Nati-Coach Patrick Fischer
«Ich habe nicht auf der faulen Haut gelegen»

Nati-Coach Patrick Fischer darüber, was ein Nati-Trainer ohne Nati tut – und wie es sich anfühlt, nach 20 Jahren erneut Vater zu sein.
Publiziert: 21.03.2021 um 15:26 Uhr
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Aktualisiert: 21.03.2021 um 18:26 Uhr
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Nati-Coach Patrick Fischer in der SIHF-Geschäftsstelle in Glattbrugg. Im Sitzungszimmer «Stockholm» sind Bilder vom Silber-Run 2013 ausgestellt.
Foto: Sven Thomann
Dino Kessler, Nicole Vandenbrouck (Text) und Sven Thomann (Fotos)

Herr Fischer, was macht ein Nati-Trainer, wenn die Nati nicht stattfindet?
Patrick Fischer:
Auf mein Arbeitspensum hat die Krise keinen grossen Einfluss. Ich habe nicht auf der faulen Haut gelegen, falls Sie das glauben. Ich habe mehr Zeit im Kreis der U20-Nati verbracht, das hatte ich mit Nati-Direktor Lars Weibel aber schon vor längerer Zeit geplant. Ich vermisse die Termine mit der Nationalmannschaft allerdings schon. Die Zeit, die ich mit den Spielern auf dem Eis verbringen kann, ist mir eigentlich das Liebste. Zu Beginn der Saison konnte ich die Partien der Meisterschaft noch in den Stadien verfolgen, aber mit Beginn der zweiten Welle musste ich Disziplin walten lassen und verfolgte die Spiele darum meist von zu Hause aus. Ich wollte keine Infektion riskieren und möglicherweise Termine verpassen.

Sie konnten dafür viel Zeit im Kreis Ihrer Familie verbringen.
Als Patrick Fischer ist mir das natürlich das Allerliebste. Beruflich bin ich am liebsten mit den Spielern auf dem Eis.

Ihre Tochter Oceania wird im Juni ein Jahr alt, Ihr Sohn Kimi aus erster Ehe wird im Oktober 20. Wie oft kann Ihre Familie zusammen sein?
Ich wünschte, wir könnten uns öfter sehen. Kimi lebt in Ascona, dort ist sein Lebensmittelpunkt. Er steckt in der Ausbildung zum Koch, und die verlangt sehr viel von ihm. Meine Partnerin Mädy hat ihr Elternhaus ebenfalls in Ascona, so treffen wir uns mal hier und mal dort. Kimis Mutter Mara, die auch aus dem Tessin stammt und dort lebt, ist dann auch mit dabei. Kimi ist übrigens ein sehr stolzer und liebevoller grosser Bruder. Es ist nicht selbstverständlich, dass sich Generationen untereinander verstehen sowie alte und frische Beziehungen so gut harmonieren.

Spielt Kimi selbst noch immer Eishockey?
Es juckt ihn manchmal schon noch, aber die Arbeit fordert gerade sehr viel von ihm. Er geht allerdings ab und zu zum Rollhockey – etwas, das im Tessin ziemlich populär ist. Dabei wird mit Hockey-Ausrüstungen und einem roten Ball und richtigen Rollschuhen gespielt, nicht etwa auf Inline-Skates. Rollhockey mochte er schon als kleiner Junge.

Sie wurden mit 26 erstmals und mit 45 erneut Vater. Dazwischen liegen knapp 20 Jahre. Wie erleben Sie das?
Vollkommen verschieden, es ist ein ganz anderes Empfinden und Miterleben. Vor 20 Jahren war es eine komplett andere Situation. Als meine damalige Frau Mara schwanger war, musste ich mich als Spieler in Davos mit einer schweren Verletzung auseinandersetzen (Knorpelschaden am Knie; die Red.) und war deswegen sehr stark mit mir selbst beschäftigt. Es drohte das Ende der Karriere zu einem sehr frühen Zeitpunkt, die Schwangerschaft habe ich deshalb irgendwie gar nicht richtig wahrgenommen. Nun bin ich in einer vollkommen anderen Lebenssituation, viel entspannter und aufgrund der Pandemie auch oft bei der Familie. Ich durfte so erfahren, was eine Frau leisten muss und was sich bei ihr während der Schwangerschaft alles tut und verändert. Ich bin dankbar, dass ich diese Erfahrung nochmals aus einer anderen Perspektive erleben durfte.

Das alles spricht für einen ausgedehnten Vaterschaftsurlaub.
Absolut. Es ist fantastisch, wenn man diese Zeit gemeinsam erleben darf und als Vater nicht nur anekdotisch Teil der Entwicklung ist. Es ist überwältigend, was dabei auf einen zukommt, welche Herausforderungen und Veränderungen eine Schwangerschaft für eine Frau bedeuten. Das gemeinsam erleben zu können, ist ein Geschenk.

Verändert haben sich auch einige Dinge im Schweizer Eishockey. Wie sehen Sie die Lage der Eishockeynation aktuell?
Ich mag Harmonie, ich mag zufriedene Leute und ich mag konstruktive Zusammenarbeit. Mir ist aber auch klar: Das ist nicht immer möglich. Wir haben eine Phase hinter uns, in der wir uns ziemlich uneinig waren im Schweizer Eishockey. Das braucht es manchmal, damit neue Ideen entstehen können, die Pandemie hat dabei auch noch einiges ausgelöst. Zum aktuellen Stand? Die Reformpläne wurden für einige Zeit auf Eis gelegt, die Meinungen sind bekannt und das Ganze kann erst mal wirken. Es ist gut, dass angeregt diskutiert wurde. Über die Art und Weise kann man geteilter Meinung sein, aber es hat etwas ausgelöst.

Wo befindet sich das Schweizer Eishockey im globalen Vergleich zurzeit?
Wir haben mit Ausnahme der zu hohen Kosten ein ausgezeichnetes Produkt. Weshalb sollte man nun alles ändern? Die Lehre daraus muss sein, dass wir gemeinsam versuchen, die Kosten in den Griff zu bekommen, mehr nicht. Die Liga ist auf allen Ebenen sehr attraktiv, wir haben meist sehr moderne und schöne Stadien. Wir investieren in die Nachwuchsförderung, die Nationalmannschaften der Frauen und Männer sind praktisch auf sämtlichen Stufen gut positioniert.

Ein transparenter Modus für den Ligawechsel brennt einigen unter den Nägeln. Die Fans zum Beispiel möchten auf den Kitzel des Abstiegs nicht verzichten.
Aus rein sportlicher Perspektive bin ich der Meinung: Es ist besser für das Produkt, wenn es keinen Abstieg gibt. Fällt diese Bedrohung weg, haben vor allem kleinere Klubs wie Ambri, SCL Tigers oder Lakers die Möglichkeit, Spieler und Mannschaft zielgerichtet zu entwickeln, ein Konzept über Jahre wirken und auch junge Spieler in Ruhe reifen zu lassen. Die Abstiegsangst führte in der Vergangenheit meist zu Panikreaktionen und Feuerwehrübungen, die nur zusätzliche Kosten verursachten. Ich weiss, die Fans hören das nicht gerne. Aber wenn man etwas auf die Beine stellen will, braucht man auch Zeit und Ruhe. Ein Abstieg nimmt dir das alles auf einen Schlag weg.

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