BLICK: Florian Kohler, Sie hatten zuletzt beim Eishockey-Verband unruhige Wochen. Ist das anstrengender als eine schwangere Frau zu Hause zu haben?
Florian Kohler: Oh, eine heikle Frage. Ich kann nicht ganz offen reden, meine Frau liest den Sportteil jeder Zeitung (lacht). Nein, im Ernst. Es waren herausfordernde Tage. Aber das gibts. Manchmal muss es krachen. Stillstand ist für mich keine Option.
Über den Verband hiess es während Jahren, dass alles verstaubt sei und nichts voran gehe. Jetzt wird das Gegenteil kritisiert.
Wir haben drei Hockey-Kulturen zusammen geführt. Amateur- und Profi-Sport sowie das Verbandswesen. Dann hat man eine CEO-Position geschaffen. Anschliessend hatte man zwei kurz aufeinanderfolgende Wechsel auf dieser Posi-tion. Dann kam ich. Ich wurde nicht angestellt, um alles so beizubehalten wie es ist. Ich habe einen klaren Auftrag: Die Vollendung der Zusammenführung von Verband, National League und Regio League.
Es gab aber doch einige Wechsel im Verband. Zuletzt jener des langjährigen Funktionärs Peter Lüthi.
Das stimmt, einige Leute haben uns verlassen, auf eigenen Wunsch. Fakt ist: Seit ich vor zweieinhalb Jahren begann, haben wir eine Person freigestellt. Das war im Marketing-Bereich.
Ihnen wird ein zu forscher Führungsstil vorgeworfen.
Ich gehe grundsätzlich keinem Konflikt aus dem Weg und bin kein Sport-Romantiker. Sind wir ehrlich: Der Sport ist ein knallhartes Business. Da kann nicht immer alles sanft und geschmeidig zu und hergehen. Jeder kann frei entscheiden, ob er die neuen Verbandsstrukturen mittragen will. Früher gab es ständig Kämpfe zwischen Liga und Verband …
… jetzt haben nur noch die Klubs das Sagen.
Das sehe ich anders. Es wird immer wieder gesagt, dass der SC Bern und die ZSC Lions den Kurs bestimmen. Es ist so: Alle vier Jahre haben die Clubs die Chance, ihre Vertreter ins Leistungssportkomitee wählen zu lassen (zuletzt im August 2015).
Dennoch die Behauptung: Wäre Kevin Schläpfer nicht in Biel, sondern beim SCB oder dem ZSC, hätte ihn der Verband nicht angegangen und schon gar nicht, ohne den Klub vorab zu informieren.
Das kann man so nicht sagen. Und diese Spielereien mit «wenn» und «wäre» bringen doch nichts. Für uns war der Fall abgehakt, als uns Biel mitteilte, dass Schläpfer weder jetzt noch auf nächste Saison hin frei gegeben werde. Doch dann hat Schläpfer noch einmal die Initiative ergriffen. Er hat alle zusammen an einen Tisch aufgeboten. Kevin hielt sein Plädoyer und bat Biel inständig, ihn auf die nächste Saison ziehen zu lassen.
Würden Sie noch einmal gleich vorgehen?
Nachdem ich ein paar Mal darüber geschlafen habe, würde ich sagen: Nicht ganz gleich, aber ähnlich. Es war nicht unsere Absicht, bei Biel oder anderen Clubs für Irritationen zu sorgen. Ich würde jedoch immer noch zuerst mit dem Kandidaten sprechen. Wir haben uns auf Schläpfers Einschätzung verlassen, dass ihn seine Vorgesetzten aus dem Vertrag ziehen lassen würden – auch ohne schriftliche Zusicherung. Aus heutiger Sicht sage ich, dass wir nach einem ersten Abtasten direkt mit dem EHC Biel hätten diskutieren sollen.
Dann sind Sie doch ein Sport-Romantiker?
Das nicht. Aber wir haben wohl zur stark an Schläpfers Überzeugung geglaubt.
Wie geht es nun weiter?
Es gibt keinen Grund zur Hektik. Jetzt gehen wir erst einmal mit John Fust und Thierry Paterlini an den Deutschland-Cup und haben Zeit, zu überdenken, ob wir zur WM 2016 mit einem Nati-Coach im Doppelamt gehen oder schon eine langfristige Lösung bis 2018 oder 2020 suchen. Aber: Warum versuchen wir es 2016 nicht einmal mit einem Trainer im Doppelamt?
Was spricht dagegen mit Arno Del Curto zur WM zu gehen?
Er hat ja gesagt: Wenn man ihn fragt, gibt er eine Antwort. Dies ist seine Seite. Was Swiss Ice Hockey betrifft, sage ich noch einmal: Lassen wir uns Zeit! Jetzt wird Raeto Raffainer zuerst in Ruhe diverse Abklärungen treffen und dann einen Vorschlag machen.
In welchem Zeitraum ist ein Entscheid zu erwarten?
Es kann auch nächstes Jahr werden. Ich sehe keinen Zeitdruck.
Das könnte aber für Unruhe und Spekulationen sorgen.
Ich sehe kein Problem. Der Verband ist seit jeher exponiert und eine beliebte Zielscheibe. Damit müssen wir klarkommen.
Wie steht es um Interims-Coach Felix Hollenstein? Besitzt er einen Vertrag?
Wir waren seit langem mit ihm im Gespräch. Ursprünglich war er als Assistent von Glen Hanlon für die Termine in Augsburg und Arosa vorgesehen. Das wurde per Handschlag besiegelt. Als dann der Vertrag mit Hanlon aufgelöst wurde, hat er sich bereit erklärt, einzuspringen. Wir wussten von seiner privaten Situation. Es war aber für uns nicht absehbar, dass er nicht für den Deutschland-Cup zur Verfügung stehen würde.