«Eine solche Geschichte kann man nicht erfinden», sagt John Scott danach strahlend. Der 33-jährige Stürmer wurde eben als MVP, zum wertvollsten Spieler, des All-Star-Games ausgezeichnet. Und wenn jemand diese Geschichte doch geschrieben und an einen Verlag geschickt hätte, wäre er bestimmt abgeblitzt: Zu plump, zu kitschig.
2-Meter-Mann Scott hat es nicht in die NHL geschafft, weil er Tore schiessen kann – in 285 Partien gelangen im nur deren 5. Er hat sich regelrecht durchgeschlagen, ist einer der Letzten der in der NHL aussterbenden Spezies der «Goons», der reinen Prügler.
Doch da die NHL die Captains fürs All-Star-Game von den Fans wählen lässt, ist auch Scott, wie der Schweizer Klasse-Verteidiger Roman Josi, dabei. Dank einer Internet-Kampagne erhielt er gar am meisten Stimmen. Eigentlich ein Jux. Entsprechend versuchen die Liga und sein damaliger Klub Arizona Coyotes ihn zu einem Verzicht zu bewegen. Vergeblich. Scott will dieses einmalige Erlebnis nicht verpassen.
Die Strafe: Er wird verbannt, zu den Montreal Canadiens transferiert – und dann in die AHL ganz weit weg nach Neufundland zu St. John's abgeschoben. Die NHL will ihn deshalb vom All-Star-Game streichen. Doch der Druck der Öffentlichkeit und der Fans ist zu gross. Die Liga geht in die Knie.
Und dann das. In Nashville stehen Fans und Superstars – sie zollem dem Mann, der für sie die Drecksarbeit macht, Respekt und freuen sich für ihn – voll hinter ihm, zeigen ihre Solidarität. Und Shaw trumpft auf dem Eis auf. Er führt die Pacific Division im Turnier im 3-gegen-3-Format zum Turniersieg. Er schiesst gleich zwei Tore, checkt Patrick Kane hart und lässt sich zu einem Gerangel, einem angedeuteten Fight, mit Kane ein. Und seine hochschwangere Frau sagt, sie habe sich nach dem zweiten Tor zusammenreissen müssen, um nicht die Wehen zu provozieren.
Die Fans haben ihren Spass. Doch bei der MVP-Wahl versucht die Liga nochmal, Scott zu düpieren und schlägt Luongo, Hall und Gaudreau als MVP-Kandidaten vor. «John Scott, MVP!», skandieren jedoch die Fans. NHL-Boss Gary Bettman bleibt nichts anderes übrig, als zähneknirschend dem Wunsch zu entsprechen. Ein Sieg der Fans über die Liga-Bosse. Und John Scott freut sich wie ein kleines Kind. Für einmal darf auch einer, der sonst nur prügeln darf, Eishockey spielen und Spass haben.