Ein Ex-Ambri-Spieler wird erstmals Ambri-Trainer. Gibt es eine bessere Voraussetzung?
Luca Cereda: (Schmunzelt) Es ist ein spezieller Klub. Wir haben andere Strukturen und Infrastrukturen. Das schon als Spieler gekannt zu haben, ist sicher eine Hilfe. Man weiss, womit man arbeiten muss. Das muss man akzeptieren, das Beste daraus machen. Als Spieler lernt man auch mit den starken Emotionen, die es hier gibt, umzugehen.
Wie lange haben Sie überlegt, als Sie für das als heikel bekanntes Traineramt angefragt wurden?
Nicht lange. Was mein Plan ist, also taktisch und was wir auf dem Eis zeigen wollen, hatte ich ganz klar im Kopf. Die einzige Frage war, ob meine Familie bereit ist, die Risiken eines Trainer-Jobs anzunehmen. Diese Bereitschaft meiner Familie ist da, und deshalb war für mich klar, dass ich es versuchen möchte.
Kommt diese Aufgabe für Sie nicht zu früh?
Nein, dank oder wegen meiner Herzprobleme habe ich viele Erfahrungen sammeln dürfen als Trainer. Das ist meine elfte Saison. Ich habe früh angefangen und bin deshalb vielleicht früher bereit. Aber klar, wir werden in den nächsten Wochen sehen, ob es zu früh oder der richtige Zeitpunkt war.
Sie sind mit 35 der mit Abstand jüngste Trainer der Liga ...
Das stimmt, für viele ist das ein Thema. Aber ich bin Trainer, seit ich 25 bin. Ich habe gute und schlechte Erfahrungen gemacht, daraus gelernt und meinen Plan entwickelt. Daran glaube ich und versuche, mich täglich zu verbessern. Ich kann noch viel lernen.
In der Bundesliga gibts eine Tendenz, junge Trainer zu engagieren. Denken Sie, es kann ein Vorteil sein, weil Sie noch ähnlich wie die Spieler ticken?
Das könnte sein. Ein Vorteil ist sicher, dass man die neue Generation besser spürt. Ein Beispiel: Alle Spieler haben ein Handy. Viele fluchen, dass man zu viel Zeit damit verbringt. Aber es gehört einfach zu dieser Generation. Ich finde, wir müssen einen Weg finden, es in die Arbeit zu integrieren. Dass Spieler vielleicht die Möglichkeit haben, Trainingsvideos zu bekommen. Junge Trainer kämpfen nicht gegen diese Moderne an, sondern versuchen, mit ihr zu arbeiten.
Sie sind nicht nur der jüngste, sondern ausser Arno Del Curto auch der einzige Schweizer Trainer der Liga. Macht Sie das nachdenklich?
Ja und nein. Als Schweizer Trainer ist es nie einfach, Fuss zu fassen. Ganz ehrlich, ich glaube, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, weil Ambri finanziell schwierige Zeiten durchmacht. Aber das ändert meine tägliche Arbeit nicht. Die Chance ist da. Ich gebe mein Bestes und hoffe auch für andere Schweizer, dass es gut läuft. Denn das Vertrauen in und die Geduld mit Schweizer Trainern ist hierzulande leider nicht so gross.
Einige Spieler Ihrer Mannschaft sind fast in Ihrem Alter. Ist Respekt keine Frage des Alters?
Nein, Respekt verdient man sich, wenn man weiss, wovon man redet. Wenn man Antworten auf die Fragen der Spieler geben kann, einen klaren Plan hat und den verfolgt. Es ist auch eine Frage der Erfahrung.
Eigentlich könnten Sie mit 35 selbst noch Hockey spielen. Ist es Ihnen vor zehn Jahren schwer gefallen, von einem Tag auf den anderen aufhören zu müssen?
Im ersten Moment sehr. Es kam so unerwartet, und ich hatte keinen Plan B. Ich dachte, ich spiele noch fünf, zehn Jahre. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Doch dann habe ich mich aufs Leben nach der Spieler-Karriere einzustellen versucht. Ich habe einiges ausprobiert, im Büro zu arbeiten bei einer Versicherung, bei einer Krankenkasse.
Das war Ihnen zu langweilig?
Ich habe nirgends die Leidenschaft gespürt wie als Spieler. Dann brauchten sie in Ambri im Nachwuchs dringend einen Coach, weil ein Russe keine Arbeitsbewilligung erhielt. So fing alles an. Mich faszinierte sofort, die Freude der Spieler in ihren Augen sehen zu können. Die Schwierigkeiten mit meinem Karriereende kamen erst später. Ich hatte das Vertrauen in den Körper verloren. Jedes noch so kleine Alarmzeichen meines Körpers war für mich ein riesiges. Das ist immer noch ein Prozess. Ich muss lernen, die Zeichen des Körpers zu deuten.
