Die Fans in Bern müssen sich an viele neue Gesichter gewöhnen. Und dazu auch noch an das neue, rote Heimtrikot, das den Neuanfang auch visuell dokumentieren soll. Der SCB tut alles, um die fürchterlichen letzten drei Jahre hinter sich zu lassen. Mit Rang 9 2020 und 2021. Und sogar nur Rang 11 2022. «Eine solche Saison wollen und dürfen wir uns nicht nochmals leisten», macht der neue CEO Raeto Raffainer klar.
Ausser Zweifel steht: Nach Jahren, an denen die Mutzen Saison für Saison im Kader an Qualität eingebüsst haben, haben sie nun endlich mal wieder zugelegt. Deshalb sagt Sportchef Andrew Ebbett auch: «Wir wollen in die Top 6. Wenn ich etwas anderes erzählen würde, würde ich lügen.» Es sind spannende, neue Figuren dazu gekommen. Sechs Hauptprotagonisten, die für diesen neuen SCB stehen und ihn prägen sollen:
Chris DiDomenico – der Spektakel-Transfer
Während seinen Jahren als Gegner (SCL Tigers, Fribourg) war der Kanadier ein rotes Tuch für die SCB-Fans. Nun dürfte das unberechenbare Genie aufgrund seiner Spielweise in Windeseile zum neuen Publikumsliebling im Berner Hockeytempel avancieren. Es ist ein Spektakel-Transfer, der den SCB zweifellos befeuern wird, was aber auch gewisse Risiken mit sich bringt. Etwa wenn der mittlerweile 33-jährige Stürmer seine Nerven nicht im Griff hat.
«Hierher zu kommen und zu versuchen, das Ruder herumzureissen, ist ein riesiger Schritt in meinem Leben und ein grosses Ziel», sagt «DiDo» zu seinen Ambitionen in der Bundeshauptstadt. Zum Start muss der SCB allerdings ohne seinen neuen Lebensnerv auskommen, da dieser noch zwei Spielsperren aus den letzten Playoffs absitzen muss. «Das ist hart», sagt der Kanadier. Vor allem das erste Heimspiel und somit das Startspiel gegen den EVZ zu verpassen, nervt ihn gewaltig.
Sven Bärtschi – der späte Debütant
29 Jahre alt musste der Oberargauer werden, um heute Abend gegen Zug in der obersten Schweizer Liga zu debütieren. Mit 17 zog er aus, um in Nordamerika Spuren zu hinterlassen. Zwölf Jahre und 294 NHL-Spiele für Calgary, Vancouver und Vegas später, ist er zurück, nachdem er in den letzten vier Saisons hartes Brot essen musste und nur noch für 33 NHL-Partien das Vertrauen erhielt. «Als sie mich letzte Saison in die NHL hochholten und nach einer Partie sogleich wieder runter schickten, da wusste, dass es wohl nichts mehr wird», sagt er. Und begann seine Heimkehr zu planen. «Jetzt bin ich da – und Hockey macht wieder so richtig Spass.»
Auch wenn er in Nordamerika und der NHL viel erlebt hat, sein SCB-Debüt nimmt für Bärtschi einen ganz besonderen Stellenwert ein: «Ich freue mich riesig auf den ersten Match und werde sicher Schmetterlinge im Bauch haben.» Allerdings warnt Sportchef Andrew Ebbett vor zu hohen Erwartungen beim Auftakt: «Wir dürfen noch keine Wunderdinge von Sven erwarten. Er wird wie jeder andere Spieler aus Nordamerika seine Zeit brauchen, um sich an das grössere Eis und das Eishockey hier zu gewöhnen.»
Romain Loeffel – der Neo-Deutschschweizer
Der 31-jährige Verteidiger hat in seiner Karriere schon einiges erlebt. Mit 17 debütierte der Mann aus La Chaux-de-Fonds im Fribourg-Dress in der damaligen NLA. Servette und Lugano waren seine weiteren Stationen. Für die Schweiz spielte er vier WM-Turniere und zwei Olympische Spiele. Und trotzdem erlebt er nun eine Premiere – erstmals hat der Romand nun einen Arbeitgeber aus der Deutschschweiz.
«Meine Frau stammt aus der Region Murtensee, wir haben nun zwei Kinder und wollten heimkommen», erklärt der sehr gut Deutsch sprechende Westschweizer seinen Transfer. «Als dann die Offerte von Bern kam, war der Fall rasch klar. Für diesen Verein mit seiner Geschichte und vor seinen 16 000 Zuschauern zu spielen, war immer ein Traum von mir.» Er sei gekommen, um mitzuhelfen, dass der SCB wieder top werde, betont Loeffel. Dass es zum Start sogleich gegen Meister Zug geht, bereitet ihm keine Kopfschmerzen «Wir werden bereit sein und müssen ja ohnehin gegen alle Teams viermal spielen.»
