Ihr Mann sei ein «Materialtüftler», sagt Dayana Signorell an diesem verregneten Nachmittag hinter der Eishalle in Rapperswil-Jona SG. Diese Eigenschaft von Ex-Hockeyprofi Riccardo Signorell (Basel, Genf, ZSC, Chur, Davos, Ajoie) steht am Anfang der Idee für das Projekt Oceanice, die Sharkblades sowie die Gründung ihrer Firma Green Hockey. Doch von vorne.
Der einstige Stürmer und heutige Unternehmer und Filmemacher hat bereits vor zwei Jahren eine spezielle Schlittschuhkufe aus einer Karbon- und Stahlmischung entwickelt, auf die NHL-Star Nino Niederreiter (31, Winnipeg) schwört. «Während dieses Prozesses zeichnete Riccardo plötzlich Rollen an die Kufen», erzählt Dayana Signorell weiter. Mit dem Gedanken im Hinterkopf, auch den Gebrauch auf synthetischem Eis zu optimieren. Doch das bisherige Kunsteis ist dem Ehepaar nicht nachhaltig genug.
Und so tüfteln die Signorells mit einem deutschen Hersteller seit einigen Jahren an einer synthetischen Unterlage. Das Resultat: Oceanice. Der Name rührt daher, dass Oceanice nebst neuen Materialien zu einem grossen Teil aus rezykliertem Plastikmüll aus dem Meer besteht. «Plastikmüll, der an die Küsten Asiens angespült wird», erklärt das Ehepaar, «dort zu Granulat verarbeitet und in Deutschland dann in der Produktion der Platten beigemischt wird.»
Abrieb wird aufgefangen und rezykliert
Die Platten gibt es in zwei verschiedenen Grössen (1x2 m, 2x2 m) und Beschaffenheiten: eine härtere für Profis (225 Fr./m2) und eine Hybridversion für den Breitensport (210 Fr./m2) . Die Platten halten rund zehn Jahre und könnten nach der Hälfte der Zeit einfach umgedreht werden. Eine automatisierte Putzmaschine reinigt die Fläche vom Abrieb, der aufgefangen und ebenfalls wieder rezykliert werden kann, bei der Produktion neuer Platten.
In Rapperswil-Jona SG, wo derzeit von der Stadt das einzige Oceanice-Feld des Landes betrieben wird, stehen den Lakers, deren Nachwuchs, den Schulen sowie der Öffentlichkeit fürs Hockey und für den Eislauf eine Halle und ein offenes Eisfeld zur Verfügung. Knapp sind die Eiszeiten immer. Die Trainings der Mannschaften müssen am öffentlichen Eislauf vorbeijongliert werden.
Das Oceanice-Feld verschafft seit Ende Oktober nun eine Entspannung der Situation. Der öffentliche Eislauf kann teils auf die Kunststoff-Fläche verlagert werden. Somit wird für Vereine mehr Eiszeit auf dem offenen Eisfeld frei.
«Das Oceanice ist wertvoll für die Sportförderung und die Öffentlichkeit», sagt mit Thomas Zahner der Leiter der Fachstelle Sport und Bewegung von Rapperswil-Jona. Mindestens bis Ende März bleibt das Oceanice für den öffentlichen Eislauf bestehen. Zahner kann sich aber gut vorstellen, dass die Junioren-Teams der Lakers während den Sommermonaten darauf trainieren. Denn nebst dem Mangel an Eisflächen sind in Rapperswil-Jona auch die Sporthallen knapp.
Obwohl die Stadt mit ihren 28’000 Einwohnern über 14 Turnhallen verfügt, besteht für deren Belegung eine Warteliste. Für den SCRJ-Nachwuchs bleibt da nicht immer genügend Platz. Deshalb sieht Zahner im Oceanice ein grosses Potenzial im Hockeybereich, auch weil es so realitätsnah ist. (N.V.)
In Rapperswil-Jona SG, wo derzeit von der Stadt das einzige Oceanice-Feld des Landes betrieben wird, stehen den Lakers, deren Nachwuchs, den Schulen sowie der Öffentlichkeit fürs Hockey und für den Eislauf eine Halle und ein offenes Eisfeld zur Verfügung. Knapp sind die Eiszeiten immer. Die Trainings der Mannschaften müssen am öffentlichen Eislauf vorbeijongliert werden.
