Der Churer jagt mit Pfeil und Bogen
Niederreiter geht in Minnesota nicht nur auf Torjagd

Nino Niederreiter ist ein gefürchteter Schütze in der NHL. Doch auch neben dem Eis packt den Churer die Jagdlust.
Publiziert: 23.11.2017 um 15:39 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:54 Uhr
Marcel W. Perren (Text) und Sven Thomann (Fotos) aus Minneapolis

Wir sind im 16. Stock des «Ivy Hotel» in Minneapolis. Nino Niederreiter residiert hier in einem 170 Quadratmeter-Apartement mit einem spektakulären Ausblick auf die Skyline der grössten Stadt im Bundestaat Minnesota.

Momentan würdigt er aber die gigantischen Wolkenkratzer keines Blickes, der 25-jährige Sturmtank der Minnesota Wild ist mit seinen Gedanken in seiner Heimat – Niederreiter lehnt sich in seinem bequemen Lesesessel zurück und vertieft sich in der Literatur über die Bündner Hochwildjagd. «Seit meinem letzten Schultag vor gut zehn Jahren habe ich nie mehr ein Buch so intensiv gelesen wie dieses», offenbart Nino.

Der Churer Naturbusche möchte nach dem Fischer- auch das Bündner Jagdpatent erlangen. Doch dieses Unterfangen ist für einen Eishockey-Profi mit einem gröberen Haken verknüpft. «Die Prüfung für die Bündner Jagd kann man leider nicht im Sommer machen. Aber so lange ich in der NHL unter Vertrag bin, bleibt mir im Winter keine Zeit um im Kanton Graubünden eine Prüfung abzulegen.»

Dafür kann der Wirbelsturm «El Nino» seinen Jagdtrieb in seiner Wahlheimat sehr viel einfacher ausleben. Nachdem er am 13. Oktober im Spiel gegen Chicago eine Verletzung am Sprunggelenk davon getragen hat, nutzte er die rund zweiwöchige Verletzungspause, um die amerikanische Jagdprüfung abzuschliessen. «Im Gegensatz zur Jagd im Bündnerland gehe ich hier nicht mit einem Gewehr, sondern mit einem 1500 Dollar teuren High-Tech-Pfeilenbogen auf die Pirsch.»

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Nino Niederreiter bereitet die Pfeile für die Jagd vor.
Foto: Sven Thomann|Blicksport

«In der Natur kann ich abschalten»

Um zu demonstrieren, wie die antik anmutende Jagd mit Pfeil und Bogen in der Gegenwart funktioniert, führt er uns ins Revier seines Teamkollegen Alex Stalock. Eine knappe Autostunde vom Stadtzentrum entfernt möchte Niederreiter im Wald des Wild-Ersatz-Keepers einen Hirsch ins Visier nehmen. Der Flügelstürmer klettert auf den Hochsitz und flüstert: «Es ist das vierte Mal, dass ich hier jage. Geschossen habe ich bis jetzt zwar noch kein Tier, aber das ist mir ziemlich egal. Mir geht es bei dieser Tätigkeit viel mehr um das Naturerlebnis als um die Jagd-Trophäe. In der Natur kann ich am besten abschalten und regenerieren.» Besser ist Niederreiters Treffer-Quote derzeit auf dem Eis: In den letzten vier Spielen hat er jeweils ein Tor erzielt.

Nach einer halben Stunde auf dem Hochsitz macht sich ein tierisches Rascheln im Wald bemerkbar, Nino zieht seinen Bogen auf! Läuft im jetzt tatsächlich ein Hirsch vor den Pfeil? Fehlalarm. Beim Unruhestifter handelt es sich lediglich um ein Eichhörnchen.

Anstatt zum Hallali bläst Niederreiter zum Rückzug in seine Wohnung. Bevor er sich dort noch einmal ein paar Seiten in seinem Jagd-Lehrbuch reinzieht, wirft der Heimweh-Bündner noch ein paar sehnsüchtige Blicke auf die Bilder mit seinen Liebsten in der Heimat. Auf das Foto mit seiner Mama, dem Papa seinen beiden Schwestern und seinem Göttibuben. Aber wo hängt das Bild von seiner Freundin? «Ich bin derzeit Single. Aber eines Tages würde ich schon gerne eine Familie gründen.»

Platz für ein Kind hätte es im Revier des liebenswerten Jägers auf jeden Fall genug.

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