Hire and Fire in der NHL
Trainer auf dem Schleudersitz – aber Europäer kriegen keine Chance

Die Reihe der entlassenen NHL-Coaches ist lang und illuster. Doch obwohl fast jeder zweite Klub schon den Trainer wechselte, sucht man Europäer an der Bande vergebens.
Publiziert: 03.06.2024 um 14:04 Uhr
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Aktualisiert: 04.06.2024 um 09:20 Uhr
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Sheldon Keefe wurde im Mai bei den Toronto Maple Leafs entlassen. Mittlerweile hat er bereits bei den New Jersey Devils übernommen.
Foto: keystone-sda.ch
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Dino KesslerLeiter Eishockey-Ressort

Kurz nachdem die Toronto Maple Leafs in den Playoffs wieder mal über die erste Hürde gestolpert waren, verkündete die operative Leitung die Entlassung von Trainer Sheldon Keefe. Der 43-jährige Kanadier war an der undankbaren Aufgabe gescheitert, die mit offensiven Starspielern überladene Mannschaft auch im rustikalen Betriebsklima der Playoffs auf Erfolg zu trimmen. Toronto hatte zuletzt dreimal die 100-Punkte-Marke geknackt, blieb in den Playoffs aber mit nur einer gewonnenen Serie (2023 gegen Tampa) stets hinter den Erwartungen zurück.

Seit dem letzten Sommer waren schon in Nashville, Washington, Anaheim, Calgary, New York (Rangers und Islanders), Columbus, Edmonton, Minnesota, St. Louis, Ottawa, Los Angeles, New Jersey, Buffalo, San Jose und Seattle die Trainer gefeuert worden – oder gingen wie Rick Bowness in Winnipeg gleich selbst. 

Immer wieder dieselben Gesichter

Nachfolger werden in der NHL immer noch fast ausschliesslich aus dem Reservoir der Gefallenen rekrutiert: Keefe hat den vakanten Job bei den New Jersey Devils übernommen, in Buffalo kommt der bei New Jersey gefeuerte Lindy Ruff (64) zum Handkuss, der die Sabres bereits von 1997 bis 2013 betreut hatte. Toronto hat Craig Berube (58) verpflichtet, der Kanadier hatte 2019 mit St. Louis den Stanley Cup gewonnen und war dort im Dezember entlassen worden. Minnesota ersetzte Dean Evason früh in der Saison durch Jim Hynes, der zuvor als Cheftrainer bei New Jersey und Nashville im Verlauf von neun Saisons keine einzige Playoffserie gewonnen hatte. 

Europäer? Sucht man in diesem Old-Boys-Netzwerk vergebens. Alpo Suhonen (Fi) und Ivan Hlinka (Tsch †) wurden 2001 nach nur einer Saison per Luftpost zurück nach Europa verfrachtet, seither sind Vertreter der europäischen Schule keine Option mehr. 

Europäer? Nur auf dem Eis

Der wachsende Einfluss des europäischen Eishockeys ist Sache der Spieler (in der letzten Saison lag der Anteil bei rund 30 Prozent), die Ausbilder haben diesen Schritt bisher noch nicht geschafft. Der ehemalige deutsche NHL-Angreifer Marco Sturm (45) hatte nach seiner Zeit als Bundestrainer bei Los Angeles angeheuert und war dort vier Jahre als Assistenztrainer im Einsatz, seit 2022 zieht er mit wachsendem Erfolg beim Kings-Farmteam in Ontario (Kalifornien) die Strippen.

Als Kings-Cheftrainer Todd McLellan im letzten Februar entlassen wurde, übernahm dessen Assistent Jim Hiller interimistisch für den Rest der Saison. Für die nächste Saison war neben Hiller auch Sturm ein Kandidat für den Chefposten. Am Ende aber machte Hiller das Rennen, den Job als Assistent bekam Ottawas früherer Head Coach D.J. Smith. Die Kings haben Sturm aber wenigstens die Erlaubnis erteilt, bei den San Jose Sharks vorzusprechen. Dort wird immer noch ein Nachfolger von David Quinn gesucht, der zuvor schon bei den New York Rangers vergeblich versucht hatte, die Playoffs zu erreichen. 

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