Eigentlich war längst alles geregelt. Schon im November unterschrieb Gaëtan Haas beim SC Bern einen 3-Jahresvertrag. Doch fünf Monate später sorgt das «Journal du Jura» noch einmal für Wirbel, meldet, aus dem Wechsel werde nun doch nichts. Der Stürmer, der sich mit Tränen in den Augen aus Biel verabschiedet hat, habe sich mit SCB-CEO Marc Lüthi ein Wortgefecht geliefert. Und nun käme es zur Trennung.
Als die Nachricht in Genf die Runde macht, greift Servette-Manager Chris McSorley zum Telefon, ruft bei Haas-Agent Jaroslav Tuma an und bietet dessen Klienten einen 5-Jahresvertrag an. Der Haken? Die Zeitung publizierte die Meldung am 1. April. Es war ein Scherz.
McSorley tappte in die Falle. Und auch Haas fand es nicht witzig. «Als ich morgens aufwachte, hatte ich 30 SMS auf meinem Handy. Wieder musste ich allen erklären, dass nur ‹Blabla› geschrieben wurde», so der 25-Jährige.
«Ich kannte meine Fehler»
Haas hatte genug. Monatelang schossen die Gerüchte um den begehrten Mittelstürmer wie Unkraut aus dem Boden. Noch vor dem Saisonstart hiess es, er habe in Davos unterschrieben. «Es war mühsam. Ich will doch bloss meinen Job erledigen und sonst einfach meine Ruhe haben.»
Die hatte der Nati-Stürmer im vergangenen Mai. Allerdings unfreiwillig. Bei seiner WM-Premiere in Moskau nahm ihn Trainer Patrick Fischer mitten im zweiten Match gegen Norwegen vom Eis – und setzte ihn bis zum Turnier-Ende nicht mehr ein. «Weil Kevin Romy abgesagt hat, habe ich ‹Gates› ins kalte Wasser geworfen. Er nahm die Position zwischen Simon Moser und Nino Niederreiter ein. Es war schwierig für ihn», sagt Fischer. «Mein Entscheid machte ihn sauer. Das hat mich gefreut.»
Logisch sei er sauer gewesen, sagt der Betroffene selbst. «Ich spielte eine gute Vorbereitung und nach eineinhalb WM-Spielen ist einfach Schluss. Doch ich kannte meine Fehler, ermöglichte dem Gegner einen oder zwei Konter, agierte nervös und spielte zu einfach. Gewöhnlich laufe ich mit der Scheibe ins Drittel. Damals schoss ich sie einfach hinein.»
Haas suchte das Gespräch mit Fischer. «Ich war ehrlich, sagte ihm, dass ich ein paar Spielzüge nicht verstanden habe. Er hat sie mir erklärt.» Der Stürmer betont, dass er an den Herausforderungen gewachsen sei. «Kritikfähig war ‹Gates› schon immer», sagt Ex-Biel-Coach Kevin Schläpfer, der Haas schon mit 13 Jahren bei den Junioren trainierte.
Talent alleine reicht nicht
«Ich war sehr hart mit ihm, hatte hohe Erwartungen und wollte, dass er das Junioren-Team führt. Haas musste sich einiges anhören, hat mich sicher hin und wieder verflucht. Doch er hat nie gemurrt und war stets bereit, auch unpopuläre Massnahmen zu akzeptieren», erinnert sich Schläpfer.
Wird der Bieler auf seine Juniorenzeiten angesprochen, sagt er ohne Umschweife: «Ich war einfach zu welsch.» Oder wie es Schläpfer formuliert: «Er zeigte faule Tendenzen. Das Sommertraining war auch nicht gerade seine Leidenschaft.» Trotzdem ragte Haas aus dem Team heraus. «Weshalb was ändern, wenn es gut läuft», sagte sich der Stürmer. Dass Talent alleine nicht reicht, merkte er erst während seiner zweiten Saison bei den Profis. «Ein Katastrophen-Jahr. Da wusste ich: Es braucht auch Arbeit.»
Seither hat sich Haas stetig gesteigert. Seine Linie mit Vincent Praplan und Denis Hollenstein funktioniert schon während der gesamten WM-Vorbereitung ausgezeichnet. Und nun schwärmt Fischer, sagt: «Ich mag ‹Gates› als Center sehr. Er übernimmt Verantwortung, setzt seinen Körper ein und ist sich für nichts zu schade. Er wirft sich auch in Schüsse.» Im Vergleich zum Vorjahr sei der Stürmer noch kräftiger geworden. «Haas ist bereit für höhere Aufgaben. Das zeigt auch sein Wechsel zum SCB.»
Diesen Transfer aber goutierten nicht alle. Es gab Fans, die Haas ausgepfiffen und ihn als Verräter beschimpft hatten. Ausgerechnet den Mann, der als Teenager jeweils auf der «Tribune Sud» stand und den EHCB angefeuert hatte. «Ich wusste, dass es Leute geben wird, die meinen Entscheid nicht verstehen werden. Die Pfiffe aber haben mich belastet.» Ein Gespräch mit Sportchef Martin Steinegger habe ihm geholfen. «Er sagte mir, er stehe hinter mir. Ich solle einfach meine Leistung bringen und den Rest ignorieren.»
Trotz Wadenbeinbruch im Einsatz
Wie Haas tickt, zeigt eine Episode aus den Playoffs. Als Biel gegen Bern im Viertelfinal mit 1:3 vor dem Aus stand, kehrte der Stürmer trotz Wadenbeinbruch, den er sich bei einem Treppensturz zugezogen hatte, zurück. «Ich konnte nicht einfach so aus Biel gehen, liess mich fitspritzen. Hätte ich das nicht getan, wäre ich zwar in den Schlittschuh gekommen. Doch zuschnüren wäre nicht möglich gewesen. So stark waren die Schmerzen. Ich weiss nicht, ob es gut gewesen wäre, hätte es ein weiteres Spiel gegeben.»
Die ersten drei WM-Vorbereitungsspiele verpasste Haas. Auch heute spürt er noch leichte Schmerzen. «Die behindern mich aber nicht mehr. Jetzt will ich endlich auch international zeigen, was ich kann.»
Läuferisch gehört Haas längst zu den Besten. Er sagt, er profitiere davon, dass er als Kind mit Streethockey begonnen habe und erst mit elf Jahren zum Eishockey stiess. «Bezüglich Skatingtechnik habe ich da einiges gelernt.» Doch als ihm bewusst wurde, dass er im Eishockey Profi werden kann, war sein weiterer Weg klar. «Im Streethockey kannst du nur Bier trinken nach den Spielen.»
Die Wahl hat sich gelohnt.