Nati-Spielerinnen enttäuscht
«Mit uns Frauen kann man das ja machen»

Die Nati-Spielerinnen Phoebe Stänz (27), Nicole Bullo (33) und Nadine Hofstetter (26) vereinen Beruf und Hockey auf Top-Niveau. Und bringen Opfer für ihre grossen Träume. Auch weil sie es nicht anders kennen.
Publiziert: 02.05.2021 um 13:31 Uhr
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Aktualisiert: 03.05.2021 um 14:44 Uhr
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Um bei Olympia wie hier 2018 in Pyeonchang dabei sein zu können, opfern Phoebe Stänz (vorne) und ihre Teamkolleginnen viel.
Foto: imago/Bildbyran
Nicole Vandenbrouck

Für den Traum einer Hockey-WM oder Olympia-Teilnahme arbeiten sie hart – weil sie nebenbei auch noch arbeiten. Oder umgekehrt. Keine der Schweizer Top-Spielerinnen ist Profi, weder im In- noch im Ausland. Was das bedeutet? Für jene Nati-Spielerinnen mit einem 100-Prozent-Job viel Verzicht, viel Organisation, praktisch keine Ferientage für wirkliche Ferien, ein durchgeplantes Leben. Doch sie kennen es nicht anders. Arbeit, Training, Essen, Schlafen – von vorne. Tag für Tag. Saison für Saison. Alles für die Leidenschaft Eishockey.

Einen Monat haben sie sich im Leistungszentrum OYM in Cham ZG vorbereitet für die WM in Halifax (Ka), die am Freitag hätte eröffnet werden sollen. Einen Monat Ferientage hätte sie die Teilnahme aufgrund Quarantäne-Vorschriften gekostet. Alles hätten sie in Kauf genommen für ihren Traum – der nur einen Tag vor dem Abflug mit der WM-Verschiebung (auf Ende August) platzt.

«Die ganze Spannung war von einem auf den anderen Moment weg. Es war eine Leere da. Es fühlte sich an, wie auf der Achterbahn stecken geblieben», sagt Phoebe Stänz. Die 27-Jährige arbeitet Vollzeit bei einer Bank im Handel. Die Stürmerin (zuletzt bei den Thurgau Indien Ladies) hätte all ihre Ferientage geopfert, ihre Vertretung war organisiert. Deshalb reduziert sie nach der WM-Absage ihre Ferien von vier auf zwei Wochen und geniesst eine kleine Trainingspause vor der Olympia-Saison. «Die Auszeit kann ich brauchen.»

Das WM-Aufgebot der Frauen-Nati

Torhüterinnen: Andrea Brändli (Ohio State University/USA), Vanessa Bolinger (Hockey Engiadina), Saskia Maurer (Thun).

Verteidigerinnen: Nicole Bullo (Lugano), Lara Christen (GCK/ZSC Lions), Sarah Forster (Leksands /Sd), Janine Hauser (GCK/ZSC Lions), Nadine Hofstetter (Reinach), Sinja Leemann (SCRJ Lakers/Thurgau), Shannon Sigrist (Linköping/Sd), Nicole Vallario (Thurgau), Stefanie Wetli (Thurgau).

Stürmerinnen: Rahel Enzler (University of Maine/USA), Mara Frey (Reinach/Langenthal), Lena Marie Lutz (Thun), Alina Marti (GCK/ZSC Lions/Langenthal), Alina Müller (Northeastern University/USA), Evelina Raselli (Lugano), Lisa Rüedi (GCK/ZSC Lions), Dominique Rüegg (Leksands/Sd), Noemi Ryhner (Lugano), Phoebe Staenz (Thurgau), Lara Stalder (Brynäs/Sd), Kaleigh Quennec (University of Montreal/Ka), Laura Zimmermann (Thun).

Lara Stalder, die in Schweden zur wertvollsten Spielern dieser Saison gekürt wurde, ist natürlich im Aufgebot.
Imago

Torhüterinnen: Andrea Brändli (Ohio State University/USA), Vanessa Bolinger (Hockey Engiadina), Saskia Maurer (Thun).

Verteidigerinnen: Nicole Bullo (Lugano), Lara Christen (GCK/ZSC Lions), Sarah Forster (Leksands /Sd), Janine Hauser (GCK/ZSC Lions), Nadine Hofstetter (Reinach), Sinja Leemann (SCRJ Lakers/Thurgau), Shannon Sigrist (Linköping/Sd), Nicole Vallario (Thurgau), Stefanie Wetli (Thurgau).

Stürmerinnen: Rahel Enzler (University of Maine/USA), Mara Frey (Reinach/Langenthal), Lena Marie Lutz (Thun), Alina Marti (GCK/ZSC Lions/Langenthal), Alina Müller (Northeastern University/USA), Evelina Raselli (Lugano), Lisa Rüedi (GCK/ZSC Lions), Dominique Rüegg (Leksands/Sd), Noemi Ryhner (Lugano), Phoebe Staenz (Thurgau), Lara Stalder (Brynäs/Sd), Kaleigh Quennec (University of Montreal/Ka), Laura Zimmermann (Thun).

Überstunden machen fürs Hockey

Nicole Bullo (33) ist die älteste Nati-Spielerin. Es wäre ihre 12. WM-Teilnahme in 17 Jahren. Die Tessinerin arbeitet 100 Prozent bei einem internationalen Unternehmen und organisiert dessen Events und Kongresse im In- und Ausland. Trotz Ferienguthaben von sechs Wochen muss die Verteidigerin (Ladies Team Lugano) Überstunden anhäufen, damit sie über die Runden kommt fürs Hockey.

«Manchmal fragen mich Arbeitskollegen, wie ich das alles schaffe», sagt Bullo, die nach dem Bronze-Gewinn von 2014 in Sotschi auch vielen erklären muss, dass sie keine Profispielerin ist. Und ihnen auf die Frage, warum sie solche Opfer bringt, antwortet: «Für eine Olympia-Medaille.» Doch Bullo wird auch mal alles zu viel. 2015 legt sie eine Nati-Pause ein. «Ich war leer, stand kurz vor einem Burnout», gesteht sie. Die Tessinerin fokussiert sich auf ihren Job, geht reisen. Daniela Diaz (38), damals Nati-Trainerin und einst ihre Teamkollegin, entfacht eine Saison später Bullos Feuer wieder. Nun gibt sie nochmals alles – und vieles auf. Für eine WM und wohl die letzten Olympischen Spiele.

Nadine Hofstetter (26) hat ihr Arbeitspensum bei der Schwyzer Kantonalbank extra von 100 auf 80 Prozent reduziert, um mehr Zeit für Training und Erholung zu haben. Und hat Arbeitszeit vorgeholt für den WM-Traum. Es wäre das Debüt für die Verteidigerin (SC Reinach). Doch bereits 2020 wird wegen der Pandemie nichts draus. Und jetzt die erneute Verschiebung. «Mein erster Gedanke war: Mit uns Frauen kann man das ja machen. Bei den Männern hätten sie einen Plan B.» Am Tag danach meldet sie sich wieder im Homeoffice zur Arbeit.

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