Das Oceanice-Feld verschafft seit Ende Oktober nun eine Entspannung der Situation. Der öffentliche Eislauf kann teils auf die Kunststoff-Fläche verlagert werden. Somit wird für Vereine mehr Eiszeit auf dem offenen Eisfeld frei.
«Das Oceanice ist wertvoll für die Sportförderung und die Öffentlichkeit», sagt mit Thomas Zahner der Leiter der Fachstelle Sport und Bewegung von Rapperswil-Jona. Mindestens bis Ende März bleibt das Oceanice für den öffentlichen Eislauf bestehen. Zahner kann sich aber gut vorstellen, dass die Junioren-Teams der Lakers während den Sommermonaten darauf trainieren. Denn nebst dem Mangel an Eisflächen sind in Rapperswil-Jona auch die Sporthallen knapp.
Obwohl die Stadt mit ihren 28’000 Einwohnern über 14 Turnhallen verfügt, besteht für deren Belegung eine Warteliste. Für den SCRJ-Nachwuchs bleibt da nicht immer genügend Platz. Deshalb sieht Zahner im Oceanice ein grosses Potenzial im Hockeybereich, auch weil es so realitätsnah ist. (N.V.)
Auf dem Dach der Bootshalle im sogenannten Lido in Rappi-Jona steht nun das erste Grossfeld dieser Art mit 650 Quadratmetern. Im Unterboden ist eine Filteranlage eingebaut, damit nicht Rückstände des Abriebs in den Obersee gelangen. Dafür, dass Green Hockey die Ausschreibung der Stadt für die Nutzung dieser Fläche gewonnen hat, war in Zeiten des Klimawandels auch die Nachhaltigkeit sowie die Energieeinsparung ausschlaggebend.
Bei konventionellem Eis verbraucht der Quadratmeter im Unterhalt täglich etwa 0,6 bis 0,8 Kilowattstunden. Gerechnet auf diese 650 Quadratmeter bedeutet dies bei Oceanice eine Einsparung von über 500 Kilowattstunden pro Tag. In diesem Punkt setzt diese Erfindung neue Massstäbe.
Signorells ambitioniertes Ziel war aber, dass das Skating-Gefühl jenem auf richtigem Eis möglichst nahe kommt. Die schnellen Richtungswechsel, das Bremsen, die Griffigkeit – dafür hat der 53-Jährige die Kufen immer weiter perfektioniert. In Zusammenarbeit mit der nur 600 Meter entfernt gelegenen Ostschweizer Fachhochschule wurden die Sharkblades entwickelt. Eine Kufe mit kleinen, scharfen Rollen aus hochpräzisem Metallverbund. In Rapperswil-Jona liegen derzeit 100 Schlittschuhe in den Grössen 34 bis 47 zum Verleih bereit, 100 weitere sollen bald folgen. Bei jenen Schlittschuhmodellen, die von den meisten Profis verwendet werden, können die Kufen fürs Eis auch per Klicksystem durch die Sharkblades ausgewechselt werden.
SCRJ-Lammer: «Fast wie Tanzen auf dem Eis»
Doch wie ist nun das Fahrgefühl mit den Sharkblades auf dem Oceanice? Nati-Trainer Patrick Fischer (48) war auf Signorells Einladung nebst anderen Ex-Profis beim Plauschmatch dabei und sagt: «Man muss sich daran gewöhnen, aber nach drei, vier Minuten fühlt es sich schon sehr ähnlich an wie auf Eis. Es ist verblüffend.» Für SonntagsBlick getestet hat es auch SCRJ-Stürmer und -Nachwuchstrainer Dominic Lammer (31), der einst eine Lehre als Eismeister gemacht hat. «Das Fahrgefühl ist sehr speziell, fast wie Tanzen auf dem Eis. Bremsen ist Übungssache. Aber die Wendungen sind sehr ähnlich wie auf Eis.»
Während man im Eishockey die synthetische Unterlage erst am Entdecken ist, werden im Fussball Kunstrasen längst eifrig genutzt. Rund 500 Plätze gibt es in der Schweiz, und in der Super League kommen YB und Lausanne ohne natürlichen Rasen aus. In der Challenge League sind es gar fünf Klubs (Xamax, Thun, Schaffhausen, Wil und Baden).
