Verhexte WM für Biel-Hexer Hiller
«Ich würde wohl nicht noch einmal Goalie werden»

Leonardo Genoni ist in Paris die Lichtgestalt der Nati, Goalie-Kollege Jonas Hiller hingegen die tragische Figur.
Publiziert: 16.05.2017 um 13:14 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:00 Uhr
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Das 0:2 in der 7. Minute gegen Kanada – und das Spiel ist zu Ende für Nati-Goalie Jonas Hiller.
Foto: KEY
Stephan Roth aus Paris

Schon im Vorfeld der WM hatte Patrick Fischer den langjährigen NHL-Goalie vorgewarnt, dass er möglicherweise nicht so oft zum Einsatz kommen würde. Jonas Hiller akzeptierte das – und legte mit drei Shutouts in Serie eine grandiose WM-Vorbereitung hin.

So darf der 35-Jährige auch beim Startspiel gegen Slowenien ran. Gegen den Auf- und Absteiger kassiert er vier Gegentore. Auch wenn ihm nur bei einem einen Vorwurf gemacht werden kann: Die blamable Wende nach einer 4:0-Führung verhindert er nicht.

Tags darauf spielt, wie geplant, Meistergoalie Leonardo Genoni. Das Resultat: Ein Shutout gegen Norwegen. Und der SCB-Keeper steht auch gegen Frankreich (3:4 n.P.) zwischen den Pfosten, ist aber beim 3:3-Ausgleich nicht auf dem Posten.

Der Held heisst Genoni

Als man denkt, dass nun wieder Hiller an der Reihe sei, ist es 17 Stunden darauf wieder Genoni, der gegen die Weissrussen nicht nur spielt, sondern auch seinen zweiten Shutout einfährt. Hiller ist zum dritten Mal in Serie nur Zuschauer.

Gegen Kanada darf er am Samstag endlich ran. Es soll der grosse Abend des Ex-NHL-Torhüters auf der grossen Bühne gegen einen grossen Gegner werden. Doch daraus wird nichts. In der 7. Minute ist für Hiller schon alles vorbei – nach zwei schnellen Gegentoren, bei denen er zumindest keinen unüberwindbaren Eindruck hinterlässt. Genoni kommt, Hiller stapft wütend in die Kabine, kehrt dann auf die Bank zurück. Mit starrem und mürrischem Blick sitzt er da. Seine Teamkollegen wenden das Spiel – Genoni ist wieder der Held. «Es war nichts gegen Hiller, aber ich wollte ein Zeichen setzen», sagte Coach Fischer, der für seinen Mut reich belohnt wird.

Hillers Prophezeiung

Im gleichen Takt geht die bittere WM für Hiller weiter. Am folgenden Tag bricht er das Warmup ab. Er habe sich eine leichte Zerrung zugezogen, wird gemeldet. Wie lange er ausfällt, ist unbekannt. Auch gegen Finnland (2:3 n.V.) spielt Genoni – und ist wieder ein starker Rückhalt. Wenn er sich nicht verletzt, wird er auch am Donnerstag im Viertelfinal spielen. Alles andere wäre ein Wahnsinn. Fischer wird ihn nicht so verschaukeln wie Glen Hanlon vor zwei Jahren in Prag, als er ihm nach einer bärenstarken WM entgegen seinem Versprechen plötzlich Reto Berra gegen die USA vorzog.

Es ist eine verhext WM für Hiller. Das Schicksal eines Torhüters. «Ich würde wohl nicht noch einmal Goalie werden», sagte der Appenzeller, der in seiner Karriere über 30 Millionen Franken verdiente, der «NZZ am Sonntag» letzte Woche. «Es kann halt nur ein Goalie spielen. Der Druck ist gross. Wenn du als Stürmer einen schlechten Abend hast, wirst du vielleicht in eine hintere Linie versetzt und spielst weniger. Aber als Torhüter bist du draussen.» Eine nahezu prophetische Aussage. Denn er machte sie vor dem schmerzhaften Kurzauftritt gegen Kanada.

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