Ein letztes Mal trainiert die Nati gestern in Wetzikon in der Schweiz, ehe sie heute nach Wien fliegt und per Car an den WM-Ort Bratislava fährt.
Bei den Kids im Zürcher Oberland ist jedes Souvenir ist begehrt. So kann Reto Berra (32) dem Betteln nach einem alten Stock nicht widerstehen. Und weil er versehentlich gleich zwei Fans einen versprochen hat, fragt er Kollege Leonardo Genoni (31), ob er auch einen geben könne.
Wieder einmal kreuzt sich der Weg der beiden. «Sie sind ein eingespieltes Team», sagt Coach Patrick Fischer über das Silber-Duo von Kopenhagen. «Sie kennen sich gut und helfen einander.»
Zehn, elf Jahre alt waren sie, als sie sich das erste Mal begegneten. «Das war bei den Piccolo, bei einem Turnier in Ambri», erinnert sich Berra. «Leo hat alles gehalten. Es sah aber sehr komisch aus.»
«Reto war schon damals etwa drei Köpfe grösser»
Und seit 18 Jahren sind sie Konkurrenten. «Reto war schon damals etwa drei Köpfe grösser als ich», sagt Genoni (heute 1,80 m) über Berra (1,94 m). Die Goalies kämpften bei den ZSC-Novizen um einen Platz als Nummer 2 hinter Stefan Grauwiler. Genoni machte das Rennen – und sass eine Saison lang auf der Bank, während Berra eine Stufe tiefer viel Spielpraxis erhielt, wie sich der scheidende SCB- und künftige Zug-Goalie erinnert. Ein verlorenes Jahr. «Es war mein grösster Fehler», so der Mann aus Kilchberg ZH.
Zusammen wurden Genoni und Berra später Junioren-Meister mit den Lions. «Wir hatten es eigentlich immer sehr gut miteinander. Wir haben uns immer angestachelt. So sind wir dann zusammen die verschiedenen Stufen hochgeklettert», sagt Genoni.
Berra erinnert sich auch daran, wie er bei Genoni mit dessen Brüdern stundenlang auf der Spielkonsole Fussball spielte. «Leo kam dann jeweils nur kurz, um mitzuspielen. Doch obwohl wir viel mehr Übung hatten, gewann er stets.»
2015 brach Hanlon das Versprechen gegenüber Genoni
Bald kamen beide bei den GCK Lions in der NLB zum Zug, Berra auch beim ZSC in der NLA, als der legendäre Ari Sulander verletzt war. Gleichzeitig wechselte das Duo 2007 nach Davos – allerdings ohne zu wissen, wer der Goalie-Partner sein würde. In der zweiten Saison wurden sie Meister. Arno Del Curto setzte im Playoff-Final zwischenzeitlich mit Erfolg auf Berra, im Spiel 7 in Kloten aber wieder auf Genoni.
Anders lief es an der WM vor vier Jahren in Prag. Nati-Coach Glen Hanlon versprach Genoni nach einem starken Turnier den Einsatz im Viertelfinal, änderte dann aber seine Meinung und setzte gegen die USA auf den damaligen NHL-Keeper.
Berra schon zweimal Ersatz im WM-Final
Das Schicksal eines Goalies: Wenn es zählt, kann nur einer spielen. «Wenn man noch jung ist, hat man vielleicht etwas mehr Mühe, es zu verkraften, wenn man nicht spielt», sagt Fribourg-Goalie Berra. Doch der Bülacher betont: «Es ging bei uns meistens recht gut auf. Es war nicht so, dass der Eine dem Anderen ständig vor der Nase gestanden wäre.»
Nati-Coach Fischer wird, wie vor einem Jahr beim Silber-Coup von Kopenhagen, beide an der WM zum Zug kommen lassen. Wenn es aber um alles geht, dürfte er erneut den fünffachen Meister-Goalie Genoni dessen ewigen Konkurrenten Berra, der nun schon zweimal (2013 hinter Martin Gerber) in einem WM-Final gegen Schweden die Nummer 2 war, vorziehen.