Doug Honegger
Toronto: Mit Lamoriello auf Kurs?

Doug Honegger beleuchtet exklusiv für Blick.ch den Nordamerikanischen Sportalltag. Heute schreibt er über Toronto-Präsident Brendan Shanahan und seine schwierige Aufgabe bei den Maple Leafs.
Publiziert: 26.07.2015 um 09:55 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:48 Uhr
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Toronto-Präsident Brendan Shanahan (links) und General Manager Lou Lamoriello.
Foto: Keystone
Von Doug Honegger

Brendan Shanahan, der Präsident der gebeutelten Toronto Maple Leafs (letzter Stanley Cup 1967, in den vergangenen 10 Jahren nur einmal in den Playoffs) hatte für diesen Sommer drei Vorgaben für die Neupositionierung des Klubs: Erstens, einen valablen Trainer finden. Zweitens, den launischen Stürmer Phil Kessel loswerden und drittens, einen erfahrenen Sportchef an Land ziehen.

Die ersten beiden Ziele erreichte Shanahan mit der Anstellung Mike Babcocks (ehemals Detroit) und der folgenden Abschiebung Kessels nach Pittsburgh.

Was niemand kommen sah, erschütterte letzte Woche die NHL und ihre Kreise: Shanahan engagierte Lou Lamoriello, den 72-jährigen ehemaligen Sportchef der New Jersey Devils als Strippenzieher.

Lamoriello war bei den Devils zuletzt entmachtet worden und fungierte quasi nur noch als Führungskraft ohne Entscheidungsgewahlt. Lamoriello hatte Shanahan übrigens im NHL-Draft 1987 mit dem zweiten Pick overall zu den Devils geholt.

In jedem anderen Jahr hätte ein solcher Schachzug die Grenzen des Vorstellbaren gesprengt – Lamoriello war schliesslich während 28 Jahren das Gesicht der Devils-Führung. Sein Palmarès: 21 Playoffteilnahmen, drei Stanley-Cup-Titel. 2009 wurde er in die Ruhmeshalle der NHL aufgenommen.

Allerdings musste Lamoriello am eigenen Leib erfahren, dass auch Legenden ein Verfalldatum haben, in diesem Frühling wurde er durch Ray Shero als GM der Devils abgelöst. Nachdem die Devils in den letzten vier Jahren drei Mal die Playoffs verpasst hatten (Ausnahme: Finalniederlage 2012 gegen Los Angeles), wurde in den Hinterzimmern der NHL schon gemunkelt, Lou hätte seinen Zauber verloren.

Trotz des offiziellen Titels «GM» wird Lamoriello in Toronto eine andere Rolle spielen als zuvor in gleicher Funktion bei New Jersey: Der Boss, das ist klar, ist nur Shanahan.

Lamoriello erhält neun Millionen für drei Jahre, das ist der Preis für das Charisma, das beispiellose Verständnis Liga-interner Vorgänge und sein Talent, einen Klub zu führen und neu zu positionieren – genau die Erfahrung also, die Shanahan und sein Führungszirkel mit Kyle Dubas und Mark Hunter nicht haben.

Ob Shanahans Kurs richtig ist, wird sich erst in ein paar Jahren entscheiden. Mit Babcock und Lamoriello hat er erstmal zwei Legenden an Land gezogen – ein guter Fischzug und mindestens ein vielversprechender Start.

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