Er hat längst aufgehört, die Flugmeilen zu zählen. «Ich bin diesen Sommer viel unterwegs», sagt Nico Hischier. Dieser Tage ist der 18-jährige Walliser wieder in Nordamerika. In Windsor ist er Star-Gast beim kanadischen Junioren-Endspiel, am Samstag wurde er als bester Neuling der kanadischen Junioren-Ligen ausgezeichnet –wie vor ihm Stars wie Joe Thornton, Sidney Crosby, Patrick Kane. Bald ist er Gast beim Stanley-Cup-Final. Ein Riesen-Trubel.
Und der hat seinen guten Grund. In der kanadischen Juniorenliga QMJHL hat der Center eine Wahnsinnssaison hingelegt. Trainer und Talentspäher schwärmen. Oder wie Hischier sagt: «Es ist mir ziemlich gut gelaufen.»
Das nennt man Understatement. Denn das Schweizer Hockey-Juwel kann Historisches schaffen. Wenn am 23. Juni beim Draft in Chicago die NHL-Teams die besten Hockey-Junioren unter sich aufteilen, kann ihn einzig der Kanadier Nolan Patrick im Rennen um die Nummer 1 gefährden. New Jersey oder Philadelphia heissen die beiden Destinationen, die für Hischier noch im Spiel sind.
Bevor es so weit ist, wird es aber noch einmal anstrengend. Das «Combine» steht an, ein mehrtägiges, knallhartes Testcamp. In Buffalo untersucht National Hockey League die 104 hoffnungsvollsten Talente auf Herz und Nieren. Dabei wird alles getestet, was messbar ist: Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer. Aber auch eher schräg anmutende Qualitäten wie die Stärke des Händedrucks.
Auch deshalb ist das Sommertraining dieses Jahr so wichtig. In Buffalo soll Hischier beweisen, wie fit er ist. Zeit für Ferien bleibt seit der Rückkehr aus Kanada und der U18-Junioren-WM kaum. «Ich war vier, fünf Tage weg aus der Schweiz», sagt Hischier. «Dazu ein paar Tage daheim im Wallis. Dann habe ich wieder angefangen zu trainieren.»
Beim SC Bern bereitet er sich vor. «Ich habe alle Übungen mal angeschaut. Ich weiss, was mich erwartet. Aber du musst langfristig denken, es bringt nichts, nur aufs Combine hin zu trainieren.» Zumal nackte Leistungsdaten einem Talent mit Hischiers Spielintelligenz nicht gerecht werden können.
Mindestens genauso wichtig wie die Leistungstests sind die Interviews mit den NHL-Teams. «Die kommen zum Teil mit fünf Leuten, manche mit 15», sagt Hischiers Agent Gaëtan Voisard, der seinen Schützling in Buffalo begleitet. «Das kann für einen 18-Jährigen ziemlich schwierig sein, sich dem allein zu stellen.»
Hischiers Vorteil: «Ich bin während der ganzen Saison immer wieder mit Teams an einem Tisch gesessen. Die wollten mich bald schon näher kennenlernen.» Mehr als zehn NHL-Franchises haben bei Hischier bereits vorgefühlt. Zuschlagen darf am 23. Juni aber nur ein Team.