2000 wurden die Herzprobleme entdeckt. Haben Sie sich gefragt, warum gerade ich? Immerhin wurde Ihnen als Erstrundendraft eine rosige Zukunft vorausgesagt.
Nicht unbedingt. Es war vielleicht ein Vorteil, dass ich noch sehr jung und unbekümmert war. Ich konnte mir das Ausmass, was das bedeutet, nicht vorstellen.
Was war genau das Problem?
Ich hatte einen Geburtsfehler an einer Herzklappe. Das Herz hat Blut rausgepumpt, aber es blieb immer etwas zurück. Es musste immer kräftiger pumpen und vergrösserte sich. Das Risiko für mich als Hockeyspieler waren die Zweikämpfe, weil man manchmal wuchtige Schläge bekommt, da hätte das Herz platzen können. Nach der Operation konnte ich einige Jahre gut spielen, doch dann hatte sich die Arterie vergrössert und es bestand wieder das gleiche Risiko. Zum Glück hat man es in Toronto entdeckt, sonst hätte alles noch viel schlimmer enden können.
Wie sieht es heute aus? Hält Ihr Herz den emotionalen Belastungen, die in Ambri vorkommen, stand?
Ja, und auch Sport treiben in normalem Mass ist gut, nur Zweikämpfe wären gefährlich.
Sind Sie darauf vorbereitet, dass Sie unter Druck geraten, wenn der Anhängerschaft ein allfälliger Misserfolg zu viel wird?
Ich bin konditionell und mental in einer guten Verfassung. Ich habe für mich auch ein kleines Sommertraining gemacht und weiss, dass nach einigen Niederlagen auf mich gezeigt wird. Dann ist es wichtig, dass man seinem Plan treu bleibt.
Sie haben als Spieler den Playoff-Final 1999 erlebt. Was haben Sie davon in Erinnerung?
Das war eine sehr emotionale Zeit. Ich war noch in der Schule. Wir waren drei junge Spieler. Ich hatte noch keinen Bartwuchs für einen Playoff-Bart, deshalb habe ich mir die Haare blau gefärbt. Schaue ich zurück, glaube ich, wir haben zu weit gedacht, uns schon vorgestellt, was wir nach dem Titelgewinn machen. Wir waren zu jung, um mit diesen Emotionen umgehen zu können. Der Playoff-Final war das Thema, die restliche Welt haben wir ausgeblendet.
Was braucht es, um Ambri wieder zur einer Erfolgsmannschaft machen zu können?
Wir müssen unsere Identität wieder finden. Sie muss unsere Basis sein. Ich spürte in den letzten Jahren, dass der Fokus auf die Stärken des Klubs verloren gegangen ist. Wir haben Schwächen, aber eben auch unsere Stärken. Dazu gehört unser Kampfgeist, unsere Emotionen. Darauf müssen wir bauen.
Ist Geduld auch ein Thema?
Muss es sein, ein Haus baut man auch nicht an einem Tag. Vielleicht werden wir auf unserem Weg ein paar Mal stolpern. Dann müssen wir aufstehen und weitergehen. Das muss der ganze Klub tun, wenn wir etwas Neues kreieren wollen.
Mit welcher Philosophie gehen Sie an diese Herausforderung heran?
Die ehrliche, tägliche Arbeit wird eines Tages belohnt. Auf diesem Weg gibt es keine Abkürzungen. Manchmal muss man leiden, aber das gehört zum Sport.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | ZSC Lions | 29 | 34 | 61 | |
2 | Lausanne HC | 32 | 13 | 61 | |
3 | SC Bern | 32 | 21 | 58 | |
4 | HC Davos | 33 | 24 | 58 | |
5 | EHC Kloten | 33 | 0 | 57 | |
6 | EV Zug | 31 | 19 | 49 | |
7 | SCL Tigers | 31 | 3 | 45 | |
8 | EHC Biel | 31 | -1 | 42 | |
9 | HC Fribourg-Gottéron | 32 | -11 | 42 | |
10 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 33 | -14 | 42 | |
11 | HC Ambri-Piotta | 32 | -21 | 41 | |
12 | Genève-Servette HC | 29 | -1 | 39 | |
13 | HC Lugano | 31 | -20 | 39 | |
14 | HC Ajoie | 31 | -46 | 26 |