Der Kunstrasen lässt eine weit intensivere Nutzung zu und bietet somit mehr Spielern und Spielerinnen Trainingsmöglichkeiten. Vor allem in Regionen, in denen Naturrasen aus klimatischen Gründen einen schweren Stand haben.
Bei internationalen Grossanlässen, wie zum Beispiel der Frauen-EM 2025 in der Schweiz, darf allerdings nicht auf Kunstrasen gespielt werden.
Lange war Kunstrasen, den es seit 1960 gibt, umstritten. Erst in der dritten Generation erreichte man eine Qualität, die den Eigenschaften des Naturrasens nahekam und auch keine Schürfungen mehr verursachte.
Bei Fussball-Romantikern sind die Plastik-Unterlagen nach wie vor verhasst. Und sie gerieten auch aus ökologischen Gründen unter Beschuss, weil die Gummigranulate, mit denen sie verfüllt wurden, auf Umwegen im Meer landeten. Die neuste Generation kommt aber ohne Granulate aus. (sr)
Während man im Eishockey die synthetische Unterlage erst am Entdecken ist, werden im Fussball Kunstrasen längst eifrig genutzt. Rund 500 Plätze gibt es in der Schweiz, und in der Super League kommen YB und Lausanne ohne natürlichen Rasen aus. In der Challenge League sind es gar fünf Klubs (Xamax, Thun, Schaffhausen, Wil und Baden).
Der Kunstrasen lässt eine weit intensivere Nutzung zu und bietet somit mehr Spielern und Spielerinnen Trainingsmöglichkeiten. Vor allem in Regionen, in denen Naturrasen aus klimatischen Gründen einen schweren Stand haben.
Bei internationalen Grossanlässen, wie zum Beispiel der Frauen-EM 2025 in der Schweiz, darf allerdings nicht auf Kunstrasen gespielt werden.
Lange war Kunstrasen, den es seit 1960 gibt, umstritten. Erst in der dritten Generation erreichte man eine Qualität, die den Eigenschaften des Naturrasens nahekam und auch keine Schürfungen mehr verursachte.
Bei Fussball-Romantikern sind die Plastik-Unterlagen nach wie vor verhasst. Und sie gerieten auch aus ökologischen Gründen unter Beschuss, weil die Gummigranulate, mit denen sie verfüllt wurden, auf Umwegen im Meer landeten. Die neuste Generation kommt aber ohne Granulate aus. (sr)
Mit seinem Oceanice hat Riccardo Signorell jedenfalls bereits Interesse geweckt. So finden Gespräche mit den SCL Tigers statt, ob der nachhaltige Kunststoffbelag eine Option für die sich im Bau befindende Trainingshalle ist. Auch Swissligist Winterthur prüft Möglichkeiten.
Signorell kann sich fürs Oceanice drei Verwendungsmöglichkeiten vorstellen: «In Trainings- und Skillszentren, für individuelles Coaching oder für Kids in der Garage oder auf der Strasse.» Bereits auf einer Fläche von 20 Quadratmetern können laut dem Ex-Profi technische und repetitive Übungen gut absolviert werden. «Wir wollen das Eis nicht ersetzen», ergänzt Dayana Signorell, «aber die bestmögliche Alternative bieten im Hinblick auf die steigenden Strom- und Energiekosten.»
Wie kann man das Schweizer Eishockey weiterentwickeln? Diese Frage stellt sich Swiss Ice Hockey generell und ständig. Für die rund 30’000 lizenzierten Spieler und Spielerinnen (Nachwuchs bis Veteranen und Plauschligen) hierzulande gibt es nirgendwo genügend Eisflächen. Sowohl in Ballungsgebieten mit mehreren Klubs als auch in Hockey-Randregionen nicht.
Die aktuellen Zahlen: In der Schweiz sind im sportlichen Bereich sowie teilweise für die Öffentlichkeit 158 Eisfelder in Betrieb. Davon sind 124 Eishallen und 34 offene Eisbahnen. Führend ist dabei der Kanton Bern mit 28 Anlagen, gefolgt von Zürich mit 19.
Eine Antwort auf die Einstiegsfrage gibt Lars Weibel, Sportdirektor des Verbands: «Ein Fokus von uns ist, mehr Nachwuchs zu rekrutieren.» Wobei der 49-Jährige gleich selbst relativiert: «Aber um mehr Kinder und Jugendliche zum Eishockey zu bringen, brauchen wir mehr Eis. Dafür müssen an der Basis schnelle Lösungen her.»
