Bern ist in Champagnerlaune. Nach dem YB-Meistertitel vor einer Woche greift heute auch der SCB nach dem Kübel. Im Playoff-Final gegen den EV Zug haben die Berner drei Match-Pucks, den ersten zu Hause in der längst ausverkauften PostFinance-Arena.
YB und der SCB im selben Jahr Meister – es könnte ein historischer Triumph werden. Erst dreimal in der Schweizer Sportgeschichte stammte der Fussball- und Eishockey-Meister aus der gleichen Stadt; letztmals 2001, als die Kicker von GC und die ZSC Lions in Zürich feiern konnten. Davor schafften 1966 der FC Zürich und die GC-Eishockeyaner sowie 1959 YB und der SCB den Doppel-Triumph.
Es war das Jahr, in dem der BLICK (erst nach den Berner Titeln) erstmals erschien, Fidel Castro in Kuba die Revolution glückte, der erste Mini gebaut wurde und Hazy Osterwald den Hit «Kriminal-Tango» landete.
YB war damals eine Macht, sicherte sich den Meisterkübel viermal in Folge und spielte vor 60 Jahren im legendären Meistercup-Halbfinal gegen Reims, als 60'000 Fans ins alte Wankdorf-Stadion strömten.
Via Bauchschuss zum Titel
Die grossen YB-Helden hiessen Eugen «Bomben-Geni» Meier, Goalie Walter Eich, Heinz Schneiter, Toni Allemann und Ernst Wechselberger. Sie leben alle nicht mehr.
Trainiert wurde das Team vom Deutschen Albert Sing (†2008), der im Zweiten Weltkrieg einen Bauchschuss erlitten hatte. «Disziplin und Kondition! Das war Sings Credo. Er brachte uns auf ein körperliches Niveau, das man in der Schweiz gar nicht kannte», erzählte der damalige YB-Spieler Hansruedi Fuhrer (81). «Das lief ab wie das Armeeprogramm in Magglingen. Wir liefen ein Bord rauf, bis wir nicht mehr konnten. Drehten Runden, bis einer umfiel! Wir waren körperlich ganz einfach besser. Von da stammt auch die YB-Viertelstunde.»
Während Sings Truppe bestimmt topfit war, messen die YB-Historiker die Geburtsstunde der «YB-Viertelstunde» allerdings einem weit früheren Zeitpunkt zu. So tauchte der Begriff schon 1910 bei einem Bericht über ein Spiel gegen Luzern auf, als die Berner in der Endphase ein 1:2 in ein 4:2 verwandelten.
Im Gegensatz zum SCB hatte YB auch schon vor den 50er Jahren Meistertitel, deren sechs, gesammelt.
Noch keine grossen Gehälter
Reich wurden die Spieler damals mit dem Fussball noch nicht. Sie arbeiteten ganztags, wurden nach dem Feierabend von Sing herumgehetzt – und dafür mit 800 bis 1200 Franken belohnt. Die Prämien waren Brosamen: 200 Franken für einen Sieg, 150 für ein Unentschieden.
Von solchen Bezügen konnten die Eishockeyspieler, die sich heute finanziell nicht mehr vor den Fussballern verstecken müssen, nur träumen. Der damalige Stürmer Peter Schmidt (80): «Wäre ich bloss 40 Jahre später zur Welt gekommen. Ich hätte vielleicht auch so ein schönes Haus wie einige Spieler heute.» Trainiert wurde – einmal pro Woche.
Der erste Meister-Goalie René Kiener (80) erinnerte sich vor Jahresfrist an die Prämie 1958 – eine Krawatte mit aufgestickter Dressnummer, Blazer und Hose nach Mass.
Bäckersfrau und «Gagu»
Der damals 20-Jährige war Publikumsliebling. Sein Debüt im Fanionteam gab er schon fünf Jahre früher. Rasch machte im Schönau-Quartier die Nachricht von Kieners Einsatz die Runde, liest man in der SCB-Chronik über den legendären Keeper. «Und Bäckersfrau Oesch fragte jeden, der in ihrem Quartier- Lädeli ein Gipfeli oder ein Brötli kaufte, ob er wisse, dass René, dieser kleine Gagu, beim SCB gespielt habe.» Seither nennt man den Ex-Goalie mit der Rückennummer 0 «Gagu». Eine kleine Maske trug er erst Jahre später.
Das junge Berner Team (Schnitt 22,5 Jahre) durchbrach die jahrelange Dominanz der Bündner Klubs: Von 1937 bis 1958 gewannen Davos und Arosa mit einer Ausnahme (ZSC 1949) den Titel. Dem SCB gelang das Husarenstück auch dank einem Kanadier: Spielertrainer Bruce Hamilton schoss 22 Treffer in 14 Spielen. Danach wurde ein Ausländer-Verbot in der NLA durchgesetzt.
Um zu bestimmen, welcher Spieler im Match ran durfte, wurden im Training Wettrennen veranstaltet. «Jeweils zu viert. Jene zwei, die verloren hatten, mussten zu Hause bleiben», so Ex-Stürmer Schmidt.
Zittern nach 4:0-Führung auf der Ka-We-De
1959, beim ersten Titel der SCB-Vereinsgeschichte, feierten 10 500 Fans in der legendären Ka-We-De (Kunsteisbahn und Wellenbad Dählhölzli). Nach einem Krimi: Im letzten Spiel gegen Titelverteidiger Davos zitterte sich der vom Polizisten Ernst Wenger (92) gecoachte Aufsteiger nach 4:0-Führung zum 5:4-Triumph.
YB musste vier Monate später nicht mehr bibbern. Bereits drei Runden vor Ende war die Meisterschaft nach einem 5:0 über Urania Genf entschieden.
Feiert Bern 60 Jahre später wieder doppelt? Verhindern könnte das nur der EV Zug – mit drei Siegen in Folge.