Alina Müller hadert. Mit sich, aber auch den Schiedsrichtern. Nach einem Stockschlag wird sie ermahnt, die Strafe zu akzeptieren. «Ich fühle mich gut, könnte aber besser spielen. Das nervt», so die 18-Jährige.
Dass sie trotz mässiger Leistung beim 3:1 gegen Fribourg von den Teamkollegen zur besten Spielerin gekürt wird, scheint ihr peinlich. Erst als die Jungs «Anziehen! Anziehen!» rufen, setzt sie sich als Ritual den Cowboy-Hut auf.
Seit 2014 spielt die drei Jahre jüngere Schwester von NHL-Verteidiger Mirco Müller bei den Novizen-Junioren des EHC Kloten. Gemeinsam mit Shannon Sigrist (17, Lakers) ist sie die einzige Frau der Liga. Doch weshalb spielt Müller, die als jüngste Schweizer Olympionikin die Frauen-Nati in Sotschi zu Bronze schoss, bei den Junioren? «Weil die Frauen-NLA nicht so herausfordernd ist. Es gibt sechs Teams. Zürich und Lugano dominieren. Geführte Trainings gibt es vielleicht drei pro Woche. Wir haben doppelt so viele.»
Müller ist zwei Jahre älter als ihre Mitspieler. «Sie ist unser Mami», sagt Trainer Thomi Derungs. «Ich wäre froh, alle wären so professionell. Sie geht Ein- und Auslaufen, macht in jedem Bereich mehr.» Stürmer David Baumann (16): «Von Alina kann man lernen.»
Müller hat ihre eigene Garderobe. «Bei den Jungs würde ich es nicht aushalten. Überall liegen Dinge rum.» Probleme habe es nie gegeben. «Als ich kam, redete ich wenig. Und auch die Jungs hielten sich zurück. Erst als sie merkten, dass ich was kann, hat sich das geändert. Dann war es ihnen auch nicht mehr peinlich, wenn sich einer neben mich setzen musste.»
Am Anfang sei es komisch gewesen, gibt Greg Halberstadt (16) zu. «Man spricht mir ihr anders, schlägt sie nicht.» Doch längst hat sich Müller den Respekt des Teams verschafft. Als der Captain ausfiel, wurde sie zur Nachfolgerin gewählt. Und auch auf dem Eis braucht sich die Winterthurerin nicht zu verstecken.
Sie ist Klotens drittbeste Skorerin (12 Tore in 28 Spielen) und stark im Boxplay. «Man sieht, wie ihr die Tränen in die Augen schiessen, wenn sie vom Puck getroffen wird. Doch selbst wenn dies ein zweites Mal geschieht, gibt sie nicht auf. Die Jungs würden sofort liegen bleiben», so Derungs.
Auch das Körperspiel bereitet der 176 Zentimeter kleinen und 60 Kilo leichten Stürmerin keine Mühe. Werde sie gecheckt, gebe sie zurück. Sonst versuche sie auszuweichen. Härter angegangen werde sie nicht. «Im Gegenteil. Man hätte mich schon checken können und der Gegner blieb stehen, weil er Angst hatte, mir weh zu tun.»
Nach der Matura will Müller 2018 in die USA, an einer Uni studieren und Hockey spielen. Vorher aber soll die Olympia-Quali gelingen. Ab Donnerstag spielt die Schweiz in Arosa gegen Dänemark, Norwegen und Tschechien. Nur der Turniersieger darf 2018 nach Südkorea. «Wir können alle schlagen, dürfen aber niemanden unterschätzen.» Müllers Traum? «Olympia-Gold.»