Fedotow wurde offenbar festgenommen, weil er sich dem Militärdienst verweigerte. Dies berichten mehrere Medien aus den USA wie die «New York Times» oder das Fachmagazin «The Hockey News». Sie berufen sich dabei auf russische Quellen. Der freiberufliche Eishockey-Journalist Aivis Kalnins schreibt auf Twitter: «Nach dem, was ich recherchiert habe, haben sie versucht, Ivan Fedotow zu zwingen, einen neuen Vertrag bei ZSKA zu unterzeichnen, sonst muss er zur Armee. Menschenrechte gibt es in Russland nicht.»
Fedotow spielte zuletzt für ZSKA Moskau, dessen Spieler als militärisches Personal gelten. Zu Zeiten der Sowjetunion war der Hockeyverein gar offizieller Bestandteil der Armee. Heute befindet sich dieser im Besitz des Ölkonzerns Rosneft, der wiederum mehrheitlich der russischen Regierung gehört. Ein Wechsel zu den Philadelphia Flyers, den Fedotow anstrebt, könnte als Verstoss gegen russisches Gesetz gewertet werden, schreibt der «Philadelphia Inquirer».
Olympia-Goalie und bester KHL-Hexer
Fedotow war beim letzten Auftritt der russischen Nationalmannschaft vor Kriegsbeginn die Nummer 1 im Tor, führte die Mannschaft an den Olympischen Spielen in Peking zu Olympia-Silber. Er spielte auch in der KHL eine überragende Saison, gewann mit ZSKA Moskau den Gagarin Cup und wurde als bester KHL-Goalie ausgezeichnet. Dies weckte Begehrlichkeiten bei den Philadelphia Flyers, die Fedotow 2015 gedraftet haben und ihm nun einen Vertrag für die Saison 2022/23 offeriert haben.
Berichten zufolge wurde Fedotow zum russischen Militärregistrierungs- und Einberufungsbüro gebracht. Wie es mit ihm weitergeht, ist bislang nicht bekannt. Soll er gar an die Kriegsfront geschickt werden, wie insgeheim befürchtet wird? Die russische Zeitung «Fontanka» bestreitet, dass diese Absicht bestehe. Das Strafgesetzbuch der Russischen Föderation besagt in Artikel 328 aber, dass «Flucht aus dem militärischen oder alternativen Zivildienst» mit bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft werden kann.
Müssen NHL-Stars in Russland bleiben?
Offensichtlich ist Fedotow nach seiner Festsetzung krank geworden. Er soll aus dem militärischen Rekrutierungsbüro mit einer Ambulanz abtransportiert worden sein, in den sozialen Medien kursieren entsprechende Bilder. Gemäss der Zeitung «Fontanka» habe der 25-Jährige die Nacht im Spital verbracht. Fedotows Agent Igor Paraschkin erklärte in einer ersten Stellungnahme: «Ich kann mich aktuell nicht zur Situation äussern. Morgen sollte ich mehr wissen.» Chuck Fletcher, General Manager der Philadelphia Flyers, sagte zu den irritierenden Neuigkeiten: «Wir versuchen derzeit, einen Überblick über die Situation zu bekommen. Mehr kann ich momentan nicht sagen.»
Womöglich hat Russland einfach derzeit kein Interesse, seine Topsportler im Zuge des Krieges in der Ukraine und der daraus entstandenen Sanktionen des Westens in die USA zu schicken. Befürchtungen, dass selbst die grossen NHL-Stars wie Alexander Owetschkin (Washington) oder Andrei Wassilewski (Tampa) im Herbst nicht mehr zu ihren Organisationen zurückkehren könnten, gibt es schon länger.
Insgesamt haben letzte Saison 57 Russen in der NHL gespielt. Die meisten von ihnen sind nach der Saison wieder in ihr Heimatland zurückgekehrt, obwohl ihnen ihre Klubs nachgelegt haben, in Nordamerika zu bleiben. Der stellvertretende NHL-Commissioner Bill Daly sagt denn auch: «Wenn Russland ihnen die Ausreise verweigern sollte, dann können wir nicht viel machen.»