Der aus dem Kanton Schwyz (2 Eishallen) stammende einstige SCRJ-Junior und -Spieler liess es sich deshalb nicht nehmen, an seiner alten Wirkungsstätte beim von Oceanice-Mitentwickler Riccardo Signorell (53) organisierten Plauschmatch vorbeizuschauen. «Ich bin hier, weil das Thema brandaktuell und interessant ist.»
Weibel will sich ein Bild davon machen, wie das Feld aus recyceltem Kunststoff bei einstigen Profis sowie seinem Nationaltrainer Patrick Fischer (48) ankommt. «Die Feedbacks sind durchwegs positiv», freut er sich. Denn die Lösung müsse zum Beispiel, was Widerstand, Skating- oder Bremsverhalten betrifft, möglichst nahe am Hockey auf dem Eis sein.
Weibel betont, dass es nicht darum gehe, Eisflächen zu ersetzen. «Sondern zum Beispiel darum, im Sommer oder in Camps mit weniger oder kaum Energieaufwand bestmöglich trainieren zu können.» Dass Oceanice auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit einzigartig ist, sei dabei noch das Tüpfelchen auf dem i. «Die Klimaerwärmung kann zum immer grösseren Problem für den Eis- und Spielbetrieb werden.» Oceanice ist laut Weibel «fast zu gut, um wahr zu sein» – und könnte die Entwicklung des Schweizer Eishockeys entscheidend vorantreiben. (N.V.)
Wie kann man das Schweizer Eishockey weiterentwickeln? Diese Frage stellt sich Swiss Ice Hockey generell und ständig. Für die rund 30’000 lizenzierten Spieler und Spielerinnen (Nachwuchs bis Veteranen und Plauschligen) hierzulande gibt es nirgendwo genügend Eisflächen. Sowohl in Ballungsgebieten mit mehreren Klubs als auch in Hockey-Randregionen nicht.
Die aktuellen Zahlen: In der Schweiz sind im sportlichen Bereich sowie teilweise für die Öffentlichkeit 158 Eisfelder in Betrieb. Davon sind 124 Eishallen und 34 offene Eisbahnen. Führend ist dabei der Kanton Bern mit 28 Anlagen, gefolgt von Zürich mit 19.
Eine Antwort auf die Einstiegsfrage gibt Lars Weibel, Sportdirektor des Verbands: «Ein Fokus von uns ist, mehr Nachwuchs zu rekrutieren.» Wobei der 49-Jährige gleich selbst relativiert: «Aber um mehr Kinder und Jugendliche zum Eishockey zu bringen, brauchen wir mehr Eis. Dafür müssen an der Basis schnelle Lösungen her.»
Der aus dem Kanton Schwyz (2 Eishallen) stammende einstige SCRJ-Junior und -Spieler liess es sich deshalb nicht nehmen, an seiner alten Wirkungsstätte beim von Oceanice-Mitentwickler Riccardo Signorell (53) organisierten Plauschmatch vorbeizuschauen. «Ich bin hier, weil das Thema brandaktuell und interessant ist.»
Weibel will sich ein Bild davon machen, wie das Feld aus recyceltem Kunststoff bei einstigen Profis sowie seinem Nationaltrainer Patrick Fischer (48) ankommt. «Die Feedbacks sind durchwegs positiv», freut er sich. Denn die Lösung müsse zum Beispiel, was Widerstand, Skating- oder Bremsverhalten betrifft, möglichst nahe am Hockey auf dem Eis sein.
Weibel betont, dass es nicht darum gehe, Eisflächen zu ersetzen. «Sondern zum Beispiel darum, im Sommer oder in Camps mit weniger oder kaum Energieaufwand bestmöglich trainieren zu können.» Dass Oceanice auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit einzigartig ist, sei dabei noch das Tüpfelchen auf dem i. «Die Klimaerwärmung kann zum immer grösseren Problem für den Eis- und Spielbetrieb werden.» Oceanice ist laut Weibel «fast zu gut, um wahr zu sein» – und könnte die Entwicklung des Schweizer Eishockeys entscheidend vorantreiben. (N.V.)