Joël Vermin – der verspätete Rückkehrer
2017 brach der Stürmer seine seine Zelte in Nordamerika nach drei Jahren und 24 NHL-Spielen für Tampa ab. Dass das SCB-Eigengewächs nicht zu seinem Stammverein zurückkehrte, sondern zu einer Tour de Romandie aufbrach (3 Jahre Lausanne, 2 Jahre Genf), war damals überraschend. Er selbst sagt dazu: «Ich wollte noch etwas anderes sehen von der Schweiz und mich nicht in das gemachte Nest setzen.» Um diese Erfahrung sei der froh, «ich würde es nochmals genau gleich machen.» Vermin war in dieser Zeit stets eine Schlüsselfigur in seinen Teams und ein Dauergast in der Nati, mit der er 2018 WM-Silber gewinnen konnte.
Nun also, mit 30, kommt es doch noch zur verspäteten Rückkehr. «Es hat mich heimgezogen. Nun wieder für den SCB zu spielen, ist für mich als Berner etwas sehr Spezielles», betont er. Sein Plan ist es, dass sich der Kreis für ihn schliesst und er seine Karriere eines Tages dort beenden kann, wo er sie begonnen hat. In Bern. Zum Neuanfang sagt Vermin: «Wir haben einen guten Mix aus verschiedenen Spielertypen. Daher bin ich sehr zuversichtlich.»
Benjamin Baumgartner – der Sommerhit
Als Lausanne wieder mal einen Spieler loswerden wollte, den man ein Jahr zuvor noch vergoldet hat, schlug der SCB anfangs August nochmals zu und schnappte sich den österreichischen Nationalspieler mit Schweizer Lizenz. Zufall war das nicht: Die Entscheidungsträger in Bern wissen über den 22-Jährigen bestens Bescheid. Trainer Johan Lundskog und CEO Raffainer haben bereits während ihrer Zeit in Davos mit ihm zusammengearbeitet. «Das hat sicher geholfen», weiss auch Baumgartner, «sie wissen, wie ich persönlich und spielerisch bin.»
Der Stürmer ist froh, dass «eine Lösung gefunden wurde» und er das Kapitel Lausanne hinter sich lassen konnte. «Es hat einfach nicht gepasst, ich hab mich da nie wirklich wohlgefühlt.» Es sei ein schwieriges Jahr für ihn gewesen, «aber ich habe viel gelernt, wie etwa auch, dass es nicht immer nur bergauf gehen kann.» Sein Selbstvertrauen sei in Lausanne zwar schon «ein wenig zusammengekracht, aber ich hatte nun einen guten Sommer, habe gut trainiert.» Nun befindet sich Baumgartner in der selben Aufbruchstimmung wie sein neuer Arbeitgeber.
Colton Sceviour – der Charakterkopf
Nach 554 NHL-Spielen für Dallas, Florida, Pittsburg und Edmonton setzt der 33-jährige Kanadier seine Karriere in der Schweiz fort. «Ich habe im Lauf der letzten Saison, als ich in der NHL oft überzählig war, beschlossen, dass ich eine neue Herausforderung annehmen möchte. Denn ich möchte lieber spielen als zuschauen», sagt Sceviour, das sich «Siviur» ausspricht («in meinem Namen gibt es einige unnötige Buchstaben») zu seinen Beweggründen. Erkundigungen über das Leben in Bern holte seine Frau Nikki bei Carly Jeffrey, der Frau von Ex-SCB-Stürmer Dustin Jeffrey ein. Die Sceviours und Jeffreys kennen sich aus gemeinsamen Zeiten in Dallas.
Sportchef Ebbett lobt den Zweiweg-Stürmer bereits jetzt für seine Arbeitsethik, die eine neue Intensität in den Alltagsbetrieb reinbringt. «Es ist schön, ein solches Kompliment zu hören», freut sich Sceviour, «Es ist zweifellos so, dass ich meiner Arbeitsethik meine NHL-Karriere zu verdanken habe.» Aber natürlich will er die SCB-Offensive nicht nur durch generösen Einsatz, sondern auch mit Toren und Assists ankurbeln: «Ich habe da schon auch Erwartungen an mich selbst und möchte auch diese Seite von mir zeigen.»
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | HC Davos | 29 | 31 | 57 | |
2 | ZSC Lions | 26 | 31 | 55 | |
3 | Lausanne HC | 28 | 2 | 50 | |
4 | SC Bern | 28 | 18 | 49 | |
5 | EHC Kloten | 29 | -5 | 47 | |
6 | EV Zug | 28 | 19 | 46 | |
7 | EHC Biel | 28 | 4 | 40 | |
8 | HC Ambri-Piotta | 28 | -11 | 39 | |
9 | HC Fribourg-Gottéron | 29 | -6 | 39 | |
10 | SCL Tigers | 27 | 1 | 38 | |
11 | Genève-Servette HC | 26 | 1 | 36 | |
12 | HC Lugano | 27 | -22 | 33 | |
13 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 29 | -20 | 33 | |
14 | HC Ajoie | 28 | -43 | 23 |