephan Roth, Eishockey-Chef

Auf dem Eis kann leider nicht gespielt werden. Doch hinter den Kulissen bewegt sich etwas. Und das ist gut so.

Unabhängig von der Corona-Krise, welche die Klubs im Sommer vor echte Probleme stellen könnte, wenn bis dann kein Ende absehbar ist, gibt es im Schweizer Eishockey einige Baustellen.

Obwohl man dank einer attraktiven Liga, TV-, Zuschauer- und Sponsorengeldern wie die Made im Speck leben und Geld verdienen könnte, bleibt das Eishockey ein Minusgeschäft. Schuld daran sind nicht die Spieler, welche zu viel verdienen, sondern die Klubs, die ihnen viel bezahlen.

Ob die Vereine weniger Geld ausgeben werden, wenn die Ausländerbeschränkung über Bord geworfen wird, darf bezweifelt werden. Wer bisher mehr Geld ausgibt, als er einnimmt, wird sich weiterhin dazu treiben lassen, sich das Bestmögliche zu leisten – koste es, was es wolle.

Vernunft lässt sich nicht verordnen oder reglementieren, wie man in diesen Tagen auch abseits der Sportwelt beobachten kann. Ohne Einsicht geht es nicht. Und die sollte jetzt reifen, da jedem klar sein dürfte, dass die Einnahmen eher sinken als steigen werden.

Sicher Handlungsbedarf gibt es beim Modus. Die jetzige Praxis bei Auf- und Abstieg (per Liga-Qualifikation) bringt nur Probleme, kostet Trainern den Job und viel Geld.

Da es derzeit nur 13 Klubs gibt, die strukturell die Voraussetzungen für die National League erfüllen, wäre eine 13er-Liga durchaus sinnvoll.

Dann müsste man es nur noch schaffen, Kloten – ohne sportlichen Unfall – hochzuziehen.

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Lausanne HC
Lausanne HC
20
12
40
2
ZSC Lions
ZSC Lions
18
20
39
3
HC Davos
HC Davos
19
21
38
4
SC Bern
SC Bern
20
15
33
5
EHC Biel
EHC Biel
19
4
32
6
EV Zug
EV Zug
19
11
29
7
EHC Kloten
EHC Kloten
19
-2
28
8
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
19
-8
26
9
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
18
-10
24
10
HC Lugano
HC Lugano
17
-13
22
11
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
19
-11
22
12
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
16
-2
21
13
SCL Tigers
SCL Tigers
17
-3
21
14
HC Ajoie
HC Ajoie
18
-34
12
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